Erinnerung an Rosa Hofmann und weitere Frauen im Widerstand durch eine Erweiterung des Denkmals im Salzburger Stölzlpark.

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Denkmäler für Widerstandskämpferinnen gibt es in Österreich kaum. Das Land Oberösterreich hat deshalb mit der Kunstuniversität Linz im Herbst zu einem Wettbewerb zur Schaffung einer künstlerischen Arbeit für Frauen im Widerstand gegen das NS-Regime gebeten. Gewonnen haben ihn Sabrina Kern und Mariel Rodriguez mit ihrem audiovisuellen Erinnerungsdenkmal "5 vor 12", das flüsternd und auch schreiend an widerständige Frauen erinnern wird. Denn bisher war das Gedenken an sie tatsächlich kaum vernehmbar. Im Gegensatz zu den vielen Denkmälern von Männern auf Pferden, die wir durchaus hinterfragen sollten, sagt Angela Koch.

STANDARD: Nach vielen Debatten und Interventionen wurde nun beschlossen, das Karl-Lueger-Denkmal in Wien umzugestalten. Wie beurteilen Sie diese Diskussionen über Erinnerungskultur?

Koch: Ich denke, dass solche Denkmäler wie jenes von Lueger nicht unter Erinnerungskultur fallen. Es gab eine besondere Phase ab Mitte des 19. Jahrhunderts, wo in europäischen Städten sehr viele solcher Denkmäler für bürgerliche Persönlichkeiten, zumeist Männer, aufgebaut wurden. Da ging es nicht darum, dass man eines nationalen Ereignisses gedenkt, sondern dass Personen auf einen Sockel gehoben werden und das Bürgertum verehrt wird. Es ist vielmehr Ausdruck des aufstrebenden Bürgertums, das sich selbst feierte. Und das sollten wir durchaus kritisieren: Warum sollten wir Männer aus der damaligen Zeit, die wir aus der heutigen Perspektive zu Recht kritisch sehen, heutzutage noch würdigen? Wir sind heute in der Diskussion schon weiter und finden ganz andere Fragen rund um Gleichstellung und Freiheit interessant.

STANDARD: Was sollen wir mit diesen Statuen tun?

Koch: Wir müssen darüber nachdenken, wie unsere Städte heute aussehen sollen. Wollen wir sie geprägt wissen von Männern auf Pferden, zu denen wir emporschauen müssen? Es ist wichtig, dass das diskutiert wird, und es ist schade, dass verschiedenste Aktionen schnell kriminalisiert werden. Wegen des Denkmalschutzes werden Interventionen schnell verfolgt. Dadurch wird vieles verhindert. Eine Möglichkeit wäre, einen konstruktiven Verfall einzuleiten, anstatt diese Denkmäler weiter zu konservieren. Es gibt auch Häuser, die dem Verfall überlassen werden. Das wäre eine Möglichkeit, ohne gleich einen Denkmalsturz vorzunehmen. Aber ich sehe auch, dass Städte eine Geschichte haben und diese auch sichtbar sein sollte. Ein Kahlschlag wäre auch nicht richtig. Doch Städte verändern sich, die Zeiten verändern sich, und jede Zeit bringt neue Herausforderungen und neue Ideen mit sich. Ich bin dagegen, die Städte noch voller zu machen. Anstatt Blickachsen mit Denkmälern zu versperren, sollten wir Räume für Begegnungen schaffen.

Angela Koch: "Widerstand wird oft nur als Kampf verstanden. Widerstand von Frauen fand oft im Privaten statt."
Foto: Dominik Parzinger

STANDARD: Denkmäler von Widerstandskämpferinnen gibt es aber in Österreich zu wenige.

Koch: Ja, es gibt meines Wissens nur zwei: das Mahnmal für Frauen im Widerstand in Salzburg von Iris Andraschek und einen Gedenkstein für die Widerstandskämpferin Therese Klostermann in Wien. In Deutschland gibt es einige mehr, und viele Straßen und Plätze sind nach Widerstandskämpferinnen benannt. Etwa nach den vielen Frauen rund um die "Rote Kapelle". Das war ein Netzwerk von Personen, die Widerstand gegen die Verfolgung von Jüdinnen und Juden in Deutschland leisteten. Und Sophie Scholl hat sogar eine Büste in der Walhalla.

STANDARD: Liegt es an unseren Vorstellungen von Widerstand, weshalb Frauen unsichtbarer bleiben?

