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Wafer wie der im Foto abgebildete dienen als Substrat (Grundplatte) für elektronische Bauelemente, unter anderem für integrierte Schaltkreise – sprich Mikrochips. Diese sind zurzeit Mangelware.

Foto: Reuters / Valentin Flauraud

Die Pandemie und der dadurch ausgelöste Digitalisierungsschub haben den Bedarf an elektronischen Bauteilen in lichte Höhen schnellen lassen. Während die Hersteller von Halbleitern mit der Produktion kaum nachkommen, und wie beispielsweise Infineon Rekordergebnisse schreiben, sind viele andere Branchen zu unfreiwilligen Bremsmanövern gezwungen.

Besonders kräftig musste die Automobilindustrie abbremsen. Wie in kaum einer anderen Branche ist dort das Primat der Mechanik vom Primat der Elektronik abgelöst worden. Kein Autofenster, das sich noch mechanisch öffnen oder schließen ließe, kaum ein Sitz, der ohne Mittun eines Chips verschiebbar wäre – von all den elektronischen Bauteilen, die den Motor, die Lichtmaschine oder die Navigation steuern, ganz zu schweigen.

An Kapazitätsgrenze

Die Halbleiterproduzenten arbeiten seit geraumer Zeit auf Anschlag. Dem Branchenverband World Semiconductor Trade Statistics zufolge wird der Umsatz heuer weltweit um knapp ein Fünftel auf 520 Milliarden Dollar (461 Milliarden Euro) hinaufschnellen. Für 2022 sagt der Verband ein Plus von annähernd neun Prozent auf 573 Milliarden Dollar voraus. Doch was tun, um den Engpass zu beheben? Mehr Fabriken, lautet eine der Antworten.

In Asien sind viele neue Werke in Umsetzung oder auf dem Reißbrett. Von Subventionen in der Höhe von bis zu 30 Prozent der gesamten Investitionssumme ist die Rede. Nun rüsten auch die USA auf und fördern die Chipbranche mit Milliarden. Es entstehen riesige Fabriken der jüngsten Generation, der sogenannten Leading Edge, die sich durch sehr kleine Strukturbreiten und hohe Dichte je Chip (weniger als zehn Nanometer) auszeichnen. Und Europa?

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen im Gespräch mit Binnenmarktkommissar Thierry Breton.
Foto: AFP / Aris Oikonomou

Im September hat EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ein Gesetz zur Förderung der Halbleiterindustrie angekündigt. Binnenmarktkommissar Thierry Breton dringt seit Monaten darauf, die Produktion von Halbleitern auszubauen, um zumindest mittelfristig Abhilfe zu schaffen. Im März hat er das Ziel ausgerufen, die EU sollte bis 2030 mindestens ein Fünftel der modernsten Halbleiter der Welt selbst herstellen. Derzeit liegt der Anteil unter zehn Prozent.

Neue Fabriken bringen nur mittel- bis langfristig Entlastung. Ein großes Werk zu errichten dauere zwei bis vier Jahre, warnen etwa die Experten von Boston Consulting. Zudem müssten zwischen 3000 und 6000 Mitarbeiter angeheuert und ausgebildet werden.

Sabine Herlitschka, Vorstandsvorsitzende von Infineon Austria.
Foto: apa / gert eggenberger

Ob die rund um den Globus gestarteten Initiativen zum Ausbau der Chipkapazitäten nicht in einem Überangebot münden werden? Infineon-Österreich-Chefin Sabine Herlitschka verneint. "Viele Unternehmen haben angekündigt, Chipfabriken zu errichten. Das ist im Moment gar nicht einfach, es kommt zu Verzögerungen bei Zulieferern und Anlagenbauern", sagte Herlitschka am Dienstag bei der Präsentation des Jahresergebnisses auf STANDARD-Anfrage. Und: Die Elektrifizierung als wichtige Maßnahme im Kampf gegen den Klimawandel sowie die Digitalisierung würden erst jetzt so richtig abheben. "Deshalb gehen wir davon aus, dass die Nachfrage nach Chips weiterhin hoch bleiben wird", sagte Herlitschka.

Infineon im Höhenflug

Infineon, einziger europäischer Chiphersteller unter den globalen Top Ten (der Rest ist in Asien), dürfte jedenfalls die größte Investition seiner Unternehmensgeschichte zum exakt richtigen Zeitpunkt getätigt haben. 1,6 Milliarden Euro hat der deutsche Halbleiterhersteller wie berichtet zuletzt in ein neues Werk und Forschungszentrum in Villach investiert. Im Sommer 2020 wurde das Forschungszentrum eröffnet, heuer im August ist die Produktion im Werk aufgenommen worden, zwei Monate früher als geplant. Im Ergebnis sollte sich dies 2022 positiv niederschlagen.

Ein Blick in das neue Halbleiterwerk von Infineon in Villach, das im Rahmen eines 1,6 Milliarden Euro-Investitionsprogramms errichtet und im August in Betrieb gegangen ist.
Foto: apa

Schon im abgelaufenen Geschäftsjahr (per Ende September) zeigen alle Indikatoren nach oben. Der Umsatz ist um 25 Prozent auf 3,9 Milliarden Euro gestiegen, das Ergebnis vor Steuern gar um 85 Prozent auf 361 Millionen. Mit 4820 wurde auch ein Höchststand bei der Beschäftigtenzahl erreicht. In Villach, Linz und Graz sucht Infineon Austria aktuell 250 Fachkräfte, unter anderem in den Bereichen Elektrotechnik, Chemie, IT und Software. (Günther Strobl, 1.12.2021)