Die Details zu Algorithmen der sozialen Medien sind Sache der sozialen Medien – obwohl sie damit maßgeblich unseren Informationsfluss kontrollieren.

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Tiktoks Algorithmen sind gemacht, um Nutzerinnen und Nutzer zu halten. Youtubes Algorithmen sind gemacht, um Nutzerinnen und Nutzer zu halten. Und Facebooks Algorithmen? Sie sind gemacht, um Nutzerinnen und Nutzer zu halten. Das ist zunächst nicht weltbewegend, Unternehmen wollen eben Geld verdienen. Und doch zeigen Leaks immer wieder, wie viel Aufwand die sozialen Medien betreiben, um ihre Userschaft nicht nur zu sich zu locken – sondern sie gar abhängig zu machen, ohne Rücksicht auf die Folgen.

Welche das sein könnten, zeigt eine aktuelle Klage von Rohingya-Flüchtlingen aus Myanmar: Facebook sei demnach für Gewaltwellen gegen die muslimische Minderheit verantwortlich. Die Algorithmen des Konzerns, gepaart mit nachlässiger Moderation, hätten hetzerische Inhalte bevorzugt – und so den Hass auf die Ethnie befeuert.

Facebook schert sich kaum um Ausland

Zu dieser Klage kommen konnte es erst dank Whistleblowern wie der ehemaligen Mitarbeiterin Frances Haugen. Die einstige Facebook-Managerin hat belegt, was Forschende zuvor befürchteten: wie wenig Aufwand der Konzern betreibt, um Desinformation und Hassrede zu verhindern.

Sie zeigte auch, dass vor allem kontroverse Inhalte – wie Hass – für große Resonanz sorgen. Und sie zeigte, dass diese Problematik in den USA und in der EU schon groß ist. Doch in Entwicklungs- und Schwellenländern ist sie noch viel schlimmer. Dort steckt Facebook kaum Ressourcen in die Inhaltsmoderation – und lässt so seine Algorithmen vollkommen frei wüten.

Die Demokratie verträgt das auf Dauer nicht

Dass etwas mit der Art, wie soziale Medien funktionieren, nicht stimmen kann, wissen wir nur, weil wir die Probleme zu spüren bekommen: Wir erleben immer öfter Phänomene wie Verschwörungsmythen, Polarisierung und Hass. In dieser Form wird unsere Demokratie das auf Dauer wohl nicht vertragen.

Doch warum es zu diesen Entwicklungen überhaupt kommt, haben wir bisher nur erfahren, weil Whistleblower es uns gezeigt haben. Es stellt sich die Frage, warum es diese überhaupt braucht, damit wir jene Dienste, die wir täglich stundenlang nutzen, wirklich verstehen.

Die Algorithmen der sozialen Medien sind ein Geheimnis der sozialen Medien, obwohl sie damit maßgeblich unseren Informationsfluss kontrollieren. Noch immer weiß niemand außerhalb dieser Konzerne so genau, wie dies geschieht – weder die breite Öffentlichkeit noch die Wissenschaft noch die Behörden.

Mittlerweile wollen Regierungen weltweit regulieren, wie die Plattformen mit Inhalten umgehen. Um das zu tun, sollte die Politik aber zuerst dafür sorgen, dass sie wirklich versteht, was sich ändern müsste. Anderenfalls droht die Gefahr, dass unsere Gesellschaft an einem kaputten System kaputtgeht. (Muzayen Al-Youssef, 7.12.2021)