Zahlreiche Migranten harren weiterhin an der polnisch-belarussischen Grenze aus.

Foto: imago images/SNA/Pavel Bednyakov

Riga/Brüssel – Der Irak fliegt weiter Hunderte der in Belarus an der EU-Außengrenze gestrandeten Migranten aus. Am späten Samstagabend startete vom Flughafen in Minsk erneut eine Maschine der irakischen Fluggesellschaft Iraqi Airways nach Erbil. Für Montag sind zwei weitere Flüge geplant. Der Grenzschutz in Belarus meldete unterdessen den Fund eines toten mutmaßlichen Migranten an einem Übergang zu Litauen.

Der etwa 30 Jahre alte Mann sei auf belarussischer Seite in einem Schlafsack ohne Lebenszeichen gefunden worden. Minsk warf den litauischen Behörden vor, den Mann an der Grenze abgelegt zu haben. Der Körper weise Spuren von Schlägen auf. Es sei eine gerichtsmedizinische Untersuchung angeordnet worden. Von unabhängiger Seite überprüfen lassen sich die Angaben aber nicht.

Wochenlanges Ausharren

Trotz der Rückführungsflüge harren weiter Tausende Migranten in Belarus aus, die in die EU und vor allem nach Deutschland streben. Besonders viele leben weiter unter schwierigen Bedingungen in einer Notunterkunft in einer Lagerhalle in Brusgi an der Grenze zu Polen.

Seit Wochen versuchen Tausende Migranten und Flüchtlinge, von Belarus über die EU-Außengrenzen nach Polen oder in die baltischen Staaten zu gelangen. Nach Angaben des Internationalen Roten Kreuzes sind dabei mehr als zehn Menschen ums Leben gekommen. Die EU wirft dem autoritären belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko vor, gezielt Menschen aus Krisenregionen nach Minsk einfliegen zu lassen, um sie dann in die EU zu schleusen.

"Volle Solidarität" von EU und Nato

Beistand haben die EU und die Nato indes ihren dortigen Mitgliedsländern versichert: "Ich möchte Ihnen hier die volle Solidarität der EU mit Litauen, Polen und Lettland in diesen sehr herausfordernden Zeiten versichern", sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Sonntag bei einem Besuch in Litauen. Sie sprach von einem "absichtlichen, zynischen und gefährlichen Hybridangriff".

Auch Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg betonte nach einem Treffen mit Staatspräsident Gitanas Nauseda in Vilnius: "Kein Nato-Verbündeter ist auf sich allein gestellt". Das Lukaschenko-Regime benutze unschuldige Menschen, um Druck auf die Nachbarstaaten auszuüben, sagt Stoltenberg. Beide kündigten an, die Zusammenarbeit zwischen EU und Nato zu stärken.

Litauens Präsident Nauseda forderte von der Nato ein Überdenken der Beziehungen zu Belarus. Das belarussische Militär sei zunehmend integriert in die russischen Streitkräfte, sagte Nauseda bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Stoltenberg und Von der Leyen in Vilnius. "Das stellt die Nato vor neue Herausforderungen, und die Nato sollte entsprechend ihre Pläne, Strategie und Taktik anpassen, um bereit zu sein zu antworten."

Nato-Treffen am Dienstag

Die Lage an den Grenzen zu Belarus sowie zwischen Russland und der Ukraine wird auch Thema eines Treffens der Nato-Außenminister am Dienstag und Mittwoch in Riga sein.

Von der Leyen lobte das EU- und Nato-Mitglied Litauen für den Umgang mit der Migrationskrise. Die EU werde Litauen, Lettland und Polen zur Grenzsicherung in diesem und nächstem Jahr 200 Millionen Euro zur Verfügung stellen. (APA, dpa, red, 28.11.2021)