In Protestcamps fordern Aktivistinnen und Aktivisten auch das Ende für die Wiener Stadtstraße in der Donaustadt.

Foto: Karl Schöndorfer Toppress

Wien – Das Aus für den Lobautunnel geht ihnen nicht weit genug: Nach der Ankündigung der grünen Verkehrsministerin Leonore Gewessler, das Autobahn-Milliardenprojekt nicht mehr weiterzuverfolgen, treten Umweltorganisationen weiterhin auch für ein Ende des Bauvorhabens Stadtstraße ein. Diese soll die Südosttangente (A23) mit der Seestadt Aspern verbinden. Am Montag karrten Umweltschützer von Greenpeace, Fridays for Future sowie System Change not Climate Change einen roten Betonmischer vor das Rathaus, um sich "für das Ende der Betonpolitik der Wiener SPÖ" einzusetzen.

Massiver Öffi-Ausbau statt Straße

Statt des Straßenbauprojekts fordern die NGOs einen sofortigen Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel sowie Radwege jenseits der Donau. Als Beispiel werden Expressbuslinien, der beschleunigte Bau von Straßenbahn-Querverbindungen in Floridsdorf und der Donaustadt und auch Öffi-Linien ins niederösterreichische Umland angeführt. S-Bahn-Strecken wie S8, S10 und S11 sollen verlängert, die Ostbahnbrücke viergleisig ausgebaut werden.

Mindestens zwei Personen pro Auto in Rushhour

Zudem verlangen die Umweltschützer von der rot-pinken Stadtregierung die Vorlage eines konkreten Maßnahmenplans, wie selbstauferlegte Klimaziele erreicht werden sollen. SPÖ und Neos haben sich darauf verständigt, die Anzahl der Auto-Pendler bis 2030 um die Hälfte zu reduzieren, Verkehrsemissionen sollen bis dahin ebenfalls um die Hälfte verringert werden. Ein Vorschlag der Umweltschützer: In den Rushhours im Individualverkehr sollen Autos verpflichtend mit mindestens zwei Personen besetzt sein.

Auch SPÖ-Jugend gegen Stadtstraße und Lobautunnel

Unterstützung in ihrem Vorgehen gegen Stadtstraße und Lobautunnel erhalten die Umweltschutzorganisationen übrigens vom SPÖ-Nachwuchs: Auch Sozialistische Jugend (SJ) und Junge Generation (JG) treten dagegen auf. Die JG reichte noch vor der Absage des Wiener SPÖ-Landesparteitags einen Antrag ein, wonach "ein klares Nein" zur Stadtstraße, zum Lobautunnel und zur S1-Spange verlangt wird. Stattdessen wird wie von den Umwelt-NGOs ein massiver Öffi-Ausbau gefordert. Ein Beispiel ist der Ausbau der S45 bis zum Praterkai.

Stadträtin Sima hält am Projekt fest

Verkehrs- und Planungsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) hält auf Anfrage am Projekt Stadtstraße fest. Diese sei notwendig, um rasch mit dem Bau von leistbaren Wohnungen in der Seestadt Nord beginnen zu können. Insgesamt gehe es um Wohnungen "für rund 60.000 Menschen in den Stadtentwicklungsgebieten", sagte Sima. Das schließt die Seestadt samt Wohngebieten entlang der geplanten 3,2 Kilometer langen vierspurigen Gemeindestraße ein. Die Straße soll zur Hälfte untertunnelt werden, der Rest wird tiefergelegt.

Baustart weiter offen

Ein Baustart ist weiterhin offen, dieser soll aber "so schnell wie möglich" erfolgen, sagte eine Sprecherin Simas am Montag. Seit drei Monaten halten aber Aktivistinnen und Aktivisten Baustellen für Vorarbeiten bei der Stadtstraße besetzt. Hier setze man "weiter auf Dialog", heißt es aus dem Rathaus.

So soll eine weitere, dritte Gesprächsrunde mit den Besetzern sowie Vertretern der Stadt Mitte der kommenden Woche steigen. Stadträtin Sima wird aber auch am dritten Termin nicht persönlich teilnehmen: Die Gespräche würden "auf hoher Beamtenebene" stattfinden, sagte eine Sprecherin von Sima. (David Krutzler, 6.12.2021)