Die Gedenktafel, die heute an den rechtsextremistischen Anschlag in Halle erinnert. Ein Neonazi-Rapper aus Kärnten soll dem Attentäter als "Kommentar" zum Anschlag gedient haben.

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"Moonman, reich mir das Gewehr. Ich werde dafür sorgen, dass die Judenfamilien rennen", rappt Mr. Bond auf einem seiner "Mixtapes". Rassistische Gewaltfantasien, Witze über den Holocaust und Verhetzung waren jahrelang das Kerngeschäft des Musikers.

So etwa, wenn Bond in seiner Version von "Ayo Technology" von 50 Cent in Anspielung auf den Holocaust singt: "Ich glaub nicht daran, dass wir das getan haben. Doch dieses Mal werden wir wirklich alles Semitische auslöschen."

2019 hatte ein Neonazi-Attentäter im deutschen Halle seine Musik im Auto auf dem Weg zur Synagoge gespielt – als "Kommentar" zum Anschlag wie er später vor Gericht aussagte. Spätestens damit wurden auch die Behörden auf den Terror-Rapper aufmerksam. Am 20. Jänner dieses Jahres wurde Philip H., der Polizei zufolge mutmaßlich der Mann hinter dem Rapper, in seiner Heimatgemeinde Paternion in Kärnten festgenommen. Seitdem sitzt er in Untersuchungshaft.

Jetzt liegt eine Anklage nach dem Verbotsgesetz von der Staatsanwaltschaft Wien vor. Der 36-Jährige soll sich "im nationalsozialistischen Sinne betätigt" haben, worauf eine Höchststrafe von 20 Jahren Haft steht. Der Beschuldigte soll bei Einvernahmen der Polizei schweigen. Auf Anfrage des STANDARD ließ sein Anwalt wissen, er dürfe nicht mit Medien sprechen. Anfang November hat er aber Einspruch gegen die Anklage eingebracht. Jetzt liegt der Ball beim Oberlandesgericht.

Vernetzung

Wie die meisten rechtsterroristischen Verdächtigen gilt auch der ehemalige Versicherungsangestellte aus Paternion bei Villach als Einzelgänger. Er soll zurückgezogen gelebt haben, introvertiert sein. Ob dies der Wahrheit entspricht oder sein Umfeld von Verantwortung und Mitwisserschaft freisprechen soll, ist unklar. Klar ist jedoch, der Nazi-Rapper Mr. Bond ist bestens vernetzt und stand in ständigem Austausch mit Gleichgesinnten aus verschiedenen Ländern.

Die eingangs zitierte menschenfeindliche Textzeile war nicht nur eine antisemitische Version des Welthits "Shoot Outs" des US-Rappers JadaKiss. Es war auch eine Kooperation zwischen dem in Neonazi-Kreisen beliebten Musiker Moonman und Mr. Bond. Moonman ist eigentlich keine real existierende Person. Das Internetphänomen mit dem Mondgesicht entstammt rechtsextremen Zirkeln. Sein Äußeres ist eine schlichte Kopie eines Werbemaskottchens von McDonald's. Musikalisch geht es bei Moonman dementsprechend wenig anspruchsvoll zu: Über Beats wird eine computergenerierte Stimme, die extrem rassistische und hasserfüllte Texte spricht, gelegt.

Eine ähnliches "Duett" stellt die neonazistische Coverversion von Eminems Hit "Cleaning Out My Closet" dar, das mutmaßlich Philip H. mit dem US-Musiker Morrakiu zu einem antisemitischen Hetzsong umgedichtet haben soll. Wie Moonman ist auch Morrakiu insbesondere in rassistischen Online-Gruppen ein bekannter Musiker. Und auch bei Morrakiu ist Faschismus Programm: Songtitel wie "Hitler did nothing wrong" und Aufrufe zur Ermordung von Juden – das alles findet sich in der Diskografie des US-Amerikaners.

Auch abseits der Musikszene aktiv

Der Kärntner H. soll aber auch abseits der Musikszene aktiv gewesen sein. Dem STANDARD vorliegende Posts aus einem Neonazi-Forum besagen, dass der Mann für den US-amerikanischen Republikaner Patrick Little gearbeitet haben soll. Der Rechtsextremist soll ihn "sehr inspiriert" haben, schrieb mutmaßlich Philip H. im Jänner 2019. "Ich war ziemlich engagiert in seiner Kampagne zum Senator."

Patrick Little bewarb sich im Jahr davor um den Senatorenposten in Kalifornien. Völlig chancenlos forderte er die amtierende demokratische Senatorin Dianne Feinstein heraus. Er nutzte aber die Aufmerksamkeit im Wahlkampf zur Verbreitung seiner antisemitischen Ideen: Little forderte die Vereinigten Staaten "judenfrei" zu machen, leugnete den millionenfachen Mord an Juden und Jüdinnen im Holocaust und machte keinen Hehl aus seiner Verehrung Adolf Hitlers. Ein Video des Ex-Republikaners zeigt Little am Straßenrand stehend, in der Hand ein Pappschild mit der Aufschrift "Juden vergewaltigen Kinder". Das alles brachte ihm den Ausschluss aus der republikanischen Partei ein. Der Kärntner Musiker H. soll unter anderem Plakate für den verhinderten Politiker gestaltet haben.

Verbündete soll H. allerdings auch diesseits des Atlantiks haben: Im Forum der skandinavischen Neonazi-Gruppierung Nordic Resistance Movement (NRM) war der Rapper Mr. Bond ein gerngesehener Gast. Nicht nur wurden seine rassistischen Songs im Podcast der Neonazis gefeaturt, der Mann kommentierte auch live während der Sendung.

Huldigungen für Mörder

Dabei trug Mr. Bond seine menschenverachtenden Ideen stets offensiv vor sich her: Nachdem der CDU-Politiker Walter Lübcke wegen seiner liberalen Haltung gegenüber Geflüchteten im Juni 2019 von einem Neonazi erschossen worden war, feierte mutmaßlich H. den Mörder als "deutschen Helden". Den ebenfalls rechtsextremen Attentäter, der in Christchurch/Neuseeland wenige Monate davor 51 Menschen getötet hat, soll Philip H. "wunderbar" gefunden haben. "Ich liebe diesen Typen!" Das zeigen geleakte Posts aus einschlägigen Foren. Diesen Unterlagen zufolge soll es auch Mr. Bond gewesen sein, der das Manifest des neuseeländischen Massenmörders übersetzte und im Internet verbreitete.

Sein letztes Album widmete der NS-Rapper dem Mann, der am 27. Oktober 2018 im US-amerikanischen Pittsburg elf Menschen in einer Synagoge erschossen hatte. Die letzten Worte, die der Mörder vor seinem Angriff auf eine Synagoge auf Social Media gepostet hatte, sollten titelgebend für Philip H.s letztes Album werden: "Scheiß auf die Optik. Ich gehe rein."

Seine größte Fanbasis hat der Neonazi-Rapper allerdings immer noch in den USA. Immerhin sind es US-amerikanische Neonazis, die für den 36-jährigen Kärntner Geld zu sammeln versuchen. Für diesen Zweck soll einer der beiden, ein vierfacher Vater aus Illinois, Sammelkarten mit rassistischen Liedzeilen des österreichischen Rappers online verkaufen. Darunter eine mit dem Konterfei Adolf Hitlers, eine andere mit dem Aufdruck "Race War" – Rassenkrieg. (Christof Mackinger, 9.12.2021)