Bananen, fast vor der eigenen Haustür: In immer mehr Gewächshäusern, wie hier im Les Arts Verts in Frankreich, gedeihen tropische Früchte. Damit das funktioniert, setzen die Betreiber auf einige Tricks.

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So exotisch Tropenfrüchte für uns in Europa einmal waren, so alltäglich sind sie heute. Das ganze Jahr über liegen Mangos, Avocados und Kiwis in den Supermarktregalen. Seit den 1990er-Jahren haben sich die Absatzzahlen von Avocados in Österreich verdreifacht. Die Welternährungsorganisation zählt die Avocados gemeinsam mit Ananas, Mango und Papaya deshalb bereits zu den "major tropical fruits", von denen weltweit jedes Jahr knapp hundert Millionen Tonnen produziert werden. Das alles ist noch nichts gegen die Banane, die aufgrund ihrer Beliebtheit und Menge längst ihren Exotenstatus verloren hat.

Das kann auch problematisch werden: Denn durch den oftmals langen Transportweg haben tropische Früchte einen vergleichsweise hohen ökologischen Fußabdruck. Früchte wie Avocados, die aus botanischer Sicht eigentlich Beeren sind, brauchen beim Anbau zudem sehr viel Wasser, hinzukommen meist umweltschädliche Pestizide und Chemiedünger, kritisieren Umweltschützer.

CO2-neutraler Anbau

Die Lösung sollen tropische Früchte sein, die bald vermehrt vor der eigenen Haustür – oder zumindest im Nachbarland – wachsen. Seit einiger Zeit produzieren Wissenschafter und Gärtner etwa in einem Projekt in Deutschland Mangos, Papayas und Co im Gewächshaus – CO2-neutral und möglichst ressourcensparend, versprechen sie. Schon jetzt wachsen dort jedes Jahr sechs Tonnen Früchte, die Anbaumethode könnte aber bald auch auf andere Teile des Landes oder Europas ausgeweitet werden.

Ausgangspunkt dieser Entwicklung ist Kleintettau, eine 800 Einwohner zählende Gemeinde in Bayern. Dort steht ein großes Tropenhaus, genannt "Klein Eden", das als gemeinsames Projekt zwischen dem ehemaligen Bürgermeister der Gemeinde, einem Unternehmer sowie Wissenschaftern und Gärtnern entstand und von der EU und der bayrischen Regierung gefördert wird.

Abwärme für Heizung

Die Videos, die das Projekt bisher dazu veröffentlicht hat, zeigen ein weitläufiges Glashaus, in dem es mit den meterhohen Büschen, üppigem Grün, einer Temperatur von 25 Grad und einer Luftfeuchtigkeit von 70 Prozent tatsächlich wie in den Tropen aussieht. Auf 3.500 Quadratmetern werden dort von Kakaobohne, Maracuja, Mango, Papaya bis hin zu Guave und Sternfrucht viele der Früchte, die man eigentlich aus Lateinamerika oder Afrika kennt, angebaut.

Eines der Videos des Unternehmens zu dem Projekt.
Tropenhaus Klein Eden

Das Besondere: Das Gewächshaus soll völlig CO2-neutral sein. Denn fürs Heizen nutzen die Entwickler Abwärme der nahe liegenden Glasfabrik im Ort. Die Abwärme der Glasfabrik sei früher einfach durch den Schornstein nach draußen geblasen worden, da sie als Niedrigtemperatur-Abluft unter 50 Grad Celsius nicht warm genug für Wohnhäuser oder Wohnungen gewesen sei, heißt es von der Glasfabrik. Für ein Gewächshaus hingegen sei die Abwärme perfekt geeignet, weshalb man sich am Projekt beteiligte.

Fischkot als Dünger

Für die Bewässerung verwendet "Klein Eden" Regenwasser. Auch für den Dünger haben sich die Entwickler etwas überlegt: In großen Fischbottichen innerhalb des Glashauses schwimmen heute Nilbuntbarsche, die in weiten Teilen Afrikas vorkommen und Wassertemperaturen von bis zu 30 Grad aushalten. Die Ausscheidungen der Fische werden als Dünger für die Pflanzen verwendet.

Bis zu zehn Tonnen Tropenfrüchte wollen die Gärtner und Wissenschafter in "Klein Eden" pro Jahr produzieren. Nicht nur das: In einem weiteren Forschungsprojekt soll erforscht werden, wie sich künftig möglicherweise Bananenseide aus dem Stamm der Bananenpflanzen gewinnen ließe.

