Mitte Oktober wurde der umstrittene Künstler Christian Rosa, geboren 1978, von US-Behörden angeklagt. Seit seiner Verhaftung sitzt der Österreicher in Portugal in Untersuchungshaft.
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"Du rettest meinen arsch daß vergess ich dir nie", schrieb Christian Rosa 2009 an einen Käufer. Soeben hatte er von Los Angeles aus einen Verkauf via E-Mail besiegelt: "schicks mit fedex da ist alles versichert verzollt usw habe schon oft was geschickt". Tage später behob er den aus Österreich über Western Union überwiesenen Kaufpreis in mittlerer fünfstelliger Höhe.

Die Kunstwerke, zwei C-Prints von David LaChapelle, für die jener das Transgendermodel Amanda Lepore im Stil Andy Warhols als Liz Taylor inszenierte, sollte der Käufer jedoch nie bekommen. Der Vorfall landete deshalb später vor dem Bezirksgericht Döbling.
Die nun über die Ermittlungen des FBI und die Anklage der US-Behörden wegen mutmaßlich gefälschter Werke von Raymond Pettibon bekannt gewordenen mutmaßlichen Betrügereien Rosas waren wohl nicht die ersten. Solche soll es in der einen oder anderen Form schon früher und öfter gegeben haben als bisher bekannt.

"Bad Boy"-Gehabe

Parallel war der 1978 geborene Rosa mit Unterstützung geschäftstüchtiger Kuratoren und Galeristen zum Shootingstar der Wiener Szene inszeniert worden. Sein "Bad Boy"-Gehabe, das er – teils zum Leidwesen Betroffener – auf brutale Weise kultivierte, sicherte ihm eine Aufmerksamkeit fragwürdiger Natur. Money und Fame waren, was ihn antrieb. Koste es, was es wolle.

Prügeleien waren dabei das eine, strittige Dealereien das andere. DER STANDARD bekam zuletzt einige Hinweise, die theoretisch das Bild einer von Abzockereien geprägten Vorgeschichte zeichnen. Praktisch sind nicht alle aktenkundig, und es gilt für Christian Weinberger, so Rosas korrekter Name, bis auf weiteres die Unschuldsvermutung.

Nicht so im Fall von Bernhard Duerr (Name von der Redaktion geändert). Der Österreicher sammelte bevorzugt Werke junger heimischer Künstler, einst auch aus dem Umfeld der Klasse von Daniel Richter an der Akademie der bildenden Künste Wien. An solchen von Rosa, den er von Vernissagen kannte, war er nie interessiert. Dieser hatte ihn aber als potenziellen Käufer auf dem Radar.

"verkauf den scheiss"

Im Laufe des Jahres 2009 begann Rosa, ihm immer wieder Werke anderer Künstler anzubieten: von Franz West, Peter Doig, Daniel Richter. Die Quelle, aus der da geschöpft wurde, blieb im Dunkeln. Duerr hatte kein Interesse, erst bei LaChapelle griff er zu. Rosa, zu diesem Zeitpunkt in Los Angeles, hatte finanzielle Probleme. Das geht aus dem E-Mail-Verkehr, der dem STANDARD vorliegt, eindeutig hervor.

Unter dem Betreff "verkauf den scheiss" bot er C-Prints von LaChapelle in unterschiedlichen Formaten und für den Bruchteil der üblichen Galeriepreise an. Die Frage, ob er an diese Ware überhaupt legal gekommen war, stellte sich für Bernhard Duerr ursprünglich nicht. Als er zu einem späteren Zeitpunkt nachfragte, soll Rosa ausweichend reagiert haben. Dessen Wiener Freunde zerstreuten etwaige Bedenken des Sammlers nicht. Im Gegenteil.

Rückwirkend, ist Duerr überzeugt, hätten wohl alle in irgendeiner Form Bescheid gewusst. Mit Rosa mache man halt keine Geschäfte, quittierte manch einer schulterzuckend. Ob die LaChappelle-Prints "gestohlene Originale oder selbstproduzierte Fälschungen" waren, wie der Sammler vermutet, klärte sich nie. Irgendwann hat Rosa auf die Nachrichten des Geprellten nicht mehr reagiert. Die LaChapelle-Prints hatte er vermutlich längst anderen verkauft.

Bezirksgericht Döbling

Zur Kompensation seien ihm 2011 von einem Rosa-Vertrauten in Wien noch Drucke von Raymond Pettibon angeboten worden, sagt Duerr. An die Motive könne er sich nicht mehr erinnern. Er trat schließlich vom Kaufvertrag zurück und machte den bezahlten Betrag vor dem Bezirksgericht Döbling geltend.

Mit bedingtem Erfolg: Im Februar 2013 wurde Rosa zur Zahlung des Kaufpreises samt den seit Dezember 2009 anfallenden Zinsen verurteilt. Das Geld bekam Duerr bis heute nicht. Ein Exekutionsversuch an Rosas Meldeadresse verlief ergebnislos, denn dessen dort wohnhaften Großmutter argumentierte, ihm gehöre nichts in ihrem Haus. Für den gerichtlichen Zahlungsbefehl an Rosa sah sich die Familie nicht zuständig.

Warten auf Auslieferung

Bernhard Duerr war nicht der Einzige, der abgezockt wurde. Eine ähnliche Erfahrung machte ein Kunsthändler aus Los Angeles. Er hatte Rosa von 2012 bis etwa 2014 ein Atelier sowie sämtliche Materialien finanziert und obendrauf einen stattlichen Vorschuss gewährt. Rosa soll seinen Teil der Vereinbarung, konkret die Lieferung einer bestimmten Zahl von Kunstwerken, schuldig geblieben sein.

Auch hier dürfte es zu einem Rechtsstreit gekommen sein. Eine entsprechende Anfrage an den Kunsthändler blieb bis Redaktionsschluss ebenso unbeantwortet wie jene an Rosas Anwalt.

Indes reagierte die Staatsanwaltschaft in Lissabon und bestätigte dem STANDARD die Festnahme Rosas am 24. November in Coimbra. Seit seiner Vernehmung sitzt Christian Rosa nun in Untersuchungshaft. Die US-Behörden wurden informiert, deren formaler Auslieferungsantrag steht noch aus. (Olga Kronsteiner, 10.12.2021)