Zum wiederholten Mal tut sich nichts im Nachwuchssport – sei es unter den Körben ...

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... oder zwischen den Toren, sei es auf dem Sportplatz, in der Halle oder im Schwimmbecken.

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Thomas Linzer (Gunners) ...

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Nina Burger (Vienna) ...

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und Adi Solly (WSC).

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Werner Kogler rief noch am selben Tag an, das rechnet Thomas Linzer dem Sportminister ziemlich hoch an. Nur einige Stunden vor dem Anruf hatte Linzer, der Präsident des Basketballvereins Oberwart Gunners, bei einer Pressekonferenz in Wien kaum ein gutes Haar an Kogler gelassen und die Sportpolitik der Regierung wie folgt beschrieben: "Es fehlt an Interesse, an Leidenschaft und an Kompetenz." Doch dann kamen der Anruf und eine Einladung ins Ministerbüro. Wenige Tage später fuhr Linzer schon wieder nach Wien, man setzte sich zusammen und redete, wobei Kogler vor allem ein Zuhörer war, der sich ein Bild von den Problemen der heimischen Sportvereine machte.

Das alles ist, man glaubt es kaum, schon im Juni 2020 passiert. Das Bild, das Kogler sich machte, hat zumindest dazu beigetragen, dass zwei Töpfe aufgesetzt wurden, von denen der Sport profitierte. Aus dem Sportligenfonds flossen 55 Millionen Euro an Vereine aus diversen Sportarten (Fuß-, Hand-, Basket- und Volleyball, Eishockey, Hockey). Und aus dem NPO-Fonds für Non-Profit-Organisationen, der etwa auch Kulturvereine und freiwillige Feuerwehren bedachte, entfielen auch 30 Prozent auf den Sport, das ergab 135 Millionen Euro. Immerhin 13.300 Anträge von 6500 Sportvereinen wurden positiv behandelt. Linzer: "Meine Worte waren etwas deftig, dafür wurden sie gehört. Für uns und viele andere Vereine war das Geld überlebenswichtig."

Was den Kindern fehlt

Freilich – wie das Leben jetzt weitergehen soll, fragt sich auch der Sport. Schon wieder ist Lockdown, schon wieder herrscht Stillstand. Allein im Spitzensport darf weiterhin trainiert und angetreten werden, doch Publikum ist ausgeschlossen. Der NPO-Fonds wird verlängert, der Sportligenfonds ebenfalls. Doch damit, den Betrieb an der Spitze aufrechtzuerhalten, wird es nicht getan sein, wenn die Basis wegbricht. Wie Linzer berichtet, bieten die Gunners in Oberwart jetzt wieder "Distance-Training" für den Nachwuchs an. "Aber das ist nicht das, was die Kinder eigentlich wollen."

Die Kinder wollen zusammen sein, gemeinsam trainieren, sich miteinander messen. Das bestätigt auch Adi Solly, Nachwuchsleiter beim Wiener Sport-Club. Auch hier wird online ein "Level-Training" abgehalten – wer eine Aufgabe meistert und davon ein Video schickt, erreicht die nächste Stufe. Solly: "Das kompensiert natürlich nicht alles." Immerhin hat der WSC kaum Nachwuchs verloren. Trotz Lockdowns gehen nur einige Trainingswochen ab, weil im Winter sowieso pausiert worden wäre.

Solly, der Direktor einer Wiener Volksschule ist, weiß um die Inzidenzen bei Kindern und Jugendlichen. Der Ausfall von Hallentrainings und -turnieren sei logisch, er hoffe aber, dass in absehbarer Zeit und im Freien wieder trainiert werden könne. "Vielleicht nicht erst im Februar." Die Zulassung der Corona-Impfung für Kinder sollte viel verändern. "Und dreimal testen pro Woche ist sowieso keine Hexerei", auch da weiß Schuldirektor Solly, wovon er spricht. Sollte im Jänner oder Februar gar kein Training möglich sein, wäre das schon "ein richtig großes Problem".

Was die Vereine tun

Dem würde Nina Burger zustimmen. Österreichs Rekordinternationale (109 Spiele) und Rekordschützin (48 Tore) ist seit Juni 2020 Trainerin und Leiterin der Vienna-Frauensektion und dort auch für den Nachwuchs zuständig. "Die verlorene Trainingszeit kannst du nicht aufholen", sagt sie. Und: "Eigentlich können wir nur von Woche zu Woche schauen – weil ja kaum jemand sagen kann, wie sich die Lage wirklich entwickelt." Auch im Vienna-Nachwuchs gab es im Sommer eher An- als Abmeldungen, Aktionen des Sportministeriums und die ÖFB-Kampagne "Wir lieben Leder" könnten geholfen haben. Burger: "Man muss viel tun, um Menschen im Verein zu halten und andere zum Verein zu bringen."

Die Gesamtzahl an Mitgliedschaften in Österreichs Sportvereinen ist in den vergangenen Jahren dramatisch gesunken, von 2,1 auf 1,6 Millionen. Team-, Hallen- und Kontakt- oder gar Kampfsportarten leiden besonders. Auch im Schwimmen führen die wiederholten Bäderschließungen zu einer Vielfalt an Problemen. Vereine speziell in Wien haben kaum noch die Möglichkeit, kleinen Kindern Schwimmen beizubringen. Das bringt die Kinder in Gefahr und die Vereine um Einnahmen. Ein verzweifelter Funktionär, der nicht genannt werden will, malt den Teufel an die Wand. "Alles wird sich wiederholen. Wir werden wieder das Möbelhaus und das Gasthaus aufsperren, bevor wir die Bäder und andere Sportanlagen aufsperren. Das ist leider unsere Kultur." (Fritz Neumann, 1.12.2021)