Die Betreiber glauben, dass es in der EU insgesamt 200 Standorte geben könnte, an denen tropische Gewächshäuser die Abwärme von Glasfabriken oder anderen Industrien nutzen könnten. Mehrere Tausend Hektar Fläche an Glashäusern ließen sich so in den nächsten Jahren aufbauen, heißt es von dem Unternehmen.

Immer mehr Standorte

Tatsächlich werden schon jetzt an immer mehr Standorten in Europa tropische Früchte angebaut. Im sonnenreichen Andalusien in Spanien wachsen jedes Jahr mehr als 70.000 Tonnen Avocados und 20.000 Tonnen Mangos, die größtenteils in die EU exportiert werden. Immer öfter setzen Landwirtinnen und Landwirte dabei auch auf Direktvermarktung und ressourcen- und CO2-sparendere Anbaumethoden, etwa mithilfe effizienterer Bewässerungsmethoden.

Auch in Frankreich sind in den vergangenen Jahren immer mehr Gewächshäuser entstanden, die sich dem Anbau tropischer Früchte widmen. So werden etwa in dem Gewächshaus Les Arts Verts in den östlichen Pyrenäen heute Bananen, Guaven, Ananas und Maracujas angebaut. Der Trick sei, jene tropischen Pflanzen anzubauen, die auch kältere Temperaturen aushalten, heißt es von den Betreibern. Während des Winters würden einige der Pflanzen ein eigenes Frostschutzmittel bilden, das ihnen hilft, die kalten Temperaturen zu überstehen.

Und auch in Österreich halten Früchte aus Übersee langsam Einzug beim Anbau, was laut Experten nicht zuletzt mit den zunehmend wärmeren Temperaturen aufgrund des Klimawandels zusammenhängen dürfte. So werden beispielsweise im burgenländischen Seewinkel bereits Mini-Melonen, Kiwis und Kiwanos – oder auch sogenannte Horngurken, die normalerweise hauptsächlich in Neuseeland vorkommen – angebaut.

Keine große Veränderung

Den großen Wurf beim Klimaschutz darf man sich vom neuen regionalen Früchteanbau allerdings nicht erwarten, geben Agrarwissenschafter zu bedenken. Tropische Früchte würden derzeit nur einen kleinen Teil der landwirtschaftlichen Fläche in vielen tropischen Ländern ausmachen. Weit größer ist laut einigen Experten der ökologische Fußabdruck von tropischen Pflanzen und Produkten wie Soja oder Palmöl, die Teil vieler Massenprodukte sind.

Zudem bestehe durch den vermehrt heimischen Anbau die Gefahr, dass Kleinbauern, die einen Großteil der Früchte in tropischen Ländern produzieren, Einkommen und Arbeitsplätze verlieren, so die Argumentation einiger Entwicklungsorganisationen. Auch der Transportweg tropischer Früchte falle in der internationalen Klimabilanz vergleichsweise wenig ins Gewicht.

Nicht nur Transport entscheidend

Unterschiede bei der CO2-Bilanz gibt es aber allemal: Werden Ananas beispielsweise mit dem Flugzeug aus Südamerika oder Asien eingeflogen, ist der Fußabdruck mit 15,1 Kilogramm CO2-Äquivalent pro Kilo weit größer, als wenn das Obst etwa mit dem Schiff anreist, wo der Wert bei 0,6 Kilogramm liegt, heißt es in einer Studie des Instituts für Energie- und Umweltforschung in Heidelberg.

Gleichzeitig spiele aber auch der Energieeinsatz beim Anbau eine große Rolle: Bei Früchten, die in mit fossilen Energien beheizten Gewächshäusern in Mitteleuropa heranwachsen, kann der Fußabdruck fünf- bis dreißigmal so hoch sein, wie wenn die Früchte per Schiff oder Lkw aus Spanien oder Südamerika importiert werden.

Werden Früchte also nicht nur regional, sondern auch mit erneuerbaren Energien und nachhaltig gezüchtet, bietet der Anbau in Europa durchaus die Chance, in einigen Fällen CO2 einzusparen, sagen Befürworter. Zudem könnte das dadurch gewonnene Wissen laut einigen Wissenschafterinnen und Wissenschaftern zur Forschung und Weiterentwicklung so mancher Anbaumethode in Zeiten des Klimawandels beitragen. Zur Bananenrepublik sollte Österreich oder Deutschland deshalb aber nicht werden. (Jakob Pallinger, 20.12.2021)