Der Gewerbehof (im Bild rechts vorne) ist ein Teil des Baufelds H6 in der Seestadt.

Visualisierung: SchreinerKastler

Im oberen Teil der Mela-Köhler-Straße wird sich die Anlieferung abspielen.

Visualisierung: SchreinerKastler

Der Gründer-Innen-Hof wurde kürzlich fertiggestellt.

Foto: DTA/Daniel Hawelka

Nutzungsvielfalt, so lautete das Motto für das Seebogen-Quartier in der Seestadt Aspern. Und deshalb ist hier unter anderem auch die Mischung von Wohnen und Gewerbe ein großes Thema.

Gleich neben dem nördlichen Ausgang der U2-Endstation, am Baufeld H6, wird schon seit März am Wohnen- und Gewerbehof gebaut. Auf einem gemeinsamen Sockel errichten fünf Bauträger sechs Baukörper mit vier bis sieben Geschoßen, in denen zum Großteil Wohnungen entstehen. Ein Bauteil aber, jener an der Ecke Sonnenallee und Mela-Köhler-Straße, wird der Gewerbehof Seestadt: ein Gewerbeobjekt, das dem produzierenden Gewerbe vorbehalten ist – sozusagen als "vertikale Fabrik".

Neue Typologie

Die Wirtschaftsagentur Wien als Bauherrin will damit mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen: Einerseits soll Raum geschaffen werden "für Betriebe, die an ihren alten Standorten unter Druck geraten, weil der Wohnbau heranrückt", sagt Rainer Holzer, Immobilien-Chef der Wirtschaftsagentur Wien. Andererseits sollen die Betriebe, die hier einziehen werden, auch als eine Art zusätzliche Nahversorgung für die Seestadt fungieren, die als "Stadt der kurzen Wege" geplant ist.

Als Pilotprojekt des städtischen Fachkonzepts Produktive Stadt will man hier eine "neue Typologie" erproben, wie sich Wohnen und Gewerbe verbinden lassen. Und nicht zuletzt spielt auch das Thema Bodenversiegelung bei der Entwicklung eine Rolle, sagt Holzer. Die gestapelte Bauweise und dazu die vielen gemeinschaftlich genutzten Einrichtungen sollen dafür sorgen, dass für Gewerbeansiedlungen weniger Boden verbraucht werden muss.

Ladezone für Sattelzüge

Eine dieser Einrichtungen ist quasi das Herzstück des Gewerbehofs, nämlich der Ladehof in der 5,30 Meter hohen Sockelzone. "Hier können auch Sattelzüge ein- und ausfahren", sagt Holzer. Es sollte also die An- und Auslieferung für sämtliche Gewerbeeinheiten möglichst so stattfinden können, dass die Bewohner der 270 Wohneinheiten nebenan (Bauträger ARE, Aphrodite, EGW, Schönere Zukunft) nicht allzu viel mitbekommen. Mit Schwerlastaufzügen kann die Ware dann nach oben zu den einzelnen Betrieben oder auch ins Tiefgeschoß gebracht werden, wo sich neben Pkw-Stellplätzen auch rund 1000 Quadratmeter an Lagerflächen befinden.

"Die Idee orientiert sich stark am Logistikbedarf von produzierenden Unternehmen", erklärt Projektleiter Werner Weiss von der Wirtschaftsagentur. In den vier Obergeschoßen mit Raumhöhen von 3,30 Metern entstehen rund 5300 Quadratmeter an vermietbarer Fläche für produzierendes Gewerbe. Im Endausbau werden sich bis zu 40 Unternehmen hier einmieten können. Der Vertrieb startet im Frühjahr.

Flächen von 50 bis 500 Quadratmeter kann man anbieten, sagt Holzer. Nebeneinanderliegende Einheiten können kombiniert werden. Und auch sonst will man als Betreiber viel Service bieten: "Es gibt eine Betriebsanlagengenehmigung für das ganze Haus"; als einzelner Betrieb muss man sich darum also nicht mehr kümmern. Die Flächen werden im Edelrohbau vergeben, beim Ausbau will man unterstützen, auch mit Informationen über Fördermöglichkeiten.

Sozialer Treffpunkt

Und im ersten Stock wird es einen sozialen Treffpunkt (Community-Hub) geben inklusive einer kleinen Freifläche. Der Freibereich zwischen den Baukörpern über dem Sockelgeschoß wird als begrünter Innenhof ausgeführt, mit Durchwegungen und inklusive eines Erdkoffers, der auch als Regenwassersickeranlage fungiert.

Mit Fernwärmeanschluss samt Abwärmerückspeisung in das Fernwärmenetz, Photovoltaik auf dem Dach und E-Lade-Stationen auch für Lkws will man auch energetisch vorbildlich bauen. Die Fertigstellung des gesamten Baufelds – inklusive der Wohnobjekte, wo im ARE-Bauteil dann auch ein Billa-Supermarkt aufsperren wird – ist für September 2022 geplant. Dann will man den ganzen Komplex auch bei der Internationalen Bauausstellung (IBA Wien) herzeigen, die im zweiten Halbjahr 2022 läuft.

Mikrobüros auf Baufeld G13

Auch ein paar Baufelder weiter nördlich stand die Verbindung von Arbeiten und Wohnen im Fokus, im Fall der Wohnanlage der Arwag für Investor Real Invest auf Baufeld G13B, die kürzlich übergeben wurde, standen allerdings "nur" Freiberufler und Heimarbeiter im Zentrum. DTA Architekten planten hier im Gründer-Innen-Hof zehn Arbeitsmaisonettes entlang der Barbara-Prammer-Allee und weitere vier Hofmaisonettes im Bauteil an der Sonnenallee. Außerdem wurden 31 Wohneinheiten mit "zuschaltbaren" Arbeitsräumen ausgestattet, die über eine eigene Eingangstür verfügen. Zudem können 14 Mikrobüros im Haus angemietet werden. (Martin Putschögl, 3.12.2021)