Foto: APA/Robert Jäger
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Wien – Noch ist ungewiss, wann der Lockdown für welche Branchen enden wird. Die Regierung will ja erst nächste Woche entscheiden, wie es weitergeht. Wirtschaftskammer-Chef Harald Mahrer erhöhte am Donnerstag in einer Pressekonferenz jedenfalls den Druck auf die Regierung und sprach sich für ein Aufsperren aller Branchen aus. Zuletzt hatten Vertreter von Handel, Gastronomie und Hotellerie gefordert, wie geplant nach Ende des 20-tägigen Lockdowns am 12. Dezember öffnen zu dürfen, zumindest für geimpfte und von Covid-19 genesene Personen. Den Betrieben würde jegliches Verständnis fehlen, wenn sie nicht mit ausgefeilten Sicherheitsvorkehrungen aufsperren dürften, so Mahrer.

Placebopolitik

Mahrer übte harte "systemische Kritik" an der Bundes- und Landespolitik und wähnt sich damit auf einer Linie mit den Arbeitnehmervertretern. Es sei "skandalös und ein Drama, dass Betriebe geschlossen haben, die nachweislich nicht zum Infektionsgeschehen beitragen", so der WKO-Chef. "Es ist Zeit, dass vom Quatschen ins Tun gekommen wird" – anstelle einer "Placebopolitik", die die Betriebe für die Versäumnisse der Politik bestrafe. Der Lockdown sei sachlich nicht begründet, es würden Gruppen gegeneinander ausgespielt.

Leider geschlossen: Mittlerweile haben wohl viele Betriebe bereits Übung im Lockdown.
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Eine Verlängerung des Lockdowns über Mitte Dezember hinaus oder ein lediglich stufenweises Öffnen wolle er sich gar nicht vorstellen, so der WKO-Chef. Die Menschen hätten kein Verständnis mehr, es sei etwas "verrutscht", das sei demokratiepolitisch hochgefährlich.

Hilfen nachgeschärft

Von "ehestmöglich" sprach Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) in Sachen Öffnung bei einer Pressekonferenz mit Parteikollege und Finanzminister Gernot Blümel. "Ich bin eine der größten Kämpferinnen für das Aufsperren", sagte die Ministerin, die angesichts der sinkenden Infektionszahlen eine "hoffnungsvolle Entwicklung" ortet. Wichtig sei nun aber, den "sehr schmerzhaften Lockdown" abzufedern, das sei auch dank der Unterstützung aus dem Finanzministerium geglückt. So bleibe der Schutzschirm für Veranstalter aufrecht – über 1.200 Anträge habe es bereits gegeben, sagt Köstinger. Sie verweist zudem auf die staatliche Übernahme von Haftungen im Ausmaß von 300 Millionen Euro für Reisebüros. Auch die Haftungsübernahme für Tourismusbetriebe werde verlängert.

Auch Blümel hat bei einigen Instrumenten nachgeschärft. Wichtig sei, dass die Hilfe rasch erfolge, hier sei auch nachjustiert worden, so der Finanzminister: Der Corona-Ausfallbonus kann demnach künftig bereits am 10. jedes Monats für den Vormonat beantragen werden. "Das bedeutet, dass die ersten Auszahlungen schon vor Weihnachten getätigt werden können", so Blümel.

Die bekannten Hilfsinstrumente wurden wieder ausgepackt.
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Antragsberechtigt sind alle Neugründungen bis zum 1. November 2021. Weitere Voraussetzungen: mindestens 30 Prozent Umsatzeinbruch im November und Dezember bzw. 40 Prozent von Jänner bis März (Vergleich zu November, Dezember sowie März 2019 bzw. 2020 im Jänner und Februar). Die Ersatzrate liegt bei zehn bis 40 Prozent des Umsatzrückgangs, je nach Kostenstruktur der Branche. Der maximale Rahmen beträgt 2,3 Millionen Euro (statt 1,8 Millionen bisher).

Härtefallfonds wieder aktiviert

Für Klein- und Kleinstunternehmen (die bis zum 1. November 2021 gegründet wurden und einen Umsatzrückgang von 30 Prozent im November und Dezember bzw. 40 Prozent ab Jänner erlitten haben, Anm.) wird mit 1. Dezember der im September ausgelaufene Härtefallfonds reaktiviert. Seit Beginn der Krise seien allein über die Wirtschaftskammer durch den Härtefallfonds 2,2 Milliarden Euro ausgezahlt worden, so Blümel.

Beim Verlustersatz gilt eine Ersatzrate von 70 bis 90 Prozent des Verlusts. Voraussetzung ist ein Umsatzeinbruch um mindestens 50 Prozent von November bis Dezember im Vergleich zu November/Dezember 2019 bzw. mind. 40 Prozent von Jänner bis März im Vergleich zu Jänner, Februar und März 2019.

Leistbar sei das ohne Zweifel, verweist der Finanzminister auf die OECD-Prognose für Österreich. Die Industriestaaten-Organisation rechnet für 2022 mit einem Plus von 4,6 Prozent beim Bruttoinlandsprodukt (BIP), für heuer mit 4,1 Prozent. Das entspreche den Erwartungen der Regierung, so Blümel. Zu den Kosten der Hilfsmaßnahmen meinte er, laut bisherigen Erfahrungen würden diese beim Ausfallbonus bei rund 700 Millionen Euro im Monat liegen, beim Härtefallfonds bei 100 Millionen – die Verlängerung werde sich in diesem Rahmen bewegen. (Regina Bruckner, 2.12.2021)