Die Menschenrechtsanwältin und Bloggerin Zhang Zhan.

Foto: AFP

Die Bloggerin Zhang Zahn gehörte zu den ersten, wenigen Menschen, die über den Ausbruch und die Verbreitung des Coronavirus in der chinesischen Metropole Wuhan berichteten. Diese Arbeit kostete sie die Freiheit: Die heute 38-Jährige wurde festgenommen und von einem chinesischen Gericht im Dezember 2020 zu vier Jahren Haft verurteilt.

Seit Wochen sind Menschenrechtsgruppen besorgt um den Gesundheitszustand der Bloggerin, die seit ihrer Festnahme im Mai oder Juni 2020 schon mehrmals in den Hungerstreik getreten ist, um gegen ihre Haftbedingungen und ihre Verurteilung zu protestieren sowie um in der Folge ihre Freilassung zu fordern.

Laut Amnesty International lag Zhangs Körpergewicht zuletzt bei unter 40 Kilogramm, sie werde zwangsernährt. Die Behörden würden ihr sowohl Besuche ihrer Familie als auch den Zugang zu einem Rechtsbeistand ihrer Wahl verwehren. So bestehe auch weiter das "Risiko weiterer Folter und anderer Misshandlungen". Mittlerweile sei ihr Zustand lebensgefährlich.

Amnesty International rief daher für Montag zu einem "Twitterstorm" auf, um internationale Aufmerksamkeit für Zhang zu schaffen. Zahlreiche andere internationale Organisationen wie PEN, Reporter ohne Grenzen, aber auch Journalismusgewerkschaften und prominente Publizisten wie der deutsch-türkische Journalist Deniz Yücel schlossen sich dem Appell an.

Angehörige und Beobachter sprechen von einer Machtdemonstration der Justizbehörden gegenüber der ehemaligen Menschenrechtsanwältin und fürchten um ihr Leben. Ihr Bruder Zhang Ju hatte schon Anfang November öffentlich über den Zustand seiner Schwester gesprochen.

Propaganda und Wirklichkeit

Die dramatische Geschichte von Zhang Zhan begann vor knapp zwei Jahren, als die chinesische Führung gleichsam über Nacht die Abriegelung Wuhans verfügte. Das Coronavirus hatte sich in der Elf-Millionen-Einwohner-Metropole anfangs fast ungehindert ausbreiten können, die Zahl der Infektionen stieg exponentiell an, der völlig überforderte Gesundheitsapparat kollabierte alsbald.

Im Nachhinein wurde Wuhan von Chinas Verantwortlichen allerdings als Musterbeispiel für den souveränen Umgang mit der Seuche dargestellt – allein: Die Wahrheit sah anders aus, und das versuchte Zhang zu dokumentieren. Als eine der wenigen Personen schaffte sie es, von Schanghai aus nach Wuhan zu gelangen und unabhängig aus der hermetisch abgeriegelten Stadt zu berichten.

Das Bild, das sie von der Metropole zeichnete, stand zum Teil im krassen Widerspruch zum Narrativ der Pekinger Staatsführung. Kaum jemand schaffte es, unabhängige Berichte über überfüllte Spitäler zu senden und mit Betroffenen über deren Leben während und nach der Krankheit zu sprechen.

Plötzlich verschwunden

Wie die "Süddeutsche Zeitung" berichtete, produzierte Zhang zwischen Februar und Anfang Mai 2020 mehr als 120 Videos – und dann verschwand sie.

Erst im Herbst erfuhr die Öffentlichkeit Neues über die Ex-Anwältin und nunmehrige Video-Bloggerin: Zhang sei als "Unruhestifterin" festgenommen worden, allerdings blieben die Behörden genauere Informationen über die ihr zur Last gelegten Haftgründe schuldig. Im Dezember 2020 wurde Zhang – die schon früher des Öfteren Bekanntschaft mit der chinesischen Justiz machen musste – schließlich zu vier Jahren Haft verurteilt. Aus Protest gegen Urteil und Haftbedingungen trat Zhang schließlich wiederholt in Hungerstreik.

Da es der 38-Jährigen – die erst kürzlich von Reporter ohne Grenzen den Press Freedom Award erhalten hat – sehr schlecht gehe, beantragte die Familie vorzeitige Haftentlassung. Auch die Uno und die EU haben auf ihren diplomatischen Kanälen versucht, eine Freilassung zu erwirken oder zumindest medizinische Hilfe zu gewährleisten. Ohne Erfolg – zumindest vorerst. (red, 29.11.2021)