Der designierte SPD-Generalsekretär und frühere Juso-Chef Kevin Kühnert auf Twitter zur Bestellung von Karl Lauterbach zum Gesundheitsminister.

"Die Zeit" (Hamburg): Vorrang für Fachkompetenz

"Es hätte nicht nur an Scholz' sorgsam gepflegtem Image als Vermittler und Moderator genagt, ihn nicht zu ernennen. Es hätte auch die Frage aufgeworfen, ob in einem politischen Betrieb nicht grundsätzlich etwas falsch läuft, wenn Fachkompetenz bei der Besetzung von Ministerposten nur ein nachrangiger Aspekt ist."

"Die Welt" (Berlin): Eine Provokation

"Lauterbach ist eine Provokation. Nicht nur für die mitregierende FDP, auch für Millionen Bürger; eben die, die ihn in den sozialen Medien nicht mit Ruhm und Ehre, sondern mit Spott und Hass überschütteten. (...) Scholz riskiert mit dieser Personalie nicht, dass die Pandemiebekämpfung fachlich scheitert. Er riskiert, dass sie gesellschaftlich scheitert."

"Frankfurter Allgemeine Zeitung": "Evidenzbasiert bis unter die Nägel"

"Gerade noch rechtzeitig hat Scholz gemerkt, dass Lauterbach nicht etwa trotz seiner Nibelungentreue zur wissenschaftlichen Medizin, sondern wegen seiner fernsehtauglichen Dauerberieselung aus Oxford- und Harvard-Studien für viele zum Politiker der Herzen geworden ist. Mit Expertise und Kompetenz politisch Karriere machen, das klingt für viele exotisch, ist aber offensichtlich möglich. Auf der anderen Seite geht es hier um einen Ministertypus, den eine Volkspartei sich erst mal leisten können muss: evidenzbasiert bis unter die Nägel. Interessenausgleich gehört nicht zum Markenkern Lauterbach. (...) Das Spaltungspotenzial seiner Berufung ist enorm – und bleibt über die aktuelle Gesundheitskrise erhalten."

"Bild" (Berlin): Lieber am Kabinettstisch

"So einen Genossen hat man besser am Kabinettstisch als allabendlich in einer Talkshow."

"Münchner Merkur": Keine Euphorie

"Regiert wird nicht bei Lanz oder Maischberger, sondern in den Ministerien. Die riesigen Häuser drohen Politiker mitunter zu absorbieren. Gesundheitskollege Jens Spahn etwa startete mit großen Ankündigungen, doch mit dem Missmanagement implodierte seine Amtszeit geradezu. Ihm folgt also Lauterbach, den offenbar weder Scholz noch seine Fraktion ursprünglich für ministrabel hielten. Euphorie kommt da nicht auf."

Scholz und Lauterbach im Willy-Brandt-Haus in Berlin.
Foto: Imago Images / Florian Gärtner

"Süddeutsche Zeitung" (München): Starkes Signal

"Auffällig ist (...), dass Scholz schon während der Personalvorstellung gerade an Lauterbach ein kleines Exempel statuiert hat. Noch bevor der designierte Minister eine unmissverständlich an ihn gerichtete Journalistenfrage beantworten durfte, erteilte Scholz ihm ein nur eingeschränktes Rederecht. Lauterbach sollte in allenfalls zwei Sätzen darlegen, was die von Corona geplagten Menschen an Weihnachten erwartet. Die kleine Darbietung gewährte Einblicke in die Scholz vorschwebende Machtmechanik der künftigen Regierung. Von den sozialdemokratischen Kabinettsmitgliedern wird unbedingte Disziplin erwartet (...).

Die aber längerfristig wohl wichtigste Botschaft des sozialdemokratischen Personaltableaus enthält die Berufung der Frauen ins Kabinett. (...) Es lässt sich darüber streiten, ob Scholz sein Versprechen der Parität nun vollumfänglich erfüllt hat. (...) Entscheidender aber ist, dass Scholz in der Hessin Nancy Faeser erstmals eine Frau an die Spitze des Innenministeriums holt und auch das Schicksal der Bundeswehr erneut in weibliche Hände legt. Es ist ein starkes Signal über die deutschen Grenzen hinaus (...)."

"die tageszeitung" (Berlin): Kein Katzbuckeln mehr

"Ihre 'wertegeleitete Außenpolitik' werde aus 'Dialog und Härte' bestehen, kündigte sie (die neue Außenministerin Annalena Baerbock, Anm.) in der taz an. Gleichzeitig schloss Baerbock Importverbote für Produkte aus der Uigurenregion Xinjiang und sogar einen Boykott der Olympischen Winterspiele nicht aus. Das Auswärtige Amt kommt damit im 21. Jahrhundert an. Angela Merkel hat 16 Jahre lang in Peking auch gekatzbuckelt, damit China erster Handelspartner der Deutschen wird. Dabei allein darf es nicht bleiben, denn Chinas Diktatur gefährdet unsere Demokratien." (red, 7.12.2021)