Nicht nur die Essenslieferanten waren in den vergangenen Tagen auf Österreichs Straßen unterwegs.

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Bleiben die Menschen während des aktuellen Lockdowns zu Hause, oder sind sie doch noch viel unterwegs? Um diese Frage zu beantworten, haben Österreichs Mobilfunkanbieter auch bei vorherigen Lockdowns schon Bewegungsdaten analysiert – und heute liefert der Anbieter "3" eine entsprechende Auswertung. Die vorläufige Bilanz: Die Österreicherinnen und Österreicher haben ihre Mobilität stark eingeschränkt, allerdings nicht so sehr wie noch im Lockdown zur etwa gleichen Zeit vor einem Jahr.

Weniger Effekt als im Vorjahr

So fanden sich in der ersten Woche des harten Lockdowns um 37 Prozent weniger Menschen in Österreichs Einkaufsstraßen, 26 Prozent weniger Fahrgäste an den Bahnhöfen und 19 Prozent weniger Schülerinnen und Schüler in HTLs. Insgesamt seien derzeit bis zu 54 Prozent weniger Menschen unterwegs, heißt es seitens "3".

"Im Vergleich zum Vorjahr hat sich der Lockdown-Effekt sicherlich verringert", sagt Rudolf Schrefl, CEO von "3": "Unsere Daten deuten aber doch darauf hin, dass ein guter Teil der Menschen in Österreich auch jetzt wieder auf Homeoffice umgestiegen ist und den Einkaufsstraßen fernbleibt." Bei einer ähnlichen Analyse im Vorjahr waren in der Wiener Kärntner Straße bis zu 84 Prozent weniger Besucher unterwegs gewesen, in anderen Bundesländern um die 50 Prozent – allerdings in Relation zum Vergleichszeitraum im Jahr davor, also noch vor der Pandemie.

Nur 18 Prozent Mobilitätsrückgang

Andere Daten kommen von dem Grazer Unternehmen Invenium: Nur rund 18 Prozent beträgt der an anonymisierten Mobiltelefondaten ablesbare momentane Mobilitätsrückgang an Menschen mit Bewegungsradius über einem Kilometer gegenüber der Zeit vor der Pandemie, heißt es hier. Im zweiten und dritten Lockdown lag dieser Wert noch bei rund 25 Prozent, hieß es seitens des Unternehmens zur APA.

Beim ersten Lockdown im Frühjahr 2020 hatten Daten von Invenium und A1 gezeigt, dass zum damaligen Peak der Pandemie, der Woche von 23. bis 27. März, 56 Prozent der Bevölkerung weniger als einen Kilometer pro Tag zurücklegten – vor der Corona-Krise war dieser Anteil beständig bei 27 Prozent gelegen.

Auch heißt es seitens Invenium, dass die Mobilität bereits vor dem aktuellen Lockdown zurückgegangen sei: Ab Beginn des Septembers lag der Anteil der mobilen Personen im Schnitt wieder bei um die 70 Prozent. Um die Herbstferien Ende Oktober ging der Wert um ein paar Prozentpunkte hinunter. Danach stellte sich eine kontinuierliche Entwicklung nach unten ein. Nun liegt der Anteil der mobileren Menschen bei rund 60 Prozent.

Schwacher Lockdown für Ungeimpfte

Für die Stichprobenanalyse hat "3" die Besucherfrequenz an Hotspots in ganz Österreich in der Woche vor dem Lockdown (KW 45) mit jener in den Lockdowns für Ungeimpfte (KW 46) und jener in der vergangenen Woche (KW 47), also zu Beginn des neuen harten Lockdowns, verglichen.

Der Lockdown für Ungeimpfte hat demnach landesweit kaum jemanden vom Einkaufen oder vom Weg zur Arbeit oder zur Schule abgehalten, heißt es seitens des Unternehmens: In den Einkaufsstraßen waren in der besagten Woche österreichweit nur zwei Prozent weniger Kundinnen und Kunden unterwegs, an den Bahnhöfen waren es nur etwa 3,5 Prozent weniger Fahrgäste.

Laut Invenium brachte der "Lockdown der Ungeimpften" nur einen um ungefähr neun Prozentpunkte niedrigeren Anteil an Personen mit einem Aktionsradius von über einem Kilometer im Vergleich zum Vorkrisen-Niveau. Im nunmehrigen "harten Lockdown" ab dem 22. November verdoppelte sich dieser Wert dann. Für den Rest des Lockdowns glauben die Experten des Spin-off-Unternehmens der Technischen Universität (TU) Graz, dass die Reduktion in einer ähnlichen Größenordnung bleiben wird. Würde Österreich dann wie angekündigt wieder ab 13. Dezember zum "Lockdown für Ungeimpfte" zurückkehren, werde es mit der Mobilität voraussichtlich wieder entsprechend hinauf gehen.

Die Bundesländer im Vergleich

Die Reaktionen auf den harten Lockdown variieren laut "3" sehr stark nach Bundesland. In der Wiener Innenstadt waren vergangene Woche mehr als die Hälfte (exakt 54 Prozent) weniger Menschen unterwegs als noch 14 Tage davor, in der Bregenzer Innenstadt waren es nur 22 Prozent weniger.

An den größeren Bahnhöfen variierte der Rückgang der Fahrgäste vergangene Woche zwischen 16 Prozent in Graz und 39 Prozent in Wien. Ebenso in den HTLs: Während in Wien und Villach vergangene Woche 28 Prozent weniger Schülerinnen und Schüler vor Ort waren, waren es in Pinkafeld nur fünf Prozent. Bei Invenium sieht man im Gegensatz dazu kein Bundesland, in dem die Entwicklung momentan deutlich anders abläuft.

Streit um Datenschutz

Das Teilen der aggregierten Daten durch die Telcos hatte im vergangenen Jahr für heftige Kritik gesorgt. Seitens "3" betont man nun, dass die eigenen Bewegungsstromanalysen anhand anonymisierter Mobilfunkdaten und einer repräsentativen Hochrechnung erfolgen. Man lasse die Anonymisierungsprozesse laufend prüfen und verfüge über ein TÜV-Austria-Zertifikat nach den Vorgaben des DSG und der DSGVO.

Alle erhobenen Daten werden irreversibel verschlüsselt, alle 24 Stunden wird die Verschlüsselung geändert, heißt es seitens "3" in einer Presseaussendung: "Ein Rückschluss auf Einzelpersonen ist somit nicht möglich. Nach dieser Anonymisierung stehen die Daten in aggregierter Form für Analysen zur Verfügung." (stm, 30.11.2021)

Update, 30.11., 16:51 Uhr: Die Daten von Invenium wurden im Artikel ergänzt.