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Der Waffenhersteller Glock GmbH gehört der gleichnamigen Privatstiftung und ist das Herzstück des Konzerns. Exstiftungsvorstände haben die Stiftung geklagt.

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"Die Herrschaften waren einmal alle auf unserer Seite. Wir haben an einem Strang gezogen und hatten ein gemeinsames Ziel." So beschrieb ein Exvorstand der Gaston Glock zuzurechnenden Value Privatstiftung jüngst die Arbeitsumstände, unter denen er einst für den Waffenfabrikanten tätig war. Die Anmerkung des Richters – die Szene spielt am 19. November in einer Verhandlung des Wiener Handelsgerichts – fiel lapidar aus: "Und jetzt sind sie bei mir."

Wobei das nicht ganz vollständig ist: Die Kläger, vier Exvorstandsmitglieder der Value und der Glock Privatstiftung, sind auch ab und zu am Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien (LGZRS) aufhältig, dort haben sie die Glock Privatstiftung geklagt. Selbiger gehört das Herzstück des Konzerns, die Glock GmbH, das Vermögen der Value Privatstiftung besteht unter anderem aus Liegenschaftsbesitz. In beiden Prozessen bekämpfen die Exvorstände ihre Abberufung aus dem Vorstand durch Gaston Glock imDezember 2019. Sie sehen diese Abberufung wie berichtet als unwirksam an und würden sich selbst daher auch gar nicht als "Ex-Vorstände" sehen. Nicht viel später am 19. November schloss der Richter die Verhandlung.

Folge des Rosenkriegs

Um kurz auszuleuchten, worum es in der Angelegenheit im öffentlichkeitsscheuen Glock-Reich geht, muss man zurück ins Jahr 2011, in dem der Rosenkrieg zwischen dem heute 92-jährigen Industriellen und seiner Exfrau und Mutter seiner drei Kinder begann. 2011 hat Glock wieder geheiratet, seine Frau Kathrin ist um 52 Jahre jünger als er und inzwischen in etlichen Unternehmen der Gruppe tätig. Herzstück ihrer Aktivitäten ist die Leitung des Geschäfts mit den Pferden rund ums Glock Horse Performance Center (GHPC), das in der gerichtlichen Auseinandersetzung immer wieder vorkommt. Doch dazu später.

Zwischen Glock und Exfrau ging es um Einfluss im sehr profitablen Unternehmen bzw. den Privatstiftungen, um sehr viel Geld und sehr viel Vermögen. 2018 eskalierte die Sache: Helga Glock, die zuvor auch eine Riesenklage in den USA eingebracht hatte, beantragte u. a. die Absetzung des Stiftungsvorstands, der sie davor als Begünstigte ausgeschlossen hatte. Das Gericht gab ihr Recht und berief den Vorstand ab.

Weg und gleich wieder da

Da Glock gemäß Klägern aber nicht auf seine Vertrauten verzichten wollte, wurden die Abberufenen gleich wiederbestellt – bis Juni 2025. Und man griff zu einer Backup-Lösung, bestellte drei weitere Personen ins Gremium, darunter den Ehemann einer Vorständin und die Lebensgefährtin eines Vorstands.

Und: Gleich nach ihrer Wiederbestellung im November 2018 zahlten sich die Altvorstände ihr Honorar bis zum Ende ihrer Funktionsperiode aus, zum Teil per Eilüberweisung. Um Peanuts ging es da nicht. In Summe flossen 18,7 Millionen Euro. Das Jahreshonorar je Vorstandsmitglied betrug damals 900.000 Euro.

Aber: Die Vorstände hätten Stifter Glock die Vereinbarung, auf deren Grundlage sie sich das Geld auf einen Schlag holten, unterschoben, ihn getäuscht und betrogen, argumentiert die Glock-Seite unter Kopfschütteln der Altvorstände. Jedenfalls: Ende 2019 berief Stifter Glock alle Vorstände ab, später erstattete er Strafanzeigen und klagte die 18,7 Mio. Euro am Landesgericht Klagenfurt ein. Die WKStA hat ihre Ermittlungen inzwischen eingestellt – wobei ein Fortführungsantrag der Anzeiger derzeit noch offen ist.

Millionen beim Abschied

Und warum haben sich die Altvorstände die "erkleckliche" Summe von 18,7 Mio. Euro trotz Wiederbestellung, trotz Weiterarbeitens und "Verdoppelung" der Vorstandsmitglieder ausgezahlt, fragte die Richterin am Landesgericht Wien jüngst? Sie sagen, dass das eben keine Vorauszahlung bis Vertragsende gewesen sei, sondern eine nachträgliche Erhöhung ihres Honorars. All das sei mit Glock, der sich dem Verfahren auf Beklagtenseite angeschlossen hat, ausgemacht gewesen, er habe sie "absichern" wollen. Auch das sieht die Gegenseite anders, die Zahlungen seien "rechtsmissbräuchlich" erfolgt.

Ungewöhnlich waren Verabschiedungszahlungen im Glock-Reich gemäß Parteien- und Zeugenaussagen jedenfalls nicht. Auch frühere Stiftungsvorstände und verdienstvolle Mitarbeiter haben bei ihrem oder für ihr Ausscheiden Millionen kassiert, da wurden Darlehen erlassen, Schenkungen gemacht.

Glock sollte sparen

Und wie erklären die Kläger die offensichtliche Entfremdung zwischen ihnen und Glock 2019? Da sei es ums Sparen gegangen. Die Kläger fürchteten, dass die Stiftungen finanziell unter Druck geraten könnten, wenn Glocks Exfrau mit ihren Klagen auf Unterhalt und Vermögensaufteilung durchkäme, insgesamt seien die Stiftungen in 28 Verfahren involviert gewesen. Also habe man Glock "gedrängt" zu sparen. Vor allem die hohen Zuwendungen aus den Stiftungen waren den Klägern ein Dorn im Auge. Im Prozess wurde bekannt, dass das von 2014 bis 2019 mehr als 380 Mio. Euro waren; sehr viel davon floss ans 2010 gegründete Pferdezentrum GHPC, das in den Niederlanden einen Zucht- und Turnierbetrieb führt und wertvollste Pferde sein eigen nennt. Von Sparplänen hätten Glocks "aber nichts hören wollen".

Auch diese Aussage blieb nicht unwidersprochen. Die Stiftungen hätten sich auch einen "sehr ungünstigen Verlauf im Scheidungsverfahren" leisten können, sagte ein Exvorstand, ein Stiftungsprüfer sah es ähnlich.

Starke Stiftungen

Tatsächlich wurde dann ein Vergleich mit Helga Glock gefunden, den die Stiftungen offensichtlich stemmen konnten, ohne dass es zusätzliche Ausschüttungen der Glock GmbH gebraucht hätte. Kurz zur Einordnung: Der Konzern hat 2020 rund 780 Mio. Euro umgesetzt, der Gewinn hat sich binnen Jahresfrist auf 167 Mio. Euro verdreifacht.

Das Unternehmen selbst gab zum laufenden Verfahren auf Anfrage des STANDARD keine Stellungnahme ab. Der Prozess am Landesgericht Wien wird im März fortgeführt, das Urteil am Handelsgericht ergeht schriftlich. (Renate Graber, 4.12.2021)