Der Wunsch, über den Tod hinaus Regelungen für die Hinterbliebenen zu treffen, um zu verhindern, dass diese sich in die Haare kriegen, ist ein häufiger. Den Betroffenen gelingt es jedoch nicht immer, die Zeit nach ihrem Tod zu regeln. Wenn Emotionen und monetäre Interessen aufeinandertreffen, kommt es nicht selten zu Interessenkonflikten. Das Erbrecht bietet hier eine breite Palette an Möglichkeiten innerfamiliärer Streitfälle. Eine Vielzahl von Erblassern ist zwischenzeitlich dazu übergegangen, ihren letzten Willen mithilfe eines Rechtsanwalts oder Notars schriftlich festzuhalten und zu registrieren, um solche Konflikte nach ihrem Tod zu vermeiden.

In einem eher außergewöhnlichen Fall hatte der Oberste Gerichtshof (OGH) in einer im Mai 2021 ergangenen Entscheidung (OGH 26.5.2021, 2 Ob 75/20y) darüber zu erkennen, ob eine Person noch nach ihrem Tod erbunwürdig werden kann – und das mit allen daran anknüpfenden Konsequenzen.

Was sind Gründe für eine Erbunwürdigkeit?

Das österreichische Zivilrecht sieht vor, dass Personen, die gegen den Verstorbenen oder die Verlassenschaft eine gerichtlich strafbare Handlung begangen haben, die nur vorsätzlich begangen werden kann und mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedroht ist, erbunwürdig werden, sofern keine Verzeihung seitens des Verstorbenen vorliegt. Erbunwürdig wird auch, wer absichtlich die Verwirklichung des wahren letzten Willens des Verstorbenen vereitelt oder zu vereiteln versucht hat, etwa durch arglistige Verleitung zur Erklärung des letzten Willens oder Ausübung von Zwang. Aber auch die Hinderung des Erblassers an der Erklärung oder Änderung seines letzten Willens oder die Unterdrückung eines bereits erstellten Testaments führen zur Erbunwürdigkeit. Letztlich hat auch das Zufügen schweren seelischen Leides oder die grobe Verletzung von Pflichten aus dem Rechtsverhältnis zwischen Eltern und Kindern eine Erbunwürdigkeit zur Folge.

Viele schreiben ein Testament vor ihrem Ableben, um etwaige Erbstreitigkeiten gar nicht erst aufkommen zu lassen.
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Erbunwürdig nach dem eigenen Tod?

Im hier zu behandelnden Fall verstarb der Erblasser 2014. Er hinterließ eine Witwe (Ehefrau aus zweiter Ehe) und zwei leibliche Kinder aus seiner ersten Ehe. Da der Erblasser ohne Hinterlassung eines letzten Willens verstarb, trat die gesetzliche Erbfolge ein. Diese sieht vor, dass Ehegatten ein Drittel und Kinder zwei Drittel erhalten, in gegenständlichem Fall erhielten also die drei gesetzlichen Erben jeweils ein Drittel. Die Verlassenschaft wurde dementsprechend übergeben.

Im November 2015 schrieb die Witwe eigenhändig ein "Testament". Darin gestand sie, das Testament ihres verstorbenen Mannes zerrissen zu haben. Er hätte alles einer wohltätigen Organisation vermacht. Sie entschuldigte sich und verwies darauf, dass Gott ihr verzeihen würde. Tatsächlich gab es weder ein Testament des Ehemannes noch ein Testament der scheinbar reumütigen Witwe. Die Witwe wusste auch, dass ihr Mann kein Testament hinterlassen hatte. Die Witwe verstarb wenige Wochen später und legte ihre Tochter im Verlassenschaftsverfahren nach der Witwe dieses "Testament" vor. Erklärtes Ziel der Witwe war es offenbar zu fingieren, dass ihr verstorbener Ehemann alles einer wohltätigen Organisation hinterlassen wollte. Dies hätte zur Folge gehabt, dass weder die Kinder aus erster Ehe noch die Witwe selbst im Rahmen der gesetzlichen Erbfolge zum Zug gekommen wären.

