Edge positioniert sich als schlanker Browser – und bekommt doch immer mehr Bloatware.

Grafik: Microsoft

Eigentlich hat Microsoft bei seinen Browser-Bemühungen zuletzt vieles richtig gemacht. Auf Basis von Googles Chromium-Projekt wurde eine neue Softwaregeneration geschmiedet, die viel positives Feedback erhalten hat. Hat Microsoft doch den Code von Google geschickt mit eigenen Erweiterungen angepasst, um sich vom Marktführer abzuheben. Doch anstatt sich über das daraus resultierende sanfte Wachstum bei den Marktanteilen zu freuen, verärgerte Microsoft die Nutzer zuletzt mit immer aggressiver werdenden Methoden, um Windows-Nutzer zum Einsatz von Edge zu zwingen.

Zip

Nun hat sich das Unternehmen die nächste handfeste Kontroverse eingefangen: Mit dem Update auf die Edge-Version 96 wurde eine neue Browsererweiterung mitinstalliert, die nun viele Nutzer erzürnt. Konkret geht es dabei um eine Anbindung an einen Service namens Zip, der kurzfristige Kredite anbietet. Nach dem "Kauf jetzt, zahl später"-Prinzip werden dabei bei Online-Einkäufen die Zahlungen in mehrere Chargen aufgeteilt. Die Nutzer zahlen also zunächst nur einen Teil, der Händler bekommt den Rest von Zip, wo man sich das Geld später von den Usern zurückholt – plus Gebühr, versteht sich.

All das mag für manche Nutzer also durchaus interessant sein – zumindest so man sich dafür selbst entscheidet. Die Vorinstallation führt nun aber zu einer regelrechten User-Revolte, wie es Arstechnica formuliert. Besonders verärgert zeigen sich die Nutzer darüber, dass das "Angebot" von Zip automatisch bei sämtlichen Bezahlvorgängen zwischen 35 und 1.000 US-Dollar angezeigt wird. Die Shop-Betreiber haben auch keine Möglichkeit, dies zu unterbinden.

Offene Fragen

Da hilft es auch wenig, dass Microsoft betont, an den Krediten nicht mitzuverdienen. Immerhin stellen sich an diesem Punkt noch einige weitere Fragen. Was das etwa für die Privatsphäre bedeutet, und welche Daten die Erweiterung sammelt, hat Microsoft bisher nicht beantwortet. Immerhin könnte Zip auf diesem Weg theoretisch viele Informationen über das Kaufverhalten der Edge-User erhalten. Andere streichen wieder heraus, dass solche Erweiterungen für Hacker eine zusätzliche Angriffsfläche bieten.

Ausweg

Bislang scheint dieses "Angebot" auf die USA beschränkt zu sein, europäische Nutzer sind derzeit also nicht betroffen. Zudem gibt es natürlich die Möglichkeit, diese Erweiterung zu deaktivieren. Trotzdem überrascht es doch, dass ein solch großes Unternehmen wie Microsoft bereit ist, eine von vielen als Bloatware oder gar Adware klassifizierte Erweiterung von Haus aus zu aktivieren. (apo, 1.12.2021)