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Die Grünen-Chefs Annalena Baerbock und Robert Habeck konnten ihre Ministerliste nicht so rasch präsentieren wie geplant. Es gab Widerstand des linken Parteiflügels.

Foto: Reuters / Michele Tantussi

Eine Präsentation der künftigen Ministerinnen und Minister – natürlich digital aufgrund der Corona-Lage – konnte die grüne Basis nicht erleben. Stattdessen erhielten die Mitglieder der Ökopartei am späten Donnerstagabend eine E-Mail von Bundesgeschäftsführer Michael Kellner. Darin hieß es eher nüchtern: "Wir haben heute als Bundesvorstand einstimmig ein Personaltableau (...) beschlossen." Es folgte eine Aufzählung der Namen:

  • Auswärtiges Amt Annalena Baerbock,
  • Wirtschaft und Klimaschutz Robert Habeck (Vizekanzler),
  • Familie, Senioren, Frauen und Jugend Anne Spiegel,
  • Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz Steffi Lemke,
  • Ernährung und Landwirtschaft Cem Özdemir,
  • Staatsministerin für Kultur und Medien Claudia Roth.

So manche/r dürfte auf dieser Liste jemanden vermissen: Fraktionschef Anton Hofreiter, der dem linken Flügel zugerechnet wird. Er gilt als Experte im Bereich Verkehr und hat dieses Kapitel auch in den Ampelgesprächen verhandelt. Viele rechneten damit, dass er das Verkehrsministerium erhalten würde. Doch dann ging dieses im Zuge der Koalitionsverhandlungen an die FDP, der jetzige Generalsekretär Volker Wissing wird es führen.

Also hätten die Linken Hofreiter gerne im Agrarressort gesehen. Für dieses aber hatte der Parteivorstand rund um die Grünen-Chefs Annalena Baerbock und Robert Habeck schon den früheren Parteichef Cem Özdemir (2008 bis 2018) im Auge. Dieser hat bei der Wahl das Direktmandat in Stuttgart mit 40 Prozent der Stimmen gewonnen. Auf einen Grünen mit so viel Rückhalt könne man in der nächsten Bundesregierung nicht verzichten, hieß es bei seinen Unterstützern.

"Ich weiß, dass Sie alle darauf warten, dass wir ein Personaltableau verkünden", sagte Bundesgeschäftsführer Kellner dann am Donnerstag zunächst. Doch es ließ wegen des Streits auf sich warten. Denn das Lager rund um Hofreiter war höchst aufgebracht und wollte nicht hinnehmen, dass der aus Bayern stammende Fraktionschef leer ausgeht.

Heftiges internes Ringen

"Wir haben da schon heftig gerungen, das stimmt schon. Aber am Ende haben wir auch eine gemeinsame Lösung gefunden", räumte die stellvertretende Grünen-Vorsitzende Jamila Schäfer ein. Und die künftige Außenministerin Baerbock erklärte im Spiegel: "Debatten gehören zur innerparteilichen Demokratie. Wenn es viele kluge Köpfe gibt, aber nur eine begrenzte Zahl von Ressorts, ist es nie ganz leicht." Nun aber habe der Bundesvorstand den Personalvorschlag gemacht, jetzt gehe es "mit voller Kraft in die Urabstimmung, um die Grünen nach 16 Jahren wieder in die Regierung zu führen".

Der Beginn der Abstimmung musste wegen der internen Querelen um einen Tag auf Freitag, verschoben werden. Jetzt haben die 125.000 grünen Mitglieder bis zum 6. Dezember Zeit, um über den Ampelvertrag und das Personaltableau der Grünen zu befinden.

Grüne Jugend zufrieden

Die Spitze der oft kritischen Grünen Jugend empfiehlt schon einmal, mit Ja zu votieren: "In der Ampel gibt es wenige Rückschritte und einige, wichtige Verbesserungen", heißt es in einem Antrag des Vorstands.

Geräuschloser als die Grünen nominierte die FDP ihr Regierungspersonal. Die SPD hat noch Beratungsbedarf und will sich noch bis zu eine Woche Zeit nehmen. Dennoch ist der künftige Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) unter Druck, da sich die Corona-Lage täglich zuspitzt. Die Bild-Zeitung berichtet, dass die Chefs mehrerer Staatskanzleien in den Bundesländern erklären, man werde um einen "flächendeckenden Lockdown nicht herumkommen".

Einen solchen hatte die Politik in Deutschland vermeiden wollen. Die Ampelparteien beschlossen im Bundestag ein neues Infektionsschutzgesetz, dieses sieht 3G am Arbeitsplatz und in öffentlichen Verkehrsmitteln vor.

Auch die scheidende Kanzlerin Angela Merkel soll sich intern für einen Lockdown für alle ausgesprochen haben. Öffentlich sagte sie: "Wir brauchen mehr Beschränkungen von Kontakten." Lothar Wieler, der Chef des Robert-Koch-Instituts, meint Richtung Scholz: "Ich erwarte jetzt von den Entscheidern, dass sie alle Maßnahmen einleiten, um gemeinsam die Fallzahlen herunterzubringen. Wir brauchen eine sofortige Reduzierung von Kontakten. Jetzt sofort."

Doch Scholz will zunächst abwarten und sagt: "Jetzt geht es um eine klare, entschiedene Politik, die dafür sorgt, dass wir tagtäglich die Lage beobachten, das ist der Grund, warum wir vorschlagen, dass es einen Krisenstab gibt, der gerne auch jetzt schon eingerichtet wird, bevor die neue Regierung ins Amt gekommen ist." Der Krisenstab ist ein neues Gremium, das von der Ampel eingesetzt wird.

Musik von Nina Hagen für Merkel

Wegen der Corona-Lage fällt am kommenden Donnerstag auch der Große Zapfenstreich zur offiziellen Verabschiedung Merkels als Bundeskanzlerin kleiner aus. Eingeladen in den Hof des Verteidigungsministeriums sind alle 52 Ministerinnen und Minister, die in den 16 Jahren von Merkels Regierungszeit im Kabinett waren. Merkel wird allerdings nur eine kurze Rede halten, ein Empfang findet nicht statt.

Laut Spiegel wünscht sich die Kanzlerin vom Stabsmusikkorps der Bundeswehr Großer Gott, wir loben dich. Dann soll es flotter werden. Auf dem Programm stehen noch Für mich soll’s rote Rosen regnen (Hildegard Knef) und der DDR-Hit von 1974 Du hast den Farbfilm vergessen (Nina Hagen). (Birgit Baumann aus Berlin, 26.11.2021)