Koch: Ja, sicher. Widerstand von Frauen war oft ein privater Widerstand, einer, der in Innenräumen stattgefunden hat und eher als Fürsorge und nicht als kämpferischer Widerstand gesehen wurde. Frauen haben auch oft Netzwerke hergestellt oder waren Überbringerinnen von Botschaften. Widerstand wird oft nur als Kampf verstanden, während Verweigerung, Unterstützungsleistungen oder ein Nachdenken darüber, wie man anders handeln könnte, oft nicht als Widerstand angesehen wird.

STANDARD: Wie sieht es mit Geschlechterstereotypen bei Denkmälern aus?

Koch: Das hängt davon ab, wann die Denkmäler errichtet wurden. Bei Denkmälern aus dem 19. Jahrhundert sind die abgebildeten Frauen meist überhöhte Frauenfiguren. Sie stehen für etwas Verallgemeinertes, einen abstrakten Gedanken oder für ein Kollektiv. Zum Beispiel Justitia oder Alma Mater, die ein ganzes Gemeinwesen verkörpern müssen oder eine Idee eines Gemeinwesens. Später hat man begonnen, Frauen als Frauen darzustellen, aber eben nur als Mütter oder Jungfrauen. Es wurde der reproduktive Status der Frauen thematisiert und nicht ihre Leistung – als Denkerinnen, Ärztinnen oder was auch immer. Die Frau wird als Körper, als Mutter, als Jungfrau, als "reine" Frau dargestellt. Im Nationalsozialismus nahm man oft antike Göttinnen, die makellos erscheinen, um so auf die Reinheit des "arischen Volkskörpers" zu verweisen.

STANDARD: Wie bewerten Sie den Umgang Österreichs mit NS-kontaminierten Gebäuden, etwa dem "Hitlerhaus" in Braunau?

Koch: Das ist pauschal schwer zu sagen. Es gibt teilweise einen sehr differenzierten Umgang damit, etwa mit dem Brückenkopfgebäude in Linz. Der Umgang mit dem Geburtshaus von Hitler ist schon sehr unrühmlich. Es hätte nicht besonders hervorgehoben werden sollen. Allerdings ist das schon vor langer Zeit passiert, und das Haus ist deshalb zu einem neuralgischen Ort geworden. Vielleicht sollte man über den Ort insgesamt nachdenken, nicht nur über das Gebäude. Die Gräber von Hitlers Eltern wurden aufgelassen, damit sie nicht zu Pilgerstätten werden. Das ist das Problem, wenn diese Orte so bekannt sind. Bei Gräbern ist das eine gute Idee, aber ein Haus kann man nicht einfach abreißen und so tun, als ob es nie da gewesen wäre und es keine Diskussionen gegeben hätte. Grundsätzlich ist es gut, wenn diese Gebäude nicht mehr die Funktion haben, die sie im Nationalsozialismus hatten. Das Brückenkopfgebäude war etwa ursprünglich als Finanzamt gedacht, heute beherbergt es die Kunstuniversität. Es sollten andere Ort daraus gemacht werden, aber ohne dabei die Geschichte zu vergessen.

STANDARD: Ist der Umgang in Deutschland damit ein anderer?

Koch: In Deutschland geht man auch nicht viel besser mit diesen Orten um. Das Haus der Kunst, das früher das "Haus der deutschen Kunst" war, wurde erst hinter einer Allee von Bäumen versteckt. Heute wird versucht, die Vergangenheit deutlicher zu thematisieren, und es werden eigene Ausstellung zu der Geschichte des Hauses gemacht. In Nürnberg verfällt das frühere Reichsparteitagsgebäude mehr oder weniger. Es stellt sich gerade die Frage, was damit tun? Millionen reinstecken, um es zu erhalten? Oder überlässt man es dem normalen Verfallsprozess, der mit der Zeit einhergeht? In Deutschland hat man im Gegensatz zu Österreich nicht das Problem, dass so viele Gebäude dem Denkmalschutz unterstehen, weshalb die Diskussionen dort etwas anders verlaufen. Sobald ein Gebäude denkmalgeschützt ist, wird ihm ein historischer Wert beigemessen. Ein historischer Wert ist allemal gegeben, aber man könnte es auch noch einmal anders diskutieren und fragen, was diese Gebäude heute repräsentieren. Und wir sollten physische und materielle Interventionen zulassen, die auch bleiben dürfen. Die Geschichte geht weiter, eine Stilllegung wäre geradezu paradox. (Beate Hausbichler, 29.11.2021)