Seit mehreren Jahren erhöht Kodak regelmäßig die Preise der eigenen Produkte.

Foto: AFP / Scott Olson

"Kodak erhöht seine Preise": Diese Schlagzeile begleitet Filmfotografen inzwischen seit mehreren Jahren – und wird es aller Voraussicht nach auch weiterhin. Im Jänner 2022 ist es schon wieder so weit, fast alle Produkte des Herstellers werden um 20 Prozent teurer. Bei vielen Enthusiasten könnte damit eine Schmerzgrenze überschritten werden. Für Profis stellt sich außerdem die Frage der Wirtschaftlichkeit – und jene, ob womöglich ein Wechsel zur digitalen Fotografie sinnvoll wäre.

Dabei galten analoge Kameras lange als leistbare Alternative zur digitalen Fotografie. Möglich machte das unter anderem, dass Filmhersteller Anfang der 2000er-Jahre ihre Preise senkten, um trotz zunehmender Konkurrenz weiterhin am Markt mithalten zu können. Dass dieses Vorgehen nicht nachhaltig war, zeigte sich, als Kodak 2012 Insolvenz anmeldete. Um zu überleben, musste das Unternehmen seine Filmproduktionssparte verkaufen, verlor also das eigentliche Kerngeschäft.

Junge Menschen und der Hype

Im Laufe der Jahre pendelten sich die Preise wieder ein – und analoge Fotografie erlebte einen regelrechten Hype: Neben der alten Garde greifen auf der Suche nach einem puristischen Erlebnis seit einigen Jahren vor allem junge Menschen zu alten Kameras – und haben diese dank enormer Social-Media-Reichweiten erneut zu einem hippen Lifestyleprodukt gemacht.

Auf die steigende Nachfrage reagierte Kodak 2019 mit der Ankündigung eines signifikanten Preisanstiegs. Um die Produktion aufrechterhalten zu können, habe man damals in Maschinerie und Personal investieren müssen, hieß es in einer Aussendung an Händler. Obwohl manche Filme um mehr als 30 Prozent teurer wurden, sollen die meisten Fotografen damals aber noch Verständnis gezeigt haben, berichtet das Fotografiemagazin "Silvergrain Classics".

Als jedoch im November 2020 eine weitere Preiserhöhung folgte, begann die Stimmung zu kippen. Neben Vorwürfen, die Hersteller würden den neuen Erfolg für die Etablierung irrsinniger Preise nutzen, kam die ernsthafte Frage auf, wie lange analoge Fotografie sich noch wirtschaftlich auszahlen wird – und ob sie sich zu einem Luxusgut entwickelt.

Happige Preise, die weiter steigen

Schon jetzt kostet eine Fünferpackung des beliebten Kodak Portra 400 im Kleinbildformat rund 70 Euro, kommendes Jahr dürften es dementsprechend 85 Euro sein. Ähnlich sieht es bei der Mittelformatvariante aus – mit dem Unterschied, dass man im 6x7-Format nur zehn Fotos pro Film erhält. Kostet dieser künftig 17 Euro, zahlt man mit jedem Drücken des Auslösers stolze 1,70 Euro.

Teils haben sich die Preise schon in den letzten Jahren verdoppelt. 2019 kostete der Farbpositivfilm Ektachrome E100 rund 13,50 Euro das Stück. Heute sind es beim selben Händler mehr als 23 Euro. Dasselbe gilt für den vergleichsweise günstigen Kodak Colorplus 200. 2018 erhielt man diesen noch problemlos für weniger als drei Euro, heute sind es sechs bis sieben – und die Entwicklungskosten kommen obendrauf.

Teure Analogkameras

Parallel dazu haben auch die Preise analoger Kameras astronomische Höhen erreicht. Beliebte Kompakte wie die Contax T2 findet man seit drei bis vier Jahren kaum noch unter 1.000 Euro, nachdem Reality-Star Kylie Jenner ihr persönliches Modell im US-Fernsehen präsentierte.

