In der "Corona-Pause" im Sommer hätten sich jene, die schon psychisch angeschlagen waren, nicht erholen können, sagt die Direktorin der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie in Innsbruck und Hall, Kathrin Sevecke.

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Die dritte Erhebungswelle der Tiroler Covid-19-Kinderstudie vom Juni 2021 zeigt eine wachsende Nervosität unter den Jüngsten. Der Anteil der Kinder, die vom Normalbereich in den klinischen Bereich gerutscht sind, habe sich seit der ersten Erhebung im März 2020 auf 23 Prozent vervierfacht, zitierten die Studienautorinnen am Mittwoch aus den Ergebnisse. Man dürfe den Druck nun "nicht weiter erhöhen". Durch Schulschließungen würde sich die Situation zuspitzen.

Tagesstruktur und Austausch

Kinder bräuchten "Stabilität und eine organisierte Tagesstruktur sowie den Austausch mit Gleichaltrigen", sagt die Direktorin der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie in Innsbruck und Hall, Kathrin Sevecke. "Die Anzahl der Kinder, die Symptome zeigen wird größer." Mit der Lockerung der Corona-Maßnahmen im Sommer sei den Kindern "nur eine kurze Verschnaufpause vergönnt" gewesen. Jene, die bereits angeschlagen waren, hätten sich psychisch nicht erholen können.

Ein Team der Universitätsklinik für Kinder und Jugendpsychiatrie erhebt in Hall seit Pandemiebeginn in einer Onlinebefragung das psychische Befinden von Kindern in Tirol und Südtirol. Der erste Teil der Erhebung wurde im Lockdown im März 2020 durchgeführt.

Damals sei die Mehrheit der Kinder noch im Normalbereich verortet gewesen. Im zweiten Teil vor einem Jahr wiesen bereits 16 Prozent klinisch relevante Krankheitszeichen auf. "Das bedeutet, dass man unbedingt professionelle Hilfe suchen soll", sagt Silvia Exenberger, die ebenfalls an der Studie beteiligt ist. Die Klinische und Gesundheitspsychologin hebt den Hörer ab, wenn Eltern nach der Befragung das Telefonangebot wahrnehmen.

Zustand verschlechtert

Besonders drastisch habe sich die kritische Entwicklung bei der jüngsten, dritten Erhebung im Juni 2021 gezeigt. Die Symptome reichen von Stress, Überforderung und Angst bis hin zu weiteren Traumazeichen.

Bei den bisherigen Onlinebefragungen haben im Durchschnitt jeweils 700 Elternteile mitgemacht. Bei den Schülern sei die Teilnehmerzahl von anfänglich durchschnittlich 220 im Juni auf 150 gesunken. Dabei wäre es besonders wichtig, dass viele Kinder selber bei der Studie mitmachen. Die Befragungen hätten nämlich gezeigt, dass jene ihr psychisches Befinden weitaus belasteter einschätzen als deren Eltern. "Manche Symptome können Eltern nicht sehen, wenn die Kinder nicht darüber sprechen", so Exenberger.

Am 1. Dezember beginnt die vierte Erhebung. Es werden noch Umfrageteilnehmer gesucht – Kinder zwischen acht und 13 Jahren sowie Eltern von Kindern im Alter zwischen drei und 13 Jahren aus Nord-, Ost- und Südtirol. Der Fragebogen kann unter kidscreen.ches.pro abgerufen und ausgefüllt werden. (APA, 1.12.2021)