Trainer Karl Frehsner 1999 in Vail mit seinen erfolgreichen WM-Teilnehmerinnen: Alexandra Meissnitzer, Stefanie Schuster, Michaela Dorfmeister und Renate Götschl.

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Frehsner ist im Winter weiterhin sehr umtriebig, ist als 82-Jähriger noch beim Schweizer Skiverband engagiert.

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Trifft man den früheren Skitrainer Karl Frehsner zufällig bei einem Weltcuprennen, dann kann die Kontaktaufnahme wie folgt ablaufen. Frehsner: "Vom STANDARD? Das ist die schlimmste Zeitung von allen." Konter: "Peter Schröcksnadel nennt die beste Tageszeitung des Landes stets – kein Scherz – seine Lieblingszeitung." Frehsner: "Wer ist Schröcksnadel?" Der "eiserne Karl" wirkt auch mit 82 noch sehr vital und eloquent. Über seinen Sinn für Humor ließe sich freilich streiten.

Der Sohn eines Holzfällers aus Unterlaussa an der Grenze zwischen Oberösterreich und der Steiermark war für seinen schroffen Charakter und autoritären Führungsstil bekannt. Sein Anspruch war es, aus allem das Maximum herauszukitzeln, er galt als akribischer Arbeiter und Pionier. So schickte er als Erster Rennläufer in den Windkanal. Und er konnte als einer der Ersten in der Szene mit einem Computer umgehen. "Elektronik war immer mein Spezialfach."

Disziplin als oberstes Credo

Wenn sich Trainer Frehsner im Rennmodus befand, war Vorsicht geboten. Dann soll sogar seine Frau Rosmarie froh gewesen sein, wenn er das Haus verließ. "Ich war nicht einfach, aber konsequent. Disziplin war das Wichtigste", sagt er. Das bekamen die Schweizer Rennläufer Peter Müller und Paul Accola zu spüren. Ersteren ließ er einmal zurück, weil er zu spät am Treffpunkt auftauchte, Zweiterem nahm er die Startnummer weg, als er bei einer Teamsitzung fehlte. "Athleten konnten ihre Meinung sagen, entschieden habe ich. Sie haben nichts anderes zu tun, als vom Start bis ins Ziel schnell zu fahren."

Frehsner war 17 Jahre Cheftrainer der Schweizer Männer, betreute in den späten 90er-Jahren fünf Jahre lang Österreichs Frauen um "Speedqueen" Renate Götschl. 2004 trat er mit 65 als Trainer zurück, blieb dem Skisport aber bis heute erhalten. Zwischenzeitlich war er im Privatteam von Lara Gut-Behrami engagiert, aktuell kümmert er sich um die Optimierung der Rennanzüge bei Swiss-Ski. Viel habe sich geändert. "Jede Idee, die durch einen Kopf schießt, wird per Handy weitervermittelt", sagt er. "Du musst bei Social Media, bei jedem Scheißding, dabei sein. Aber das hält dich auch jung."

Probleme mit seinen Schützlingen löste er rustikal im Handumdrehen. "Wer nicht mitmachen wollte, konnte gehen. Ich habe gesagt, ob du fährst oder nicht, ist mir scheißegal, fährt halt ein anderer. Fertig, aus. Meissnitzer hat zu mir gesagt: ‚Wenn du so ein Spinner bist und weißt, wie es geht, dann mache ich, was du sagst. Aber wehe, wenn es nicht aufgeht.‘ Sie hat dann aber alles gewonnen, und die anderen haben mitgezogen."

Nicht nur Skisport

Frehsner lernte Karosseriespenglerei und Skibau. Bevor er sich 1960 in Dietikon, Kanton Zürich, niederließ und für verschiedene Skifirmen arbeitete, war er in Mittersill bei Blizzard engagiert. Ab 1976 war er für den Schweizer Skiverband tätig. In den 80er-Jahren feierte er mit Pirmin Zurbriggen, Müller und Franz Heinzer ("Als Trainer war er ein Verrückter, ein Wahnsinniger") Erfolg um Erfolg. Unter seiner Leitung sackten die Eidgenossen insgesamt 35 Medaillen bei Großereignissen ein.

