Martin ist 66, es geht ihm gut. Er stammt aus der Nähe von Dortmund, lebt aber in der Tiroler Glasstadt Rattenberg, wo ich ihn am Ufer des Inns treffe.

Martin stammt aus der Nähe von Dortmund, lebt aber in der Tiroler Glasstadt Rattenberg.
Foto: Manfred Rebhandl

Es ist saukalt, als er mir gegenüberliegend die Rofanspitze, das Vordere Sonnwendjoch und den Roßkogel zeigt, die Berge haben es ihm angetan, als er sich vor 28 Jahren dachte: Arbeiten muss man überall, ein Dach überm Kopf braucht man überall, also warum nicht hier? Nun kann er, sooft er will, die Bayreuther Hütte besuchen, 1908 von der Familie Lentsch aus Hall in Tirol als "private Rofanhütte" erbaut, 1926 von der DAV-Sektion Bayreuth gekauft, auf 1575 Meter Höhe gelegen.

Ein kleines Häuschen

Hier würden viele Deutsche leben, erklärt er mir, irgendwann wäre man hierhergekommen, im Urlaub, wegen der Arbeit. "Und ich hab dann auch mal ’ne Frau kennengelernt. Die gibt’s jetzt nimmer, aber ich bin immer noch da", lacht er.

Während der letzten 18 Jahre hat Martin von München aus gearbeitet, ist jeden Montag in der Früh die 130 Kilometer gefahren und hat während der Woche als Medizintechniker für Beatmungsgeräte die Region Bayern und Baden-Württember bereist.

Freitagabend war er wieder zu Hause und hat sich auf seine Wohnung im obersten Stock unterm Dach eines der mittelalterlichen Häuser gefreut. Die Touristen aber, die wegen dieser Häuser kamen, wären viel weniger geworden, erzählt er mir.

Er erinnert sich an 50 Busse auf dem Parkplatz, "wenn jetzt mal drei oder fünfe dastehen, dann ist das viel". Mit seiner Abfindung hat sich der Pensionist nun das kleinste dieser Häuser in der Stadt gekauft. Dort werkt er herum, bis man die Gehsteige hochklappt, was um 18 Uhr verlässlich passiert. (Manfred Rebhandl, 11.12.2021)