Windkraft ist ein essentieller Teil der Energiewende – allerdings schwankt die Versorgung.

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Die Energiewende hin zu nachhaltigen Energiequellen wie Wind- und Sonnenergie ist ein essenzieller Bestandteil im Kampf gegen den Klimawandel. Sie bringt aber auch neue Probleme mit sich, denn die tatsächliche Produktion von Wind- und Solaranlagen variiert und ist schwer vorhersehbar, und diese Schwankungen müssen anderweitig ausgeglichen werden. "Die Faustregel ist, dass es pro zehn Megawatt installierter Kapazität von erneuerbarer Energie auch ein Megawatt an Flexibilität braucht", sagt Jürgen Mayerhofer, Geschäftsführer von Enspired. Sein Start-up nimmt sich dieses Problems an – und konnte nun eine siebenstellige Series-A-Finanzierungsrunde durchführen, wie DER STANDARD exklusiv erfuhr.

Mit Verteilung gegen den Blackout

Die schwankende Stromversorgung ist kein Nischenproblem, sondern kann in Extremfällen zu Blackouts – also großflächigen, länger währenden Stromausfällen – führen. Die Auswirkungen eines solchen Blackouts waren zu Jahresanfang im US-Bundesstaat Texas zu beobachten, wiewohl hier die Kältewelle als Auslöser galt. Auch in Europa wurde bereits mehrfach vor Blackouts gewarnt, in Österreich hat das Bundesheer einen Ratgeber zur Eigenvorsorge bei einem europaweiten Stromausfall veröffentlicht.

Um die Risiken eines Blackouts einzudämmen und im normalen Alltag auch eine gewisse Stabilität in den Strommarkt zu bringen, müssen Schwankungen in der Stromproduktion ausgeglichen werden. Dies kann auf der Versorgungsseite passieren, indem etwa herkömmliche Energieerzeuger einspringen. Oder auf der Nachfrageseite, indem überschüssiger Strom – etwa in den hierzulande weitverbreiteten Pumpspeicherkraftwerken – gespeichert wird.

Künstliche Intelligenz für die Energiewende

Die Herausforderung ist, die Akteure hier effizient zusammenzubringen. Und genau dies macht Enspired: ein erst Anfang 2020 gegründetes Wiener Start-up mit derzeit 24 Mitarbeitern, von denen rund zwei Drittel in der Softwareentwicklung und Datenanalyse tätig sind. Die Wiener bieten eine Software, bei der die einzelnen Akteure auf einer Plattform zusammengeführt werden – darunter Stromproduzenten, Stromspeicher und auch kleinere Produktionsbetriebe, die den Strom verbrauchen.

Der entsprechende Prozess ist komplett digitalisiert, mittels künstlicher Intelligenz werden Prognosen zu Volatilität und Preisen erstellt sowie darauf basierend automatisiert die Entscheidung abgeleitet, wem wann welcher Strom zu welchem Preis angeboten wird. Das Ganze funktioniert als Plattform: Es wird also keine Software verkauft, sondern ein Service angeboten, den die einzelnen Marktteilnehmer nutzen können.

Investment für die Europa-Expansion

Zuvor hatten die Wiener bereits rund eine Million Euro an Fördermitteln eingenommen. Ungewöhnlicherweise hat das nicht einmal zwei Jahre alte, äußerst entwicklungsintensive Start-up schon jetzt den Break-even-Punkt erreicht. Trotzdem hat man sich bewusst entscheiden, Kapital von Investoren aufzunehmen: In einer aktuellen Series A werden 7,5 Millionen Euro (8,7 Millionen US-Dollar) an Finanzierung eingesammelt.

Angeführt wird die Runde von Emerald Technology Ventures und 360 Capital – zwei Risikokapitalfonds mit Fokus auf Tech-Lösungen im Rahmen der Energiewende. Außerdem sind die Corporate-Venture-Fonds EnBW New Ventures und Helen Ventures ebenso dabei wie die in Wien ansässige i5invest: Simona Huebl, Direktorin von i5invest, nimmt in diesem Kontext auch einen Platz im Board von Enspired ein.

Das Team von Enspired macht sich bereit für die weitere Expansion.
Foto: Enspired

Das Kapital will Mayerhofer nutzen, um die Expansion von Enspired voranzutreiben: Im Lauf der kommenden zwei Jahre sollen die wichtigsten europäischen Märkte besetzt werden, danach steht der globale Ausbau auf dem Plan. Dabei sollen die Investoren nicht nur mit Geld, sondern auch mit Kontakten – etwa in den skandinavischen oder baltischen Raum – helfen.

Ob angesichts dessen auch geplant ist, das kleine Unternehmen mit seiner Plattform gänzlich an ein großes Energieunternehmen zu verkaufen und es sich mit der Verkaufssumme gutgehen zu lassen? "Nein, ein Exit ist nicht geplant", sagt der Gründer: "Wir haben ein sehr motiviertes, vielfältiges Team und sind nun hungrig darauf, mit unserem Produkt ordentlich zu wachsen." (Stefan Mey, 8.12.2021)