Wie schneiden Lebensversicherungen in einem Umfeld mit höherer Inflation ab? Zu den Verlierern dürfte die klassische Variante zählen, mit Fondsgebundenen haben Verbraucher wohl bessere Karten.

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Drei Jahre sind in der Finanzplanung nicht allzu lang, dennoch kann anschließend einiges anders sein. Ende 2018 war die Europäische Zentralbank noch vollauf beschäftigt, überhaupt Inflation zu erzeugen, nun rollt eine Teuerungswelle durch die Eurozone. Um 4,9 Prozent mehr als im Vorjahr bezahlen Verbraucher im November für ihren Konsum, in Deutschland waren es 5,2 Prozent, in Österreich 4,3 Prozent. Auch wenn Experten davon ausgehen, dass der Inflationsdruck nachlässt – auf so tiefe Niveaus wie vor der Covid-Pandemie wird er nicht zurückfallen.

Was bedeutet höhere Inflation für den Markt für Lebensversicherungen? "Bei klassischen Lebensversicherungen wird es einfach nur noch schlimmer", sagt Versicherungsexperte Walter Hager vom Verein für Konsumenteninformation (VKI). Wegen des Nullzinses sei schon bei niedrigerer Inflation "nicht viel drinnen" gewesen. Tatsächlich werden klassische Modelle mit Garantiezins – derzeit sind maximal 0,5 Prozent erlaubt, ab Juli 2022 nur null Prozent – wegen der Nullzinsphase schon seit längerem nur schleppend nachgefragt.

Zukunftsvorsorge

Auch bei der Wiener Städtischen Versicherung setzt man auf andere Produkte. "Wenn es um private Altersvorsorge geht, empfehlen wir die prämienbegünstigte Zukunftsvorsorge als Basisprodukt", sagt Paul Huss, der den Bereich Lebensversicherungen leitet. Es gebe staatliche Förderung, bis 50 Lebensjahre betrage der Aktienanteil mindestens 15 Prozent. "Auch die steuerfreie Rente ist sehr viel wert", sagt Huss.

Ansonst rät er Kunden zu Hybridprodukten. In der Regel fließen dabei 70 Prozent in den Deckungsstock einer klassischen Lebensversicherung, 30 Prozent in eine fondsgebundene – wobei auch andere Aufteilungen möglich seien. Als Vorteil sieht er die Möglichkeit, eine Untergrenze bei der späteren Pension darzustellen, die auch gegen Inflation abgesichert werden könne. Dies sei bei einer reinen Fondsgebundenen gar nicht möglich, ergänzt Huss.

Reinrassige Variante

VKI-Experte Hager rät dennoch zur reinrassigen Variante mit Fonds. Auch mit diesen ließen sich die Risiken gut streuen, und von Garantien, auch gegen Inflation, rät er aus Kostengründen ohnedies ab. "Es sollte am Ende die Fondsgebundene werden, weil sie auch steuerlich besser ist", sagt er. Auch wer sein Vorsorgedepot selbst aktiv verwalten wolle, sei in einer fondsgebundenen Hülle steuerlich gut aufgehoben.

Aber wie soll man das geeignete Produkt finden? VKI-Experte Hager verweist auf eine Kooperation mit dem Start-up Fynup, einem Vergleichsportal, das auch Lebensversicherungen abdeckt. "Dabei stehen die Kosten im Fokus", erklärt Hager, auch provisionsfreie Produkte seien erfasst. "Das ist die Zukunft. Darauf wird gut aufgedröselt, was eigentlich möglich ist", ergänzt der Konsumentenschützer über das "Dickicht an Produkten", das bei Fondsgebundenen angeboten werde.

Individuelle Entscheidung

Wie sollen Bestandskunden auf die Inflation reagieren? Hager empfiehlt bei klassischen Versicherungen, alte Verträge mit den früher höheren Garantiezinsen trotz gestiegener Teuerung weiterzuführen. "Aber wenn ich vor fünf, sechs Jahren eine Klassische abgeschlossen hätte, würde ich diese wahrscheinlich auflösen", sagt Hager. Aber diese Entscheidung müsse individuell gefällt werden, der Konsumentenschützer rät dabei, stets eine zweite Expertenmeinung einzuholen.

Bei bestehenden Fondsgebundenen empfiehlt Hager auch in Zeiten etwas höherer Inflation: je länger die Restlaufzeit, desto höher der Aktienanteil. Auch die Experten der Erste Asset Management setzen auf Aktien, denn: "Unternehmen kommen mit Inflationsraten zwischen zwei und vier Prozent gut zurecht", sagt Gerold Permoser, der bei dem Fondsanbieter die Veranlagung leitet. Erst darüber würden auch diese Probleme mit der Teuerung bekommen, was auf den Aktienmarkt durchschlagen würde.

Zinsrisiko meiden

Er erwartet zwar nächstes Jahr eine rückläufige Teuerung, aber "die Phase niedriger Inflation wie vor Corona wird nicht zurückkehren". Daher bevorzugt er Aktienprodukte klar gegenüber Anleihen. "Je näher man am Zinsrisiko ist, desto weniger attraktiv erscheinen die Assetklassen", sagt Permoser.

Eines betonen Konsumentenschützer regelmäßig: Er- und Ablebensversicherungen sollten nicht in einem kombinierten Produkt gekauft werden. Einerseits fließt bei diesen Hager zufolge meist ein zu geringer Teil der Prämie in die Ablebensversicherung, mit der Verwandte oder ein Kredit abgesichert werden soll. Zudem seien getrennte Produkte sinnvoll, weil diese auch einzeln gekündigt werden könnten. (Alexander Hahn, 2.12.2021)