Pogues-Sänger Shane MacGowan in Julien Temples Doku "Crock of Gold – A Few Rounds With Shane MacGowan".

Magnolia Pictures

Der letzte Konzertbesuch liegt Monate zurück. Die Sehnsucht nach einer beinahe vergessenen, vollkommen unvernünftigen und zügellosen Form der Freizeitgestaltung bleibt aber ungebrochen. Deshalb hier ein paar Empfehlungen, wie man zu Hause statt Sex and Drugs bei Gemüse-Chips und grünem Tee dem Rock 'n' Roll in diversen Streaming-Dokumentationen bei einer Betätigung zuschauen kann. Stellvertretend für uns verschwendeten Musiker über die Jahrzehnte ihre Jugend. Man wird melancholisch. Rock 'n' Roll ist eine Sehnsuchtsmaschine.

·Crock of Gold – A Few Rounds With Shane MacGowan

Die heuer erschienene Dokumentation von Julien Temple zeigt in einer Montage aus Interviews, Konzertausschnitten und Animationen die Verfallsbiografie Shane MacGowans. Für seine Pogues schrieb er geniale Songs zwischen Punk und Irish Folk wie Fairytale Of New York oder Summer In Siam. Heute sitzt der Mann, von den Drogen schwer gezeichnet, im Rollstuhl. Es zerreißt einem das Herz. Zu Hause bitte nicht nachmachen! Durst hat man aber nach diesen zwei Stunden ohnehin nicht mehr. (Amazon)

Magnolia Pictures & Magnet Releasing

·Anvil! The Story Of Anvil

Wenn die Metallica-Dokumentation Some Kind Of Monster so etwas wie das psychotherapeutische Millionen-Dollar-Mimimi der Heavy-Metal-Szene darstellt, dann sieht man in dieser Doku von 2008 über eine jahrzehntelang erfolglose kanadische Metal-Band den Sozialporno von ganz unten. Keine Zuschauer, keine Gagen, abgebrochene Tourneen. Würdeloses Altern, wirklich schlechte Musik. Doch es muss immer weitergehen. Dies ist ein Film über die Freundschaft und einen ungebrochenen Lebenstraum von Erfolg und Ruhm von alten Männern, denen das Leben immer wieder hart ins Gesicht schlägt. Zum Weinen schön. (Amazon)

TheDocumentaryBlog

·Long Strange Trip

Heiterer geht es vier Stunden lang in dieser ausgezeichneten Doku zu. Sie erzählt die Geschichte der in den 1960er-Jahren gegründeten kalifornischen Hippie- und Psychedelic-Institution The Grateful Dead aus San Francisco. Antikapitalismus, der Community-Gedanke, der längste Freak-out der Musikgeschichte, ein unter LSD gesetztes Filmteam und immer freundliche Daddelmusik zwischen Bluegrass, Folk, Rock und endlosen Jams. Das macht Freude – wenn man Gitarrensoli ertragen kann. Bonus: Dieser Trip ersetzt den Film Woodstock. (Amazon)

Amazon Prime Video

·The Road, To God Knows Where

Wir sehen Nick Cave & The Bad Seeds 1989 auf einmonatiger US-Tour. Kaum einmal wurde die Tristesse (und ein wenig Euphorie und Mut der Verzweiflung) des Tour-Alltags zwischen Kater, Bus, Hotel, Soundcheck und Bühne so intensiv eingefangen. Sagen wir es höflich, Nick Cave mochte damals die Amerikaner nicht so besonders. Kollege Blixa Bargeld gibt dazu sardonisch den "Ugly German". Gedreht in Schwarz-Weiß. Logisch. (VOD)

xdreamer

·Beware Of Mr. Baker

Ginger Baker haut gern zu, auf und abseits der Bühne. Der vom Jazz kommende und Rockmusik eigentlich abgrundtief hassende Schlagzeuger legendärer Rockbands wie Cream oder Blind Faith verbreitet Angst und Schrecken. Der Engländer bezeichnet so einen Mann gern als "quite a character". Am Ende bricht die Nase des Regisseurs, und man ist insgeheim froh, dass der Film vorbei ist. (Amazon)

Movieclips Indie

·1991: The Year Punk Broke

1991 gingen Nirvana kurz vor ihrem internationalen Durchbruch mit der damals ungleich bekannteren und in Hochform befindlichen Band Sonic Youth auf Tour. Grunge wurde zum Mainstream, Kurt Cobain deswegen etwas sarkastisch. Ein Blick hinter die nicht immer fröhlichen Kulissen. (Youtube)

Silvio Luis

(Christian Schachinger, 10.12.2021)