Von den Messsucherkameras des deutschen Traditionsunternehmens Leica ganz zu schweigen. Während man eine M6 im Jahr 2018 sogar im Wiener Leicashop um 1.500 bis 1.600 Euro erhielt, sind es inzwischen mindestens 3.000. Selbst (bei Sammlern) unbeliebtere Modelle wie die M4 verzeichneten einen Preisanstieg um mindestens 50 Prozent – und machen sie für Normalsterbliche zusehends zu einem unerreichbaren Luxusgut.

Diese Entwicklung betrifft jedoch keinesfalls nur Premiumprodukte. Die Nachfrage ist bei gleichzeitig begrenzter Verfügbarkeit so groß, dass selbst für eigentlich günstige Einsteigermodelle dreistellige Beträge verlangt werden. Für all jene Menschen, die eigentlich nur Freude an gelegentlichen Schnappschüssen ihres Alltags hatten, werden analoge Kameras damit immer unattraktiver.

Plausible Gründe

Die Gründe für steigende Filmpreise sind hingegen komplexer. Einerseits, so "Silvergrain Classics", würden diese von erheblichen Lieferproblemen bei Kodak angefeuert werden, andererseits davon, dass Fujifilm den Portra-Konkurrenten Pro 400H gänzlich einstellen musste. Wer heute auf der Suche nach einem Film für professionelle Portraitarbeiten ist, komme laut den Berichterstattern also gar nicht mehr an Kodak vorbei.

Ein erschwerender Faktor sei laut dem Fotografiemagazin außerdem ein höchst komplexer Herstellungsprozess für Fotofilm. Selbst zu Hochzeiten der analogen Fotografie habe es deshalb nur vier Firmen gegeben, die diese in entsprechender Qualität herstellen konnten. Heute sollen sich die Produktionsprobleme laut einem Bericht der Deutschen Welle außerdem durch hohe Rohstoff- und Frachtkosten verschlimmert haben.

Aus der Luft gegriffen oder exorbitant hoch sind die Preise also nicht. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass sie analoge Fotografie für viele Menschen ein für alle Mal unleistbar machen, was die Nutzerbasis deutlich verringern könnte.

Eine Neuausrichtung?

Den Hype hat das Medium immerhin reichweitenstarken Social-Media-Fotografinnen und -Fotografen zu verdanken. Influencer wie Willem Verbeek oder Instagrammer Joe Greer haben es sogar geschafft, die eigene Marke rund um den Fakt aufzubauen, dass sie nur analog fotografieren und ihre teuren Kameras in schön inszenierten Videos präsentieren.

Um zu überleben, könnte sich Kodak ähnlich zu Leica neu- und als Anbieter von Luxusprodukten positionieren, wirft der Fotograf Chris Chu in einem Youtube-Video in den Raum. Der deutsche Kamerahersteller stand vor einigen Jahren kurz vor der Pleite, man hatte die digitale Wende verschlafen. Vor dem Untergang rettete das Unternehmen aus Wetzlar eine Neuausrichtung.

Heute kooperiert Leica mit Smartphone-Herstellern und verkauft zehntausende Euro teure Sondereditionen seiner Kameras, mit denen Sammler angelockt werden. Während zahlreiche Menschen beim Anblick der Preise verächtlich mit dem Kopf schütteln werden, halten andere die Leica M für die Rolex der Kamerabranche.

Ob das Medium Film einen ähnlichen Wandel hinlegen kann, bleibt offen. Immerhin bewegen sich die Hersteller schon jetzt in einer Nische. Eine Neuausrichtung, die über die Vermarktung hinausgeht, scheint zudem schwieriger als bei Kamerafirmen. Wie hartnäckig Verfechter der Filmfotografie an dieser festhalten werden, wird sich in den kommenden Monaten zeigen.

Selbst wenn sie notwendig sind, könnten weitere Preiserhöhungen jedoch zum Verhängnis für Kodak werden – und bei Einbruch des kommerziellen Erfolgs sogar die Filmblase zum Platzen bringen. (Mickey Manakas, 11.12.2021)