Als Reaktion auf die Vorlage des falschen Testaments beschlossen die Kinder aus erster Ehe, gegen den Nachlass der verstorbenen Witwe zu klagen. Hierbei argumentierten sie, dass die Witwe erbunwürdig geworden sei, dies durch Unterschiebung eines fälschlichen Testamentes ihres Mannes – mit dem Ziel, dessen leibliche Kinder von der gesetzlichen Erbfolge auszuschließen. Die Beklagte (wohl die Verlassenschaft nach der verstorbenen Witwe) wandte ein, dass die bloße Behauptung der Witwe, ein in Wahrheit gar nicht existentes Testament ihres Mannes zerrissen zu haben, keinen Erbunwürdigkeitsgrund verwirkliche. Darüber hinaus seien die Erben aufgrund der gesetzlichen Erbfolge eingeantwortet worden. Ein Schaden sei damit auch nicht verwirklicht worden.

Vereitelung im Sinne des Gesetzes

Während die Gerichte der ersten und zweiten Instanz das Klagebegehren abwiesen, gab der Oberste Gerichtshof der außerordentlichen Revision der Kläger Folge. In diesem Zusammenhang führte der Oberste Gerichtshof aus, dass der Schutzzweck der Erbunwürdigkeitsbestimmung jedenfalls auch die gesetzliche Erbfolge umfasse. Im konkreten Fall liege eine Vereitelungshandlung durch die Witwe vor. Unerheblich sei in diesem Zusammenhang, ob das Verhalten der Witwe auch zum gewünschten Erfolg geführt habe, denn auch die Unterschiebung eines Testaments oder deren Versuch könne zur Erbunwürdigkeit führen. So verwirkliche die Handlung der Witwe, nämlich das Vortäuschen eines Testaments und dessen Vernichtung, mit dem Vorsatz, die gesetzlichen Erben um ihr Erbe zu bringen und einen testamentarischen Erben zu produzieren, einen Erbunwürdigkeitsgrund.

Der erkennende Senat verwies darauf, dass die Witwe ihr "Testament" kurz vor ihrem Ableben verfasst habe. Sie hätte damit bezweckt, dass dieses "Testament" nach ihrem Tod aufgefunden und in ihrem Verlassenschaftsverfahren verwendet werden soll, was ja auch geschehen ist. Damit, so der OGH, habe die Witwe den Zweck verfolgt, dass die Verlassenschaft nach ihrem Ehemann der von ihr genannten wohltätigen Organisation zukommen würde. Diese hatte auch tatsächlich Ansprüche auf den Nachlass der Witwe erhoben. Damit lag aber eine Vereitelungshandlung im Sinne des Gesetzes vor. Dass das Verhalten der Witwe letztlich nicht zum gewünschten Erfolg geführt hat, ist dabei unerheblich. Die Witwe ist damit post mortem aufgrund Erbunwürdigkeit von der Erbschaft nach ihrem Ehemann ausgeschlossen. Die klagenden leiblichen Kinder drangen mit ihrer Klage durch und das ursprünglich der Witwe übergebene Drittel aus der Verlassenschaft des Vaters wurde nunmehr seinen leiblichen Kindern zugesprochen – und damit nicht den Kindern der Witwe.

Erbunwürdigkeit umfasst auch Erbfolge

Diese außergewöhnliche Entscheidung zeigt, dass nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes die Erbunwürdigkeit insbesondere auch dann vorliegt, wenn der Erblasser gerade ohne Hinterlassung einer letztwilligen Verfügung verstirbt und durch die vorsätzliche Handlung eines Erben die gesetzliche Erbfolge beeinträchtigt werden soll, etwa wie hier durch Unterschiebung eines "falschen Testaments". Damit bestätigt der Oberste Gerichtshof, wie schon in seiner zuletzt ergangenen Judikatur, dass der Schutzzweck der Erbunwürdigkeit auch die gesetzliche Erbfolge umfasst.

Es empfiehlt sich daher beim Erben und Vererben, den juristischen Rat einer außenstehenden Person einzuholen und speziell durch die Errichtung und Verwahrung beziehungsweise Registrierung eines derart erstellten Testamentes sicherzustellen, dass allfälliger Betrug nach dem eigenen Ableben nach Möglichkeit unterbleibt. (Julia Andras, 10.12.2021)