Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) sieht eine wichtige Aufgabe des neuen Verfassungsschutzes in der Beobachtung der rechtsextremen Umtriebe im Umfeld der Corona-Demos.

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Das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) wird am Mittwoch nach rund zwanzig Jahren aufgelöst. Gerade in der jüngeren Vergangenheit hatte der Verfassungsschutz einen verheerenden Eindruck hinterlassen. Ein U-Ausschuss im Gefolge der skandalumwitterten Razzia im BVT 2018 förderte massive Qualitätsmängel und schwarze Freunderlwirtschaft zutage, im Vorfeld des Terroranschlags in Wien misslang der Informationsfluss trotz vielfacher Hinweise auf die Gefahr des späteren Attentäters. Zu allem Überdruss hatten ehemals hochrangige BVT-Mitarbeiter auch in der Wirecard-Affäre ihre Finger im Spiel. Die "Schutzmauer der Republik" sei brüchig geworden, sagte Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) am Dienstag bei einer Pressekonferenz, bei der er sogleich die neue Behörde anpries, die nun mit Anfang Dezember ihre Arbeit aufnimmt.

Die Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) unterscheidet sich strukturell klar vom BVT, da sie aus zwei getrennten Bereichen besteht: auf der einen Seite die staatspolizeiliche Säule, die für die Gefahrenabwehr samt Vernehmungen und Verhaftungen zuständig ist – auf der anderen Seite der für die Informationsgewinnung zwecks Gefahrenforschung zuständige Nachrichtendienst. In einem übergeordneten Lagezentrum soll der nötige Austausch zwischen den beiden Säulen stattfinden.

Vertrauen der Partnerdienste

Die Reform des BVT stand bereits im türkis-grünen Regierungsprogramm, auch SPÖ und FPÖ stimmten dem Gesetz nach einem allseits als konstruktiv gelobten Verhandlungsprozess zu. Das betraf vor allem die stark ausgebaute parlamentarische Kontrolle des Verfassungsschutzes durch eine eigene Kommission. Auch die Neos sehen darin eine Verbesserung, doch da ihnen die Befugnis der Kontrollkommission nicht weit genug geht, stimmten sie dem Gesetz nicht zu.

Kritik der Opposition gab es zuletzt aber auch an der parteipolitischen Schlagseite des künftigen Direktors der DSN: Omar Haijawi-Pirchner, vormals Leiter des niederösterreichischen Landeskriminalamts, gilt zwar als fachlich versiert, Fotos des Jahres 2020 zeigen ihn allerdings bei einer türkisen Wahlkampftour im Beisein von Ministerin Susanne Raab (ÖVP) – später nannte er das einen "Fehler". Als wichtigste Herausforderung in seinem neuen Amt sieht Haijawi-Pirchner die Wiederherstellung des Vertrauens der ausländischen Partnerdienste in den heimischen Verfassungsschutz. Man sei schon auf einem guten Weg, doch es brauche dafür noch Zeit, erklärte der 41-Jährige.

Rechtsextreme Szene auf Corona-Demos

Die aktuell größte Sicherheitsbedrohung stellt laut DSN-Chef – neben islamistisch-extremistischen Einzeltätern – die rechtsextreme Szene im Umfeld der Corona-Maßnahmen-Demos dar. Geordnete Proteste seien zwar legitim, doch der Radikalisierung gewaltbereiter Maßnahmengegner werde der Staatsschutz "entschieden entgegentreten". Innenminister Nehammer legte nach: Die Masse der Demonstrierenden sei zwar friedlich gesinnt, gefährliche Umtriebe von "Altneonazis wie Gottfried Küssel und neuen Rechtsextremen wie den Identitären" werde die Polizei aber konsequent verfolgen. Nach den Erfahrungen mit antisemitischen Botschaften bei den Demos sagte Nehammer: "Wir werden nicht zusehen, wenn Judensterne getragen werden und der Holocaust verharmlost wird." (ta, 30.11.2021)