Bild nicht mehr verfügbar.

Der Ukraine-Konflikt lässt die Wogen in den USA und Russland hochgehen.

Foto: REUTERS/Anton Vaganov

Moskau – Die russische Regierung vergleicht den Ukraine-Konflikt mit der Kubakrise 1962 und signalisiert damit die Gefahr einer militärischen Konfrontation mit den USA. "Wissen Sie, es kann wirklich dazukommen", zitierte die russische Nachrichtenagentur Interfax am Donnerstag den stellvertretenden Außenminister Sergej Rjabkow.

"Wenn die Dinge sich so weiterentwickeln, ist es in der Logik der Ereignisse absolut möglich, aufzuwachen und sich in einer ähnlichen Situation wiederzufinden", erklärte Rjabkow.

Tagelange Anspannung

Die Kubakrise im Oktober 1962 brachte die Großmächte USA und Sowjetunion an den Rand eines Atomkriegs. Ausgelöst wurde sie durch die Stationierung sowjetischer Atomraketen auf der Karibikinsel. Die Sowjetunion reagierte damit auf die Verlegung amerikanischer Atomraketen in die Türkei.

Die Regierung in Washington verhängte eine Seeblockade um Kuba und drohte mit militärischen Schlägen. Die Atomstreitkräfte beider Seiten wurden in höchste Alarmbereitschaft versetzt. Nach Tagen großer Anspannung einigten sich die USA und die Sowjetunion schließlich auf den Abzug der Raketen aus Kuba und aus der Türkei.

Befürchtungen auf beiden Seiten

Aus Sicht der Regierung in Moskau liegt die Analogie zur Kubakrise darin, dass das westliche Militärbündnis Nato nun über die Ukraine – früher Teil der Sowjetunion – näher an Russland heranrücken und dort Raketen stationieren will. Die Nato weist dies zurück und betont, es sei ein Verteidigungsbündnis.

Gleichzeitig zeigt sich die westliche Allianz besorgt über den Zuwachs russischer Truppen an der Grenze zur Ukraine. Die Regierung in Kiew fürchtet, im Frühjahr werde es zu einem Angriff Russlands kommen. Bei einer Videokonferenz am Dienstag war es den Präsidenten der USA und Russlands, Joe Biden und Wladimir Putin, nicht gelungen, den Ukraine-Konflikt zu entschärfen.

Völkermord-Vergleich

Putin hat indes den Konflikt in der Ostukraine zwischen pro-russischen Kämpfern und der ukrainischen Armee mit einem beginnenden Völkermord verglichen. Die russischsprachige Bevölkerung in dem umkämpften Gebiet leide unter der dort herrschenden "Russenfeindlichkeit", sagte er während einer Sitzung des Menschenrechtsrats des Kremls am Donnerstag. "Sie und ich wissen, was im Donbass passiert", fügte der Staatschef hinzu. "Es ähnelt sicherlich einem Völkermord."

In der Ostukraine bekämpfen sich seit 2014 pro-russische Milizen und die ukrainische Armee, nachdem Moskau die ukrainische Halbinsel Krim annektiert hatte. Russland unterstützt in dem Konflikt die Separatisten, die in Luhansk und Donezk sogenannte Volksrepubliken ausgerufen haben. Mehr als 13.000 Menschen wurden bei den Kämpfen bereits getötet.

Biden telefonierte mit Selenskyj

US-Präsident Joseph Biden hat unterdessen mit dem ukrainischen Staatsoberhaupt Wolodymyr Selenskyj telefoniert. "Wir können heute sicher sagen, dass die USA die Entscheidung getroffen haben, ein aktiver Teilnehmer des Friedensprozesses zu sein", sagte der Chef des Präsidentenbüros, Andrij Jermak, am Donnerstagabend im Fernsehsender 1+1 zu dem Gespräch.

Biden habe Selenskyj versichert, dass die USA im Fall einer militärischen Aggression gegen die Ukraine "beispiellose Sanktionen" gegen Russland verhängen würden. Das Gespräch in "sehr offener und direkter Atmosphäre" habe eineinhalb Stunden gedauert.

Jermak erwartet zum ungelösten Konflikt in der Ostukraine kommende Woche in Brüssel ein Treffen von Deutschlands Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und dem französischen Präsidenten Emanuel Macron mit Selenskyj. Thema des Gesprächs von Biden mit Selenskyj war demnach auch Putins Forderung nach einem Ende der Nato-Osterweiterung. "Präsident Biden hat sehr klar gesagt, dass die Entscheidung über einen Nato-Beitritt allein die Entscheidung des ukrainischen Volkes ist", sagte Jermak. (APA, Reuters, 9.12.2021)

Update um 21:42 Uhr: Das Putin-Statement wurde eingefügt.

Update um 22:37 Uhr: Infos zum Biden-Selenskyj-Telefonat wurden eingefügt.