Es gibt sie immer noch: Kunden und Kundinnen, die bei der Bawag allen Einladungen, auf ein neues Kontomodell umzusteigen, bislang widerstanden haben. Viele von ihnen werden nun wieder im Zuge einer "Überarbeitung der Produktpalette", wie es seitens der Bawag heißt, vor die Wahl gestellt: Entweder sie steigen auf ein neues Girokontomodell um, das in der Regel wesentlich mehr kostet als ihr bisheriges, oder die Bank kündigt ihr Konto – unter Einhaltung der zweimonatigen Kündigungsfrist. Um wie viele Kunden es sich genau handelt, dazu erteilt die Bawag keine Auskunft.

Die Bank analysiere laufend ihr Produktangebot und passe es an die aktuellen Gegebenheiten an, heißt es zur Erklärung. "Wir haben uns daher dafür entschieden, einige Kontomodelle schrittweise einzustellen und in Zukunft nicht mehr anzubieten: Das aktuelle Kontomodell wird gekündigt und steht ab dem an unsere Kunden kommunizierten Datum nicht mehr zu Verfügung." Betroffene Kunden würden telefonisch, via ePostfachnachricht bzw. Brief schriftlich informiert und hätten "ausreichend Zeit, sich ihr weiteres Vorgehen zu überlegen."

Rechtlich ist das auch korrekt, moralisch zuweilen zumindest zweifelhaft, trifft es doch immer wieder auch langjährige Kunden, etwa Pensionisten, sagt Christian Prantner von der Arbeiterkammer (AK), bei dem wiederholt Beschwerden in dieser Sache aufschlagen. Nicht nur über die Bawag, aber die ehemalige Gewerkschaftsbank stehe in der Beschwerdestatistik der AK ganz oben.

Lieber Kunde, such Dir doch bitte eine andere Bank: Auch das bekamen heimische Kunden bereits zu lesen.
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Was die Aufkündigung der Konten betrifft, so habe auch die Easybank, die Digitalmarke der Bawag, im vergangenen September Giro- und Sparkonten per Schreiben aufgekündigt. Das Produktportfolio der Bank werde "den wirtschaftlichen Gegebenheiten" angepasst, lautete die Erklärung gegenüber betroffenen Easybank-Kunden. Das Schreiben sei an mehrere Tausend Kunden gegangen, hieß es da.

Undurchschaubare Kriterien

Nachvollziebar waren offenbar für manche Kunden die Kriterien nicht. So berichtete eine Kundin, dass die Kündigung auf ihr Easygratis und das Easyzinsmax-Konto zugetroffen habe. Irritierend für sie sei gewesen, dass ihr Partner nicht gekündigt worden sei – er beziehe ein regelmäßiges Gehalt und habe einen höheren Betrag am Easyzinsmax. Die betroffene Kundin jedoch verfügte über ein ähnliches Einkommen, habe aber eine geringere Summe am Easyzinsmax geparkt. Einem Kunden wurde zusätzlich zum Kündigungsschreiben per E-Mail mitgeteilt: "Leider können wir Ihnen aktuell auch keine Alternativen dazu anbieten. Wir bitten Sie daher, ein neues Konto bei einer anderen österreichischen Bank zu eröffnen."

Der Hintergrund ist bekannt. Die Banken sind auf der Suche nach Ertragsteigerung. Langjährige Kunden haben etwa bei der Bawag vergleichsweise günstige Konten. Die Bawag hat in den vergangenen Jahren einiges unternommen, um sie zum Umstieg auf eines der aktuellen Kontobox-Modelle zu bewegen. Die Minimalvariante hatte bei ihrer Einführung 2016 einen Fixpreis von 4,90 pro Monat und inkludierte eine Bankomatbehebung, jede weitere kostete 39 Cent.

Gratiskonto war einmal. Pauschalierte Modell beinhalten immer weniger Leistungen, verrechnet wird immer mehr extra. Da kommt es vor, dass ein Euro für einen gedruckten Bankbeleg verrechnet wird.
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Der Preis ist mittlerweile auf 5,90 gestiegen, inklusive einer Bankomatbehebung, jede weitere kostet 50 Cent. Die Gebühren und Spesen kennen aber bei allen Banken nur einen Trend – nach oben. Die Kontoführungsgebühren kosteten heuer im Mai laut AK um bis zu 134 Prozent mehr als 2011. Mit dem Rückzug der niederländischen ING-DiBa aus dem Privatkundengeschäft in Österreich sei das Gratiskonto hierzulande quasi perdu, sagt AK-Experte Prantner. Die Banken würden grundsätzlich immer weniger normale Zahlungsverkehrskunden haben wollen, die Pauschalpreisverrechnungen würden zudem immer öfter, immer weniger Leistungen inkludieren. Verrechnet wird immer mehr extra.

Von Null- bis Minuszinsen

Dazu kommt, dass aus Ermangelung an Sparzinsen viele Österreicher ihr Geld auf dem Girokonto liegenlassen. Wie sehr das die Banken "belastet", zeigt sich an mehreren Punkten: Nicht nur Zinsen sind rar, auch Sparbücher werden Mangelware. Zudem horten Banken das ihnen anvertraute Geld immer öfter, werden sie doch von der Europäischen Zentralbank (EBZ) mit Strafzinsen belegt, wenn sie Überschussliquidität bei der EZB lagern.

In Österreich dürfen die Geldhäuser diese Kosten nicht an Sparer weitergeben. Das hat der Oberste Gerichtshof (OGH) in einem Urteil festgehalten. Das gilt allerdings nur für Sparprodukte, nicht aber für Girokonten. Vor Negativzinsen im Privatkundenbereich schrecken die Banken allerdings zurück. Noch. 0,5 Prozent werden zwar Unternehmen verrechnet, und da auch Kleinstunternehmern wie selbstständige Fahrradkuriere, bei Privatkunden will – vermutet AK-Experte Prantner – offenbar kein Institut der Eisbrecher sein. (Regina Bruckner, 10.12.2021)