Bild nicht mehr verfügbar.

Olaf Scholz wird Angela Merkel als Kanzler nachfolgen.

Foto: REUTERS / HANNIBAL HANSCHKE

Die letzten Vorbereitungen für den großen Tag von Olaf Scholz (SPD) begannen am Dienstag um neun Uhr. Da versammelten sich die Spitzen der künftigen deutschen Ampelkoalition im Berliner Futurium, das sich Zukunftsentwicklungen und -technologien widmet, um den Koalitionsvertrag zu unterzeichnen. Der Ort war mit Bedacht gewählt, SPD, Grüne und FDP wollen schließlich Aufbruch signalisieren.

Dass neue Zeiten bevorstehen, merkte man wenig später, als der künftige Kanzler Scholz sowie die Parteichefs Robert Habeck (Grüne) und Christian Lindner (FDP) sich erstmals gemeinsam in der Bundespressekonferenz den Fragen der Presse stellten.

Die Unterschriften von Olaf Scholz und den übrigen Vertragsverhandlern sowie grün-rot-gelbe Lesebändchen.
Foto: EPA/Bilan

"Aufbruch"

"Es geht um einen Aufbruch, den wir in schwieriger Zeit zustande bringen müssen", sagte Scholz bloß kurz. Keine lange Einführung, keine ausufernden Reden, sofort waren die Fragen dran.

Auffallend: Bei der ersten Pressekonferenz des Trios war der Wunsch nach Harmonie deutlich spürbar. Scholz wurde gleich einmal gefragt, warum jetzt wieder drei Männer auf dem Podium säßen, wenn er doch so für Parität sei. Seine ausweichende Antwort: "Es ist wichtig, dass Frauen und Männer zur Hälfte in diesem Kabinett vertreten sind."

Viel wurde über Außenpolitik gesprochen. Scholz betonte, dass eine "starke europäische Union", die transatlantische Partnerschaft und eine multilaterale Welt wichtig seien. Besorgt äußerte er sich über den russischen Truppenaufmarsch an der Grenze zur Ukraine. Es gebe Prinzipien für die Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa. "Dazu gehört die Unverletzlichkeit und Unverletzbarkeit der Grenzen. Es ist ganz, ganz wichtig, dass niemand in den Geschichtsbüchern wälzt, um Grenzen neu ziehen zu können", erklärte er. Es müsse klar sein, "dass das eine inakzeptable Situation wäre, wenn da eine Bedrohung entstünde für die Ukraine".

Bild nicht mehr verfügbar.

Die Parteizugehörigkeiten von Annalena Baerbock und Saskia Esken werden vom jeweiligen Festtagsgewand unterstrichen.
Foto: Reuters/Schwarz

"Sehr ernste Lage"

Ob die Gaspipeline Nord Stream 2 ein Druckmittel sein könne, wird gefragt. Scholz: "Wir verfolgen die Situation in der Ukraine sehr sorgfältig. Es ist eine sehr ernste Lage. Wir bestehen unmissverständlich auf der Unverletzbarkeit der Grenzen." Habeck erklärte: "Nord Stream 2 ist nicht genehmigt. Die Überprüfung der Vorgaben dauert an. Wir werden noch mal politisch darüber reden, wie die außenpolitische Situation in der Ukraine und die europäische Möglichkeit zu deeskalieren zusammenwirken können." Nicht sagen wollte Scholz, ob sich Deutschland unter seiner Führung den USA beim diplomatischen Boykott der Olympischen Spiele in China anschließen werde.

Konkreter wurde der künftige Finanzminister Lindner, als er nach einer Impfpflicht gefragt wurde, mit der sich viele Liberalen ja schwertun. "Die Einführung einer Impfpflicht ist kein Vorhaben der Ampelkoalition", betonte er. Wenn im Bundestag Anträge dafür vorliegen, werde es bei der Abstimmung keinen Fraktionszwang geben. Als jemand von Lindner wissen will, was er als Finanzminister als Erstes umsetzen werde – abgesehen vom Nachtragshaushalt –, wollte er sich nicht festlegen. Er werde keine Auskunft geben, "bevor ich überhaupt das Haus betreten habe".

Olaf Scholz, Robert Habeck und Christian Lindner wollen "mehr Fortschritt wagen".
Foto: AFP/Schwarz

Das soll dann am Mittwoch der Fall sein. Zunächst wird Scholz im Bundestag zum Kanzler gewählt. Nach der Vereidigung des Kabinetts übernehmen die neuen Ministerinnen und Minister ihre Häuser. Die Übergabe des Kanzleramts von Angela Merkel an Scholz findet am Nachmittag statt. Am Donnerstag trifft Scholz mit den Ministerpräsidenten der Länder zusammen, um über Corona-Maßnahmen zu beraten, am kommenden Dienstag fliegt er nach Paris. (Birgit Baumann aus Berlin, 7.12.2021)