Auch den Drogenkurieren will die Regierung das Handwerk legen.

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Eine Million Menschen in Großbritannien haben einer von der britischen Regierung beauftragten Studie zufolge im vergangenen Jahr Kokain konsumiert, 300.000 nutzten regelmäßig Crack und andere Opiate. Fast acht Milliarden Pfund, also etwa 9,5 Milliarden Euro, werden in dem Land mit 67 Millionen Einwohner am Drogenschwarzmarkt Jahr für Jahr umgesetzt. Zu einem hohen Preis: Schätzungen zufolge wird der Konsum verbotener Drogen 2021 mehr als 4.500 Menschen das Leben kosten oder gekostet haben.

Für Boris Johnson, dem konservativen Regierungschef, sind diese Zahlen Grund genug zum Handeln. Er will nicht nur den illegalen Suchtmitteln samt Dealerinnen und Dealern den Krieg erklären, sondern auch den Konsumentinnen und Konsumenten. In seinem Zehnjahresplan, den er am Montag vorstellte, soll nun der Druck auf "Lifestyle-Konsumenten" erhöht werden – mittels zum Teil neuartiger Strafen.

Weil nach Ansicht der Regierung vor allem wohlhabende Nutzerinnen und Nutzer den Drogenhandel zum Florieren bringen, zielt Johnsons Maßnahmenkatalog besonders auf den sozialen Status von Verdächtigen ab. Der Premier verteidigte seinen Plan am Wochenende in einem Interview mit der Boulevardzeitung "Sun on Sunday": "Wir müssen uns neue Wege anschauen, wie wir sie (wohlhabende Drogenkonsumentinnen und -konsumenten, Anm.) bestrafen können. Es geht um Dinge, die sie tatsächlich in ihrem Leben stören."

Wie Fußball-Hooligans

Die Polizei kann demnach künftig die auf den Mobiltelefonen von geschnappten Dealerinnen und Dealern gespeicherten Kontakte heranziehen und die mutmaßliche Kundschaft – auch wiederholt – direkt vor Drogenmissbrauch warnen, wie es heißt. Wer beim Drogenkonsum erwischt wird, läuft zudem auch Gefahr, ähnlich wie amtsbekannte Fußball-Hooligans Reisepass oder Führerschein eine Zeit lang einzubüßen.

Darüber hinaus will die Regierung aber auch den Drogenbanden das Handwerk legen. Oftmals verfügten diese über ein regelrechtes Handelsnetz quer durch das Land, meist auf dem Rücken "verwundbarer" Jugendlicher, die von den Gangs als Drogenkuriere angeheuert werden. Auch die Behandlung von Drogensüchtigen soll forciert werden, in 50 Städten zwischen Dover und Belfast soll in Einrichtungen investiert werden, die sich der Entwöhnung von Abhängigkeit widmen.

Kritik

Die Opposition liest aus Johnsons Plan nicht allzu viel Gutes heraus. "Die Regierung macht viel zu viele Versprechen und scheitert dann an der Umsetzung", sagt Labour-Schatteninnenministerin Yvette Cooper. Niamh Eastwood, Direktorin des Londoner Thinktanks Release, der sich vor allem mit Drogenpolitik befasst, hält die Strategie der britischen Regierung für rückwärtsgewandt: "Der Fokus auf mehr Bestrafung ist nur eine Fortsetzung der alten Hardlinerpolitik, die wir schon seit Jahrzehnten in Großbritannien gehabt haben", sagte sie dem "Guardian". Während anderswo, neuerdings etwa in Deutschland, Cannabis legalisiert wird und in New York bald Konsumstuben eröffnet werden sollen, geht Großbritannien den umgekehrten Weg und "kopiert den Krieg gegen die Drogen eines Richard Nixon". (red, 6.12.2021)