Tanner mit dem AW169M

Foto: HBF/Lechner

Präsentation des Verwaltungsübereinkommens mit dem italienischen Verteidigungsminister Lorenzo Guerini

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Das erste ans italienische Militär gelieferte Modell des AW169M, hier noch mit Räderfahrwerk anstatt der künftig vorgesehenen Kufen.

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Rom – Gewitter, tief hängende Wolken und strömender Regen über Rom – ideales Flugwetter sieht anders aus. Aber weder das italienische noch das österreichische Militär – und schon gar nicht der Hersteller Leonardo – wollen sich nachsagen lassen, dass der neue Hubschrauber AW169M ein reines Schönwetterfluggerät sei. Man erinnert sich ja an die Falschmeldungen über die Eurofighter, von denen vor 20 Jahren behauptet wurde, sie könnten bei Nebel, Frost oder Dunkelheit nicht fliegen.

Alles anders als beim Eurofighter

Beim neuen Hubschrauber für das Bundesheer soll alles anders sein als beim Eurofighter. Deshalb kauft das Bundesheer auch bei der italienischen Armee ein, Government to Government. Und deshalb stieg Verteidigungsministerin Klaudia Tanner am Donnerstag auch für eine kurze Platzrunde in den ersten zunächst an den italienischen Geschäftspartner gelieferten Leonardo-Hubschrauber.

Anschließend zeigte sie sich begeistert von der im italienischen Hubschrauber verbauten Technik, der flexiblen Ausstattung und vor allem davon, dass der AW169M ab 2023 die in die Jahre gekommene und aufgrund technischer Mängel stark geschrumpfte Flotte der Alouette III des Bundesheeres ersetzen wird.

Genauer Kaufpreis noch offen

Für zunächst 18 Stück AW169M nimmt die Republik rund 300 Millionen Euro in die Hand – das ist das größte Beschaffungsvorhaben der Republik seit dem Eurofighter. Und dieser Beschaffungsvorgang läuft tatsächlich ganz anders als gewohnt: Österreich bindet sich bei der Beschaffung der Fluggeräte ebenso wie bei der Ausbildung von Piloten und Technikern völlig an das italienische Verteidigungsministerium. Darüber hat Tanner am Donnerstag ein Verwaltungsübereinkommen mit ihrem italienischen Amtskollegen Lorenzo Guerini unterzeichnet – der eigentliche Kaufvertrag folgt noch in diesem Monat auf Beamtenebene.

Einen genauen Preis kennt man allerdings jetzt noch nicht – auch weil Details der Ausstattung der Fluggeräte noch nicht fixiert sind. Fix ist nur das, was man gemeinsam mit Italien machen muss. Zunächst ging es um die grundsätzliche Entscheidung, das neue Modell nicht vom bis dahin als überlegen angesehenen Anbieter Airbus (legendär Tanners Aussage, Airbus werde sie noch "kennenlernen"), sondern von Leonardo zu kaufen. Diese Entscheidung fiel im September des Vorjahres.

Österreichische Wünsche berücksichtigt

Dann wurden bereits gemeinsam mit der italienischen Armee technische Besonderheiten für die Militärversion des AW169 ausgearbeitet. Besonders auffallend ist, dass das Bundesheer Kufen statt des in der Grundversion (bisher 130 Stück ausgeliefert) eingeführten Räderfahrwerks am AW169 verlangt hat – eine Modifikation, die erst Mitte nächsten Jahres eingeführt werden soll. Dazu kommt eine neue elektronische Steuerung der Motoren – das sogenannte EPP soll aus den Antrieben noch mehr Leistung herausholen.

Die italienische Seite betont, dass man aus der Partnerschaft mit Österreich viel lernen könne: erstens, weil das Bundesheer mehr Erfahrung in Gebirgseinsätzen hat. Und zweitens, weil Leonardo (und das italienische Verteidigungsministerium als Großkunde) weitere ähnliche Kooperationen anstoßen will, wenn jene mit Österreich klappt.

Zwölf Hubschrauber in die Steiermark

Was bedeutet das nun für das Bundesheer? Nach kleinen Corona-bedingten Verzögerungen soll der erste Hubschrauber in einem Jahr zulaufen – ursprünglich sollten es bis dahin schon vier sein, aber das wird sich nicht ausgehen. Gleichzeitig werden bereits die österreichischen Fluglehrer in Italien ausgebildet, ebenso die Techniker, die die am Ende zwölf Hubschrauber in Aigen im Ennstal und sechs in Langenlebarn betreiben sollen.

Die ersten sechs Hubschrauber werden 2023 vor allem für Pilotenausbildung und für Such- und Rettungsflüge eingesetzt werden. Hier ist eine der angesprochenen Unsicherheiten über den endgültigen Preis der Helis versteckt: Das Bundesheer möchte das "Missionseinrüstungspaket" für medizinische Rettungsflüge in Österreich beschaffen, hier ist noch kein Zuschlag erfolgt. Offen ist auch noch, was die aus militärischer Sicht wichtige Bewaffnung kosten wird: Bestellt werden sechs entsprechende Pakete, die erst 2025 fertig und einsatzbereit sein sollen.

Dennoch versichert das österreichische Verteidigungsministerium, dass dieser Beschaffungsmodus die einfachste und kostengünstigste Variante darstelle: Österreich erhalte alle Systeme zum selben Preis wie der italienische Staat als Großabnehmer. Ein allfällig auftauchender Korruptionsverdacht – wie er beim Eurofighter immer wieder geäußert wurde – sollte daher an den österreichischen Beschaffern abperlen. (Conrad Seidl, 3.12.2021)