Beim Seilbahnunglück am 23. Mai riss das Seil.

Foto: Foto: EPA/TINO ROMANO

Wien – Der Presserat hat die "Kronen Zeitung" für die Veröffentlichung von Fotos einer beim Seilbahnunglück am Lago Maggiore im vergangenen Mai verunglückten Familie gerügt. Die großteils unverpixelten Aufnahmen verstoßen gegen Punkt 5 (Persönlichkeitsschutz) des Ehrenkodex für die österreichische Presse, hielt das Selbstkontrollorgan in einer Aussendung fest. Die Persönlichkeitssphäre eines Menschen sei auch über dessen Tod hinaus zu wahren.

Die "Kronen Zeitung" veröffentlichte das Foto, auf dem ein Elternpaar und dessen zwei Söhne zu sehen sind, am 26. Mai sowohl auf der Titelseite als auch in im Rahmen eines Artikels im Blattinneren. Von den vier Personen überlebte nur ein damals fünfjähriger Bub. Dessen Augenpartie ist leicht verpixelt. Die anderen Familienmitglieder starben und sind unverpixelt zu sehen. Eine Leserin kritisierte gegenüber dem Presserat die Bildveröffentlichung und meinte, dass auch der überlebende Bub identifizierbar sei.

Der Senat 1 des Presserats hielt fest, dass Berichte über tödliche Unfälle für die Allgemeinheit von Interesse seien, jedoch der Persönlichkeitsschutz der Opfer auch über deren Tod hinaus beachtet werden müsse. Die Veröffentlichung unverpixelter Opferfotos sei dazu geeignet, in die Persönlichkeitssphäre einzugreifen und zudem die Trauerarbeit Hinterbliebener zu beeinträchtigen. Bei Kindern sei der zu berücksichtigende Persönlichkeitsschutz besonders stark ausgeprägt. Der Senat gab der Leserin Recht, dass der überlebende Bub trotz Verpixelung erkennbar ist. Somit sei der Persönlichkeitsschutz aller abgelichteten Personen verletzt worden.

Die "Kronen Zeitung" erkennt die Schiedsgerichtsbarkeit des Presserats nicht an und nahm auch nicht am Verfahren teil. Das Selbstkontrollorgan fordert die Tageszeitung auf, freiwillig über den Ethikverstoß zu berichten. (APA, 3.12.2021)