"Das is frei erfunden", "gehört nicht zu meinem Sprachgebrauch, sicher nie, unter Garantie", "habe ich noch nie in meinem Leben gesagt!", erklärte Wolfgang Fellner unlängst vor Gericht zu diversen ihm zugeschriebenen hochnotpeinlichen Äußerungen. Als daraufhin der gegnerische Anwalt das Abspielen eines Tonbandes ankündigte, auf dem all diese Äußerungen zu hören seien, zog Fellner es vor, die Aussagen zuzugeben.

Die daraus generierte Meldung "Wolfgang Fellner des Lügens überführt" scheint mir aber von überschaubarem Neuigkeitswert und wirkt ein bisschen wie: "Specht beim Klopfen ertappt."

Medienmacher Wolfgang Fellner.
Foto: APA/HERBERT NEUBAUER

Es gilt als allgemein bekannt, dass Fellners Verhältnis zur Wahrheit extrem instabil auf nur einem Bein steht, nämlich einem Kriegsfuß. Umso überflüssiger erscheint es, dass, laut Staatsanwaltschaft, die türkise ÖVP ausgerechnet ihn für die Veröffentlichung von manipulierten Umfragen belohnt haben soll. Das käufliche Gratisblatt Österreich für das Verbreiten von Fake-News mit Steuergeld zu bezahlen ist wie die Vergabe einer staatlichen Holzfraß-Prämie für Termiten.

Eine Fleißaufgabe, zumal es beim Thema "Inseratenkorruption" auch Geschäftsmodelle gibt, die weniger auf die Publizierung von Unwahrheiten setzen. Zum Beispiel jenes der SPÖ Wien. 170.720 Euro Steuergeld hat der städtische Presse- und Informationsdienst an einen SPÖ-nahen Verlag gezahlt. Offiziell für Inserate in Preview, einem dünnen, billigst produzierten, nicht in Trafiken erhältlichen Hefterl im A5-Format, gefüllt mit alten, einfach ohne Genierer von Webseiten der Stadt Wien herunterkopierten Texten. Also keine Fake-News, sondern No-News.

Heftige Gegenwehr

Drei Jahre lang hat die Stadtverwaltung gekämpft, um diesen Inseratendeal geheim zu halten, nun hat die Rechercheplattform Dossier die Veröffentlichung vor Gericht erwirkt. Als Nächstes sollen weitere 16.954 Belege zu möglichen Inseratengeschäften von den Gemeindevertretern vorgelegt werden, deren heftige Gegenwehr auf hohe Eisberg-Wahrscheinlichkeit unterhalb der von Dossier freigelegten Spitze schließen lässt.

Für Wolfgang Fellner hingegen könnte eine Neuorientierung Richtung "No-News" zum Gebot ökonomischer Vernunft werden. Die Erfolgschance seiner Klage gegen die Republik Österreich auf 500.000 Euro Presseförderung leidet unter der Tatsache, dass Presseförderung laut Gesetz nur Zeitungen zusteht, die mehr Exemplare verkaufen als verschenken. Fellner behauptete deshalb, dass es sich bei der Gratisausgabe von Österreich und der käuflichen Version (ein bei Fellner-Medien stets passender Begriff) "um jeweils eigenständige journalistische Produkte handelt". In einem vom STANDARD-Redakteur Harald Fidler produzierten Video kann man das überprüfen. Beide Zeitungen haben jeweils 24 Seiten, wovon 23 komplett identisch sind. Nur das Titelblatt ist unterscheidbar. Laut Firmenangaben hat die eine Zeitung 67 Mitarbeiter, die andere sechs. Daraus folgt: 61 Mitarbeiter nur für das Cover.

Im Sinne von "No-News statt Fake-News" könnte Fellner künftig auf dieses Feigen-Titelblatt zugunsten eines kopierten Covers verzichten. Die dadurch verpasste Presseförderung sollte durch die Personaleinsparung locker kompensiert werden. (Florian Scheuba, 2.12.2021)