Chicago – Knapp drei Jahre nach einem inszenierten Angriff hat am Montag in Chicago der Strafprozess gegen US-Schauspieler Jussie Smollett begonnen. Dem 39-Jährigen wird vorgeworfen, den angeblich rassistisch und schwulenfeindlich motivierten Angriff auf ihn gestellt und die Polizei belogen zu haben. Er weist die Vorwürfe zurück. Der Prozess könnte am Freitag oder Anfang nächster Woche enden, kündigte Richter James Linn zu Beginn der Geschworenenauswahl an.

Der Fall hatte in den USA und auch international für Aufsehen gesorgt. Der afroamerikanische und homosexuelle Star aus der Fernsehserie "Empire" hatte im Jänner 2019 berichtet, er sei nachts in Chicago auf offener Straße von zwei Maskierten angegriffen und beschimpft worden. Die Angreifer hätten ihm einen Strick um den Hals gelegt und geschrien, Chicago sei "MAGA-Land" – in Anspielung auf den Wahlkampfslogan von US-Präsident Donald Trump, "Make America Great Again".

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Jussie Smollett muss sich für einen fingierten Überfall vor Gericht verantworten.
Foto: REUTERS/Kamil Krzaczynski

Mit Gage unzufrieden

Die angebliche Attacke sorgte zunächst für Entsetzen, doch schon rasch wurden Zweifel an Smolletts Darstellung laut. Nach den Ermittlungsergebnissen der Polizei schickte sich der Schauspieler eine Woche vor dem "Überfall" selbst einen Drohbrief und beauftragte zwei Bekannte mit dem vorgetäuschten Angriff. Die nigerianischen Brüder Abimbola und Olabijo Osundairo erhielten 3.500 Dollar. Sie waren auch als Statisten am "Empire"-Set beschäftigt, mit einem der beiden soll Smollett außerdem eine sexuelle Beziehung gehabt haben. Von seiner Opferrolle soll sich Smollett berufliche Vorteile erhofft haben. Er war mit seiner Gage bei "Empire" unzufrieden und spekulierte mit einer Erhöhung.

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Die nigerianischen Brüder Abimbola und Olabinjo Osundairo wurden für das fingierte Hassverbrechen beauftragt.
Foto: AP/Arbogast

Erneute Anklage

Der Fall nahm eine weitere kuriose Wende, als die Chicagoer Staatsanwaltschaft unter der Demokratin Kim Foxx im März 2019 die 16 Anklagepunkte gegen Smollett überraschend fallen ließ. Der Schauspieler musste lediglich Sozialstunden leisten und 10.000 Dollar zahlen. Das wurde von der Polizei und der Stadt Chicago scharf kritisiert. Schließlich wurde ein Sonderstaatsanwalt damit beauftragt, sich erneut des Falls anzunehmen. Eine sogenannte Grand Jury erhob im Februar 2020 erneut Anklage gegen Smollett.

Ob Smollett, der seine Rolle bei "Empire" im Zuge der Enthüllungen verlor, selbst aussagen wird, war zunächst unklar. Dagegen wird allgemein damit gerechnet, dass die beiden angeheuerten Brüder als Zeugen auftreten werden. Ihre Anwältin Gloria Schmidt Rodriguez sagte bereits im Februar 2020, dass ihre Mandanten die Tat bereuen und das auch öffentlich kundtun wollten. (red, APA, 30.11.2021)