Italiens Präsident Sergio Mattarella (Bild) hat den Südtirol-Attentäter Heinrich Oberleiter begnadigt.

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Rom – Der italienische Präsident Sergio Mattarella hat am Donnerstag den in Italien zu lebenslänglicher Haft verurteilten ehemaligen Südtirol-Attentäter Heinrich Oberleiter begnadigt. Die drei Kinder des 80-Jährigen hatten sich 2018 an Mattarella gewandt und die Begnadigung beantragt. Der in Deutschland lebende Oberleiter gehörte zur Gruppe der "Pusterer Buam", die für Anschläge in den 1960er-Jahren in Italien verantwortlich waren. Oberleiter kann nun wieder nach Südtirol zurückkehren.

Keine Todesopfer und Reue

Bei der Annahme des Begnadigungsantrags berücksichtigte der italienische Präsident, dass Oberleiters Handlungen keine Todesopfer zur Folge hatten, hieß es in einem Schreiben von Mattarellas Büro. Der Präsident berücksichtigte auch die Reue des Verurteilten, der in einer Erklärung, die dem von seinen Kindern eingereichten Gnadengesuch beigefügt war, seine Ablehnung der Gewalt und sein tiefes Bedauern für die Opfer aller Angriffe in dieser Zeit und für den Schmerz, der ihren Familien zugefügt wurde, zum Ausdruck brachte. Auch das hohe Alter Oberleiters sowie die positive Stellungnahme des zuständigen Staatsanwalts bewogen Mattarella zur Begnadigung des Südtirolers.

Aufgrund des Gnadengesuchs der Kinder Oberleiters hatte Mattarella ein Gutachten der Staatsanwaltschaft Brescia angefordert. Denn in Brescia war 1971 die letzte Verurteilung Oberleiters erfolgt. Im Februar 2019 hatte die Staatsanwaltschaft Brescia dann der Begnadigung des ehemaligen Südtirol-Aktivisten zugestimmt.

Anschläge in den 1960ern

Oberleiter war wegen verschiedener Anschläge in den 1960er-Jahren von den Schwurgerichten Bologna und Florenz zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Er flüchtete 1968 ins Ausland, wo er laut seinem Anwalt seit 50 Jahren ein vorbildliches Leben führt.

Oberleitner wurde am Donnerstag mit sechs weiteren Personen begnadigt. Dabei dürfte es sich um die letzten Begnadigungen Mattarellas handeln, dessen siebenjähriges Mandat als Präsident im kommenden Februar ausläuft.

Van der Bellen dankt Mattarella

Der österreichische Präsident Alexander Van der Bellen hatte das Anliegen von Oberleiters Begnadigung im vergangenen Juni bei seinem Treffen mit Mattarella erneut vorgebracht. Van der Bellen bedankte sich nun bei seinem italienischen Amtskollegen "für diese schöne Geste der Versöhnung, die alte Wunden heilen kann".

Auch der Südtiroler Landeshauptmann Arno Kompatscher begrüßte die Begnadigung. "Ich glaube, dass der italienische Präsident wieder einmal großes Einfühlungsvermögen bewiesen hat. Der Gnadenakt steht am Ende einer langen, traurigen und sehr schmerzhaften Geschichte", sagte Kompatscher nach Angaben der italienischen Nachrichtenagentur Ans. "Gewalt ist niemals gerechtfertigt und kann niemals als Lösung angesehen werden. Die Geschehnisse sollten aber auch im historischen Kontext betrachtet werden und die Verzweiflung, die sie bei den Menschen ausgelöst haben, berücksichtigen. Ich glaube, es ist kein Zufall, dass der Präsident in seiner Begründung sowohl das Bedauern Oberleiters über das Leid der Familien der Opfer als auch die allgemeine Harmonie, die in Südtirol herrscht, hervorgehoben hat", schloss Kompatscher.

Auch der Obmann der Südtiroler Volkspartei (SVP), Philipp Achammer, begrüßte den "Versöhnungsakt" des italienischen Präsidenten. "Damit hat Mattarella all seine Größe bewiesen", kommentierte der Südtiroler Politiker. (APA, red, 9.12.2021)