Vor vier Jahren lud Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) die Regierungsparteien zum "Miteinander".

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Udo Landbauer, Chef der niederösterreichischen FPÖ, wirft der Volkspartei nun die "Zerstörung des ländlichen Raumes" vor.

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Landeshauptfrau-Stellvertreter Franz Schnabl (SPÖ) fragt: "Wer ruiniert eine Tourismusdestination, bevor es ein Zukunftsmodell gibt?"

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In der niederösterreichischen Landesregierung kracht es. 2018 hat Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) zwar alle Parteien der Proporzregierung mit Arbeitsübereinkommen unter ihrem Wahlkampfmotto "Miteinander" ins Boot geholt – doch das hieß nie, dass Sozialdemokraten und Freiheitliche mit allen Entscheidungen der absolut regierenden Volkspartei einverstanden waren. Die Schließung des Skigebiets Ötscherlifte scheint nun eine neue Eskalationsstufe ausgelöst zu haben. Das "Miteinander" scheint sich ein Jahr vor der nächsten Landtagswahl gehörig abgenutzt zu haben.

Denn SPÖ und FPÖ wehren sich heftig gegen die Entscheidung des zuständigen ÖVP-Landesrats Jochen Danninger, das traditionsreiche Skigebiet im Mostviertel aufzugeben. Am Montag fanden sogar Gespräche für die Einberufung eines Sonderlandtags statt – einberufen von SPÖ und FPÖ gegen die Partei der Landeshauptfrau. Fix ankündigen wollten die Sondersitzung weder Rote noch Blaue, eine entsprechende Meldung der Niederösterreichischen Nachrichten wurde auf STANDARD-Anfrage von beiden Parteien dementiert.

"Zerstörung des ländlichen Raumes"

Die Ötscherlifte gehören zu 60 Prozent der Firmengruppe der Familie Schröcksnadel und zu 40 Prozent dem Land Niederösterreich. Das Gebiet ist im Land von großer Bedeutung, weil es für Tagesausflüge aus Niederösterreich geeignet ist – und in der Region einen starken wirtschaftlichen Faktor darstellt.

Udo Landbauer, Chef der niederösterreichischen Freiheitlichen, sieht im Stilllegen der Lifte ein "Fortsetzen der Politik der Zerstörung des ländlichen Raumes. Wenn die ÖVP Niederösterreich weiterhin sukzessive alles abdreht und stilllegt, dann darf man sich nicht wundern, dass der ländliche Raum stirbt." Die FPÖ fordert deshalb eine vollständige Übernahme des Betriebs durch eine Landesgesellschaft. "Das ist ausschließlich eine politische Entscheidungsfrage", sagt Landbauer. Würde man jeden unwirtschaftlichen Betrieb zusperren, argumentieren die Blauen, müsste man in Niederösterreich auch jedes Freibad zusperren.

Sondersitzung nur mit SPÖ

Eine Sondersitzung des Landtags prüfe man derzeit, heißt es bei den Freiheitlichen. Auch die SPÖ bestätigt die Gespräche. Ihre Stimmen wären für einen erfolgreichen Antrag jedenfalls nötig: Selbst wenn die FPÖ noch Grüne und Neos von dem Sonderlandtag überzeugen könnte, kämen sie gemeinsam nicht auf die 14 notwendigen Stimmen.

Der schwarze Sportlandesrat Danninger hatte noch am Wochenende drei Millionen Euro des Landes für Tourismusentwicklung und die Betriebe in der Gemeinde Lackenhof in Aussicht gestellt. Das Kinderskigebiet soll in Betrieb bleiben, auch das Tourengehen (ohne Lift) weiterhin ermöglicht werden. Aber: Eine vollständige Übernahme des Skigebiets durch das Land werde es nicht geben, sagte Danninger.

15.000 Unterschriften für Petition

Die SPÖ überzeugt das nicht: "Üblicherweise hat man einen besseren Plan, bevor man einer Region die Lebensader abschneidet! Wer ruiniert eine Tourismusdestination, bevor es ein Zukunftsmodell gibt?", fragt Landesparteichef und Landeshauptfrau-Stellvertreter Franz Schnabl. Die Sozialdemokraten kündigten auch eine Anfrage an Danninger an – unter anderem wollen sie wissen, welche weiteren Skigebiete im (Mit-)Eigentum des Landes von der Schließung betroffen sind.

Auch tausende Bürgerinnen und Bürger sind mit der Entscheidung des Landes unzufrieden: Mehr als 15.000 Personen haben, Stand Montagabend, eine Online-Petition für den Erhalt der Ötscherlifte unterschrieben. (Sebastian Fellner, 29.11.2021)