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Der britische Premierminister Johnson interessiert sich nicht nur für Marsrover, sondern will die Raumfahrtaktivitäten des Vereinigten Königreichs insgesamt ausweiten.

Foto: AP/Alastair Grant

Die britische Regierung hat bereits nach dem Brexit größere Investitionen in die Raumfahrtbranche angekündigt. Kürzlich wurde dann die erste nationale Raumfahrtstrategie veröffentlicht, die Londons Ziele skizziert: So sollen mehrere Weltraumbahnhöfe errichtet werden, etwa im hohen Norden Schottlands und auf der nördlichsten Shetland-Insel Unst, von denen aus bereits 2022 erstmals kleine Satelliten ins All geschossen werden könnten. Premierminister Boris Johnson rief in dem Dokument gar ein "Galactic Britain" (Galaktisches Großbritannien) aus.

Großbritannien erhofft sich von der Stärkung der Raumfahrtbranche wirtschaftliches Wachstum und die Entwicklung zu einer "technologischen Supermacht". Schon jetzt arbeiten rund 45.000 Menschen in der Branche, durch die geplanten Projekte sollen tausende neue Jobs entstehen. Auch ein sicherheitspolitischer Aspekt wird im britischen Strategiepapier hervorgehoben: "Unsere potenziellen Gegner entwickeln Fähigkeiten, die unsere Bevölkerung und unsere Infrastruktur gefährden und den Schutz Großbritanniens erschweren. Der Weltraum verändert sich, und Großbritannien muss darauf reagieren."

"Unschöne Überschrift"

Europas ehemaliger Raumfahrtchef Jan Wörner kritisiert den nationalistischen Unterton der britischen Pläne. Dass das Vereinigte Königreich mehrere Raketenstartplätze auf seinem Territorium plant, sei zwar nicht antieuropäisch, sagte Wörner der Deutschen Presse-Agentur. "Aber es ist nicht schön unter einer nationalen Überschrift", betonte der frühere Generaldirektor der Europäischen Weltraumorganisation (Esa).

"Raumfahrt hat immer gut über Grenzen hinweg funktioniert", sagte Wörner mit Blick auf die Internationale Raumstation (ISS). Und mit Verweis auf die Zusammenarbeit von Russland mit EU und USA trotz politischer Spannungen betonte er: "Raumfahrt ermöglicht eine Kooperation selbst in Krisenzeiten." Er sei stets gegen national ausgerichtete Raumfahrtaktivitäten gewesen: "Aus dem Weltraum sieht man keine Grenzen."

Viertgrößter Beitragszahler

Wörner betonte, dass Großbritannien keinesfalls als einziges Esa-Mitglied einen nationalen Weg stärke. Auch Länder wie Frankreich und Deutschland übten dahingehend Druck aus. Es sei grundsätzlich gut, dass Großbritannien die Raumfahrt fördere, sagte Wörner, mahnte aber zur weiteren Zusammenarbeit. "Besser wäre ein starkes Großbritannien in einem starken Europa."

Sein europäisches Engagement aufgegeben hat das Vereinigte Königreich keineswegs. Das Gründungsmitglied der Europäischen Weltraumorganisation ist derzeit mit einem Beitrag von 418,8 Millionen Euro (Budget 2021) nach Frankreich, Deutschland und Italien der viertgrößte Beitragszahler und in zahlreiche Projekte involviert. Aktuell wurde mit der Vertragsunterzeichnung zum Bau des neuen Weltraumteleskops Ariel, das ab Ende des Jahrzehnts Exoplaneten erforschen soll, ein neues Großprojekt mit starker britischer Beteiligung auf den Weg gebracht. (dare, APA, 7.12.2021)