Werbung für Fleisch und Fleischprodukte sei zum Teil irreführend, kritisiert die NGO.

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Ein Plakat mit einer idyllischen Wiese; eines mit einem muskelbepackten Mann, der verschmitzt in die Kamera lächelt, und eines mit einer kochenden Mutter am Herd. Was sie gemeinsam haben? Alle Sujets werben für Fleisch. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace hat den Werbeauftritt von 51 Fleischmarken in sechs europäischen Ländern – Frankreich, Spanien, Polen, Schweiz, Deutschland und Dänemark – analysiert und die häufigsten PR-Tricks der Branche zusammengetragen. Die Konzerne würden mit "ähnlichen manipulativen Taktiken" wie die Tabakindustrie arbeiten, kritisiert die NGO. Dabei werde tief in die Klischeekiste gegriffen und mit irreführenden Botschaften gespielt.

So stellt sich die Fleischindustrie nach Angaben der NGO gerne selbst als Teil der Lösung der Klima- und Umweltkrise dar. "Durch ethische oder nachhaltige Botschaften und Symbole wird KonsumentInnen das Gefühl vermittelt, dass sie ohne schlechtes Gewissen weiterhin uneingeschränkt Fleisch essen können", heißt es vonseiten Greenpeace. Grüne Hügel, Stempel und Verpackungen würden Nachhaltigkeit suggerieren, obwohl gerade in der Fleischproduktion entlang der Wertschöpfungskette viele Emissionen anfallen.

Zufriedene Tiere

Die Unternehmen würden häufig "romantisch-verklärte Vorstellungen kleinbäuerlich-familiärer Landwirtschaft" wecken, heißt es weiter. Typisch dafür seien zufrieden grasende Tiere und Bauern mit einer liebevollen Verbindung zum Tier. Zudem würde regelmäßig mit Wissenschaftlichkeit argumentiert werden, um Argumente gegen negative Auswirkungen der Massentierhaltung zu entkräften. Als Beispiel nennt die Organisation eine Kampagne aus Spanien, in der behauptet wird, dass europäische Schweine das Klima nur begrenzt belasten.

Die Branche werbe zudem damit, dass Fleisch gut für die Gesundheit und das Wohlbefinden der Kinder sei, heißt es in dem Bericht. So werde mit lachenden Kindern, schlanken Frauen und meditierenden Männer suggeriert, dass Fleisch "natürlich" und "unverarbeitet" sei – selbst wenn es sich um Wurst oder Fertigfleischprodukte handelt. Bei Produkten für Kinder werde Fleisch zudem häufig in Tierform angeboten oder gemeinsam mit kleinen Spielzeugen verpackt.

Feuer, Messer, große Portionen

Aber nicht nur Kindern soll Fleisch schmackhaft gemacht werden: TV-Spots und Plakate der Fleischindustrie würden vor allem auf Männer abzielen, schreibt die NGO. Dabei werde Fleisch mit Werten wie männlicher Stärke verbunden; Produkten mit Feuer, Messern und großen Fleischportionen mit Knochen beworben. Frauen werden gänzlich anders geködert: Sie werden dem Bericht zufolge häufig bei der Zubereitung von Fleisch gezeigt. Vor allem in Polen bediene man sich gerne des Klischees der kochenden Hausfrau. Greifen Frauen in der Werbung selbst einmal zur Gabel, verspeisen sie gewöhnlich helles Fleisch, das auf einem großen Salatteller gebettet wird. "In dieser Welt sehnen sich Kinder nach Würstchen, "echte" Männer verschlingen rotes Fleisch, und Frauen essen dünn aufgeschnittenes Geflügel, um gesund zu bleiben", kritisiert Natalie Lehner von Greenpeace.

Zu guter Letzt bediene sich die Industrie nach Angaben der NGO regelmäßig des Patriotismus – Fleisch sei Heimatliebe. Flaggen, länderspezifische Farben und landestypische Landschaften würden in der Werbung dominieren – die oft nur wenig mit den tatsächlichen Lebens- und Schlachtbedingungen zu tun hätten.

Unterm Strich benutze die Fleischindustrie "unlautere Tricks und falschen Darstellungen", um das Image von Fleisch positiv und ihre Absätze hochzuhalten, kritisiert Lehner. Die Fleischproduktion sei für knapp 60 Prozent aller Treibhausgase in der Lebensmittelproduktion verantwortlich. "Die Reduktion von Produktion und Konsum von Fleisch ist daher eine unverzichtbare Stellschraube im Kampf gegen die Klimakrise." Greenpeace fordert daher, dass ähnlich wie bei Tabak oder Alkohol Vorschriften erlassen werden, die sicherstellen, dass Werbung für Fleisch keine irreführenden Gesundheitsbotschaften enthält. (lauf, 10.12.2021)