Gottfried Rath-Zobernig, Sportdirektor des Österreichischen Volleyballverbandes (ÖVV), bestätigt Hans Niessls Aussage, wonach der Sport die Lösung und nicht das Problem sei.

Foto: APA/Hochmuth

Auch der Volleyballsport verliert Mitglieder.

Foto: STANDARD/Urban

Mit dem Ende des vierten Lockdowns öffnet auch der Sport, allerdings mit Beschränkungen. Hallensportarten wie Volleyball hoffen auf eine langfristige Perspektive. Einen neuerlichen Winter, in dem auf- und zugesperrt wird, kann und will sich Gottfried Rath-Zobernig, Sportdirektor des Österreichischen Volleyballverbandes (ÖVV), nicht vorstellen.

STANDARD: Drei Wochen wird der Breitensport am Ende des vierten Lockdowns wieder stillgestanden sein. Was ist vom "Comeback des Vereinssports", wie es Vizekanzler Werner Kogler angekündigt hatte, übriggeblieben?

Rath-Zobernig: Von einem Comeback kann man nicht sprechen, auch wenn die Intention vom Sportministerium richtig war. Den vierten Lockdown steckt niemand leicht weg, das Kontaktverbot ist besonders für Kinder und Jugendliche bitter. Selbst Sport in der Schule ist nur mit Maske erlaubt. Das ist in meinen Augen kein Sportunterricht. Und das weiß jeder, der schon einmal mit einer Maske schnell die Stiegen raufgegangen ist.

STANDARD: Kanzler Nehammer legt sich auf das Ende des generellen Lockdowns fest. Neben dem Handel und der Gastronomie soll auch der Sport für Immunisierte am Montag wieder aufsperren dürfen.

Rath-Zobernig: In Wien kann man jeden Tag einen PCR-Test machen, immer mehr Menschen haben die dritte Impfung. Die Basis für sicheren Sport ist gelegt, die Vorsichtsmaßnahmen sind enorm. Ich würde gerne wissen, wie engmaschig das Testsystem im organisierten Sport im Vergleich zu anderen Bereichen der Gesellschaft ist.

STANDARD: Wie geht es Österreichs Nachwuchsvolleyballern aktuell?

Rath-Zobernig: Es ist eine extrem schwierige Situation, alle Nachwuchsmeisterschaften stehen still. Nach den ersten Lockdowns hatten wir einen hohen Rücklauf an Spielern, die wieder anfangen wollten. Aber je öfter du zusperren musst, desto weniger kommen zurück. Online-Trainings können den direkten Kontakt niemals ersetzen. Das trifft besonders den Mannschaftssport. Was willst du als Volleyballer im Freien üben, abgesehen davon, dass du dir den Ball selbst aufspielst?

STANDARD: Viele Menschen fürchten, dass es ähnlich wie im vergangenen Winter laufen wird, sprich auf eine Öffnung bald der nächste Lockdown folgen wird. Wie kann man sich als Sportverband auf diese Unvorhersehbarkeit einstellen?

Rath-Zobernig: Wir haben Routinen entwickelt, sind extrem schnell geworden, unser System auf einen Lockdown anzupassen. Wir haben mithilfe des Spitzensportparagrafen rasch einen Rettungsschirm gespannt. So verlieren zumindest unsere Nationalteamspieler, auch im Nachwuchs bis hinunter zur U16, keinen Trainingstag mehr. Ein Dauerzustand kann das aber nicht sein. Wenn ich einen Brief ans Christkind schreiben könnte ...

STANDARD: ... was würden Sie sich dann wünschen?

Rath-Zobernig: Die Regierung muss jetzt schon überlegen, wie sie den nächsten Lockdown vermeidet. Es kommen neue Virusvarianten. Ich wünsche mir, dass endlich ein vorausschauender Plan präsentiert wird, eine Strategie, damit Kinder und Erwachsene durchgehend in Bewegung bleiben können. Jeder Manager in der Wirtschaft und jeder Sportverband muss sich überlegen, wie er in naher Zukunft erfolgreich sein kann.

STANDARD: Können speziell Randsportarten weitere Lockdowns verkraften?

Rath-Zobernig: BSO-Präsident Hans Niessl hat einen klugen Satz formuliert: "Der Sport ist nicht das Problem, sondern die Lösung." Ich denke, es geht hier nicht nur um gewisse Sportarten. Wir alle werden die Auswirkungen dieser Politik in ein paar Jahren zu spüren bekommen. Die Kinderpsychiatrien sind voll, das Gesundheitssystem wird auf Jahre mit Patienten belastet sein, die der Bewegungsmangel krank gemacht hat. Ich habe kürzlich gelesen, dass in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland bereits mehr als ein Drittel der Drittklässler in den Volksschulen fettleibig ist. Das sind alarmierende Zahlen für so junge Menschen. (Florian Vetter, 8.12.2021)