Social Media zur Unterhaltung und traditionelle Medien, wenn es ernst wird: Dieses Bild zeichnet eine Studie zur Mediennutzung junger Erwachsener.

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In einer ereignisreichen Zeit wie der Corona-Pandemie ist es nicht immer einfach, sich vernünftig zu informieren. Auf welche Weise sich junge Erwachsene im ersten Lockdown ein Bild über die Gesamtsituation verschafften, haben die Medienwissenschafterinnen Gisela Reiter und Jana Bernhard von der Fachhochschule Wien der Wirtschaftskammer Wien untersucht.

Das Ergebnis ihrer qualitativen Studie: Die befragten 18- bis 25-Jährigen verblieben nicht ausschließlich auf Social-Media-Kanälen, sondern wandten sich wieder vermehrt traditionellen Medien zu: "Die Mediennutzung hat sich in dieser Gruppe extrem gesteigert", berichtet Reiter.

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Dabei habe sich nicht nur der Nachrichtenkonsum an sich verstärkt, auch die Anzahl der genutzten Kanäle nahm zu: "Es hat in dieser Gruppe die Tendenz gegeben, eingefahrene Mediennutzungsroutinen zu verlassen. Es wurde nicht mehr bloß auf Social Media irgendwas gecheckt, sondern es hat ein Zurückbesinnen auf alte Mediennutzungsmuster gegeben."

So wurden pünktlich zur Ausstrahlung Nachrichten wie die "ZiB" angesehen, was in dieser Altersgruppe laut vorherigen Nutzungsstudien so vor Corona selten vorkam: Nachrichten wurden, wenn überhaupt, meist über soziale Medien wie Instagram konsumiert.

Eine Art Fernseh-Revival

Das sei zwar immer noch der Fall, aber das klassische Fernsehen habe im ersten Lockdown bei jungen Erwachsenen ein Revival erlebt: "Dass es hier irgendwann mal wieder zu diesem linearen Medienkonsum kommt, hat sich vorher überhaupt nicht abgezeichnet. Der Großteil hat ja nicht einmal mehr einen Fernseher, sondern streamt am Display."

Während aber vorher solche Inhalte dann abgerufen wurden, wenn es zeitlich passte, wurden im Lockdown die Nachrichten vermehrt zur Ausstrahlung eingeschaltet. Auch die Pressekonferenzen der Bundesregierung waren ein täglicher Fixpunkt für das neue Publikum.

Weniger Boulevard und Social Media

Des Weiteren stiegen die Ansprüche der jungen Zuseherinnen und Zuseher, sagt Reiter: "Vor allem die Angebote der Öffentlich-Rechtlichen und der Qualitätsmedien haben einen hohen Zuspruch bekommen. Es hat sich eindeutig gezeigt, dass sich die Rezeption von Boulevardmedien und Social Media weg in Richtung traditionelle Qualitätsmedien entwickelt hat."

Reiter erklärt das wie folgt: In früheren Nutzungsstudien habe sie beobachtet, dass viele junge Menschen ihre Medienkompetenz so einschätzen, dass ihnen durchaus bewusst ist, dass die von ihnen hauptsächlich genutzten sozialen Medien nicht unbedingt immer vertrauenswürdige Informationen liefern.

Da man solche gerade in der Krise erhalten wollte, bekamen traditionelle Medien entsprechend Zulauf: "Social Media wird vor allem zur Unterhaltung genutzt. Aber wenn es ans Eingemachte geht, dann scheint es so zu sein, dass die traditionellen Qualitätsmedien die Informationsquelle Nummer eins darstellen."

Kurzfristiger Effekt

Dass durch Corona jetzt eine ganze Generation von News-Junkies herangewachsen ist, lässt sich aber auch nicht konstatieren. Es verdichten sich nämlich die Hinweise, dass der Boom im ersten Lockdown doch gar nicht so lange angehalten hat: Eine ähnlich wie jene von der FH Wien aufgebaute Studie des Instituts für Publizistik der Freien Universität Amsterdam kam zu dem Ergebnis, dass es unter jungen Erwachsenen in den Niederlanden während der ersten Welle vier Phasen des Medienkonsums gegeben habe: Bevor Covid-19 das eigene Land noch nicht erreicht hatte, herrschte eher Desinteresse.

Als die Pandemie auch in den Niederlanden angekommen war, wurden Nachrichten intensiv konsumiert. Bald danach stellten sich jedoch auch Effekte der Übersättigung und Übermüdung ein. Letztlich, als man sich an die Krisensituation gewöhnt hatte, pendelte sich der Nachrichtenkonsum wieder auf dem Niveau vor Corona ein.

Den Qualitätsmedien werden ihre neuen Fans, die sie in der Pandemie gewonnen haben, somit wohl nicht automatisch erhalten bleiben. Wie das gelingen kann, dafür hat Reiter keine konkrete Lösung parat: "Wahrscheinlich kann es nur funktionieren, wenn man den Nutzern die eigene Relevanz immer wieder vermittelt." Zudem rät Reiter, dass Nachrichtenmedien ihre Social-Media-Aktivitäten weiter ausbauen sollten, da darin die Zukunft liege. (Johannes Lau, 14.12.2021)