Die Firma Odebrecht sorgte in zahlreichen lateinamerikanischen Staaten für Skandale.

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Bestechung und Geldwäscherei: Das waren bis jetzt die Vorwürfe, die die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) drei Exmanagern der ehemaligen Meinl Bank im Zusammenhang mit dem Odebrecht-Skandal gemacht haben. Nun kam auf Basis der Ermittlungsergebnisse Veruntreuung dazu. Unbekannte Täter aus der Meinl Bank (hieß zuletzt Anglo Austrian Bank) sollen zwischen 1. Dezember 2017 und Ende 2018 Gelder, die die Meinl Bank Antigua bei der Wiener Meinl Bank liegen hatte, "abdisponiert" und sich oder anderen zugeeignet haben. Und zwar ohne Wissen des Abwicklers der Meinl Bank Antigua.

2015 war der Korruptionsskandal des brasilianischen Odebrecht-Konzerns aufgeflogen, in dem u.a. Staats- und Regierungschefs sowie Minister in zwölf Ländern Mittel- und Südamerikas und Afrika bestochen wurden. Die Gelder flossen über diverse Banken, die Meinl Bank und ihre Extochter Meinl Bank Antigua waren involviert.

"Drehscheibe" für Schmiergeld

Die WKStA nennt sie in Anlehnung der Strafanzeige der Finanzmarktaufsichtsbehörde FMA im Jahr 2017 (auf deren Basis sie Ermittlungen begann) eine "Drehscheibe" für die Schmiergeldzahlungen. Die drei Exmanager der Meinl Bank saßen einst im Aufsichtsrat (Board) der Antigua-Bank, die WKStA geht davon aus, dass sie bei den Malversationen mitgetan haben. Die Antigua-Bank wurde von der Wiener Mutter ab 2011 sukzessive verkauft – dass die drei Käufer in Wirklichkeit Strohmänner von Odebrecht waren, habe sie nicht gewusst, sollte Verkäuferin Meinl Bank der FMA später erklären.

Und wie soll die Veruntreuung gelaufen sein? Laut Berichten der Ermittler hatte die in Abwicklung befindliche Meinl Bank Antigua im Dezember 2017 noch rund 43 Millionen Dollar bei der Meinl Bank in Wien liegen. Trotz Anti-Geldwäsche-Kontensperre hätten Meinl-Banker damals am Abwickler der Antigua-Bank vorbei "zahlreiche Buchungen" durchgeführt. Konkret ist von "unbekannten Tätern aus dem Kreis der Vertretungsbefugten der vormaligen Meinl Bank AG" die Rede.

Jedenfalls hätten die Banker die Kontosperren selbst aufgehoben und dann wieder eingegeben. So seien "mehrere Millionen" Euro abgezogen worden. Die Meinl Bank bestritt diese Transaktionen mit der Antigua-Bank in ihren einstigen FMA-Verfahren gar nicht, sie habe damit aber bestehende Verpflichtungen eingelöst.

"So viel Geld wie möglich abgezogen"

In den Augen der WKStA sind diese Geschäfte aber "nicht nachvollziehbar". Ihr Resultat sei, dass das Geld für die Antigua-Bank verloren gewesen sei. Der Verdacht: Die "noch festzustellenden Täter" hätten nach Publikwerden des Odebrecht-Skandals und nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Meinl Bank Antigua "so viel Geld wie möglich" von deren Konten abgezogen und sich oder Dritten zugeeignet. Verschleiert hätten sie das mit den erwähnten, laut WKStA "fingierten" Transaktionen.

All das hält die WKStA in einer Anordnung fest, mit der sie erneut umfangreiche Kontoöffnungen verfügt und jede Menge an Auskünften verlangt. Das Bankgeheimnis wird für 2010 bis 2018 aufgehoben, die Mitarbeiter sollen noch einmal "ergänzend" befragt werden.

Mitarbeiter werden befragt

Ergänzend deswegen, weil in der Causa bereits eine Reihe von Zeugen einvernommen wurde — nun sollen die Mitarbeiter auch zum Veruntreuungsvorwurf aussagen, heißt es in der Anordnung. Zudem wollen die Ermittler jede Menge Unterlagen: von Konten, Mails, Verträgen und Sideletters über Aufsichtsratsbeschlüsse und Prüfunterlagen bis hin zu den Aufzeichnungen über die Transaktionen. Der Ermittlungsaufwand könnte enorm werden. Allein die Zahl der in der Anordnung genannten Mitarbeiter liegt bei 195.

Auf den Masseverwalter der jetzigen Anglo Austrian AAB AG – die Bank ging nach dem Lizenzentzug pleite – kommt angesichts dessen also viel Sucharbeit in den Akten zu. Laut WKStA-Anordnung hatte die Meinl Bank einst mit einer Transaktionsliste von Meinl-Bank-Konten des Antigua-Instituts eine Geldwäscheverdachtsmeldung erstattet. Und: Allein darauf seien 8000 Transaktionen mit Ein- und Ausgängen von jeweils mehr als 2,2 Milliarden Dollar enthalten gewesen.

Weinzierl wartet mit Fufessel in London

Einer der Beschuldigten ist Ex-Meinl-Bank-Chef Peter Weinzierl, dessen Auslieferung die USA beantragt haben. Er saß in London in Auslieferungshaft, die Entscheidung des britischen Gerichts muss er dort mit Fußfessel abwarten, die Verhandlung werde erst im kommenden Sommer stattfinden, wie der Exbanker im Oktober dem Magazin "Trend" gesagt hat. Er habe seinen Pass abgeben müssen und dürfe zwischen Mitternacht und sieben Uhr Früh seine Wohnung in London nicht verlassen, was über eine Fußfessel kontrolliert werde. Gemäß Weinzierl wurden vier Millionen Pfund an Kaution hinterlegt.

Die Vorwürfe bestreitet er, im "Trend" sagte dazu Folgendes: "Diese Odebrecht-Leute haben alle Millionen verdient und in Brasilien etwas ausgedealt, damit sie möglichst milde Strafen bekommen und noch immer Millionen behalten können. Und mir als zufällig Danebenstehendem wird nun mit de facto lebenslänglich gedroht!"

Auch seine zwei Ex-Managerkollegen weisen die Vorwürfe zurück, für sie alle gilt die Unschuldsvermutung. (Renate Graber, 11.12.2021)