Danach war Frehsner zwei Jahre lang erster Chefrenndirektor beim Weltverband Fis, ehe er als Betreuer von Heinz-Harald Frentzen und Karl Wendlinger bei Sauber ein Intermezzo in der Formel 1 folgen ließ. Ab 1997 half er den Österreicherinnen zunächst als Abfahrtscoach und dann als Cheftrainer auf die Sprünge. Mit dem Team um Götschl und Alexandra Meissnitzer wurden 18 Medaillen eingefahren und mit 20 Saisonerfolgen ein Allzeitrekord im Weltcup aufgestellt.

"Sie haben zu mir gesagt: ‚Mit Schröcksnadel kommst du sowieso nicht aus. Und Damentrainer auch noch, das kann nicht gutgehen.‘ Es ist aber gutgegangen." Mit dem langjährigen ÖSV-Präsidenten habe er nicht ein Problem gehabt. "Einmal hat eine Athletin wegen irgendetwas reklamiert, er hat gesagt, ‘geh zu Frehsner, für dich gilt, was er sagt, sonst kannst du nach Dubai fahren.’ Er ist immer dahintergestanden."

Haider-Fan

Das Wichtigste im Sport sei es, eine Vision zu haben, sagt Frehsner. "Du musst überlegen, wie es aufgehen kann. Als Trainer kannst du ihnen nur helfen, ihre Qualitäten besser zu entfalten. Dafür braucht es Gefühl. Was kann er, wie tickt er?" Dabei war der "Eiserne" eher bekannt als Mann fürs Grobe. So mag es auch nicht verwundern, dass sich der "politisch sehr interessierte" Frehsner seinerzeit in einem Interview mit dem Profil als "kein Gewerkschaftstyp" und als Jörg-Haider-Fan outete: "Ein guter Mann, der die Dinge dank seiner Visionen vorantreiben kann."

Seine Frau schlug in dieselbe Kerbe, war bei der rechtspopulistischen SVP von Christoph Blocher politisch engagiert. Frehsner: "Die sind nicht unbedingt die Partei der Ausländerfreunde, aber in manchen Dingen haben sie recht."

Extrembergsteiger

Frehsner brachte es nicht nur als Trainer weit. "Ich habe mir als Kind in den Kopf gesetzt, die Eiger-Nordwand zu bezwingen." 1961 ist ihm mit einer Seilschaft die insgesamt 21. Begehung der legendären Kletterroute gelungen. "Dort sind zehn Jahre vor uns alle abgestürzt und verreckt. Es war keine Frage der Zeit, wir wollten nur rauf. Wir haben fast drei Tage gebraucht." Damals war freilich vieles anders: "Es gab keine richtige Ausrüstung, keine Verbindung nach unten, keinen verlässlichen Wetterbericht. Nach der Hinterstoisser-Querung hat dich keiner mehr gerettet. Ich kannte einen Privatflieger vom Flugplatz in Interlaken, er flog her, hat den Motor abgestellt und uns zugeschrien: ‚Das Wetter bleibt gut!‘"

Nicht alles gut

Um die Aussichten für den Skisport macht sich Frehsner keine großen Sorgen. Er bekrittelt aber, dass Rennläufer vor Zuschauern zu sehr abgeschirmt werden. "Der Kontakt mit den Athleten wäre das Wichtigste." Er wünscht den Verantwortlichen der Skifahrt viel Glück, dass sie ihre Visionen erfolgsbringend umsetzen können. "Der Skisport ist ein gewachsener Sport, man fährt immer noch auf Ski und auf Schnee. Mal dreht es mehr, mal weniger. Wenn sie aber einem Abfahrer in Kitzbühel das zahlen wollen, was er riskiert, dann müssen sie ihm viel zahlen."

Mit Sport generell lasse sich jedenfalls eines erzielen: Selbstsicherheit. "Du kannst heute gewinnen, morgen verlieren, übermorgen aber wieder gewinnen. Wenn du in der Wirtschaft einen Absacker hast, musst du lange kämpfen, bis du wieder oben bist."

Auch als 82-Jähriger ist Frehsner noch bei einigen Rennen dabei. Die Betreuung der Vorfahrer in Wengen werde er nach zwölf Jahren langsam abgeben. "Aber umso mehr man aufgibt, umso mehr lässt es nach, weil man weniger Motivation hat, etwas zu bewältigen." (Thomas Hirner, 6.12.2021)