Mit GGGG-Motto-Shirt im Parlament: FPÖ-Vizeklubchefin Dagmar Belakowitsch.

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Wien – Sie ist jetzt eine der lautesten Stimmen in der FPÖ, die gegen die ab Februar 2022 kommende Covid-Impfpflicht auf die Straße geht und dort die Anheizerin für die Demonstrierenden gibt, wenn Parteichef Herbert Kickl einmal ausfällt, weil er zum Beispiel gerade selbst Corona-positiv ist: die freiheitliche Nationalratsabgeordnete Dr. med. Dagmar Belakowitsch. Die dann schon mal bewusste Falschmeldungen via Mikrophon in die aufgeheizte Masse schreit, wie jene, wonach "nicht die bösen Geimpften" die Spitäler "zuhauf füllen", sondern "ganz ganz viele Geimpfte, die aufgrund eins Impfschadens behandelt werden müssen".

Das war aber schon einmal anders, ziemlich anders. Es gab nämlich eine Zeit, in der sich die studierte Medizinerin, die allerdings – bis auf zwei Monate in einer Lehrpraxis, die sie noch vor Ende der Probezeit aus "privaten Gründen" beendet habe, wie sie 2015 der "Kleinen Zeitung" sagte – nie als Ärztin tätig war (sie wurde im März 2013 per Bescheid von der Wiener Ärztekammer rückwirkend mit 2. Juni 2008 von der Ärzteliste gestrichen), nachdrücklich für eine Impfpflicht ausgesprochen hat. Eine Zeit, in der die FPÖ eine Impfpflicht gefordert hat. Wo die stellvertretende FPÖ-Klubchefin also heute "Nein zur Impfpflicht, Nein zur Diskriminierung Ungeimpfter" ruft, klang das vor 13 Jahren noch ganz anders.

Denn im Jahr 2008, konkret am 10. Dezember, verlangte die freiheitliche Gesundheitssprecherin Belakowitsch gemeinsam mit anderen Fraktionskollegen in einem Entschließungsantrag, dass der Nationalrat Folgendes beschließen wolle: "Die Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend wird aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass eine Impfaktion gegen Hepatitis A eingeleitet und die Hepatitis A-Impfung verpflichtend in das Kinderimpfprogramm aufgenommen wird." Der Antrag wurde abgelehnt.

Ungeimpfte müssen daheim bleiben

Die Forderung der blauen Antragstellerinnen war damals sehr dezidiert: "Kinder sollten Kindergärten nur noch dann aufsuchen können, wenn sie eine Hepatitis-A- und B-Impfung nachweisen können." Damals – und das gilt bis heute – wurde die Hepatitis-A-Impfung im österrreichischen Impfplan "vor Eintritt in Gemeinschaftseinrichtungen", also etwa Kindergarten oder Volksschule empfohlen. Anlass für die Impfinitiative der Blauen waren damals 15 Infektionsfälle in Salzburg, auf die sich die FPÖ bezog.

Es sollten also vor allem Kinder zur Impfung verpflichtet werden – und der Grund dafür war im Ausland zu suchen, konkret wurde er im "Osten" gefunden. Vorausgegangen war dem Impf-Entschließungsantrag nämlich folgende "Diagnose" per OTS (Originaltextservice) der Freiheitlichen Partei am 8. Jänner 2008. Darin hieß es anlässlich "der jüngsten Hepatitis-Fälle in Salzburg": "Durch die Grenzöffnungen in Richtung Osten und dem damit einhergehenden freien Personenverkehr sind wir in Zentral- und Mitteleuropa immer mehr Krankheiten ausgesetzt, die in unseren Breiten eigentlich schon weitgehend ausgemerzt waren."

Die wandernde Hepatitisgrenze

Und, so argumentierte die FPÖ-Gesundheitssprecherin weiter, "weil eben auch die Hepatitisgrenze augenscheinlich immer mehr gegen Westen rücke", solle die Impfung für Kinder und Jugendliche bis 15 kostenfrei angeboten werden. Belakowitsch: "Wir werden in Zukunft vermehrt damit rechnen müssen, in Österreich mit diesen Krankheitserregern in Kontakt zu treten. Deshalb fordern wir vorausschauend und rechtzeitig, die nötigen Gegenmaßnahmen in unserem Gesundheitssystem zu verankern."

Im Gesundheitsausschuss vom 22. April desselben Jahres wurde die Behandlung dieses blauen Antrags laut Parlamentskorrespondenz vertagt.

Im Mai 2009 beschäftigte das Thema Hepatitis A die FPÖ erneut. Am 9. Mai thematisierte Belakowitsch anlässlich des Welt-Hepatitis-Tags die Hepatitis-Impfung – konkret jedoch nur noch "für alle gefährdeten Berufsgruppen", und das kostenlos und als Angebot. Das sei angesichts stark steigender Zahlen notwendig. Die Begründung wurde geografisch nur etwas gen Süden ausgeweitet: "Dies sei umso besorgniserregender, da vor allem Zuwanderer aus dem Osten und aus Afrika häufig infiziert seien", wurde Belakowitsch vom FPÖ-Pressedienst zitiert.

Das Thema Hepatitis-Impfung zieht sich dann noch weiter durch die FPÖ-Geschichte. Im Juni 2011 hat sich die freiheitliche Fraktion für eine Erweiterung des Kinderimpfprogramms um Hepatitis A-, HPV-, Pneumokokken- und Meningokokken-Impfungen sowie kostenlose FSME-Impfungen für alle Kinder und Jugendlichen sowie kostenfreie Tuberkulose- und Tetanus-Impfungen für Polizistinnen und Polizisten eingesetzt.

Rufe nach Impfpflicht im Jahr 1999

Bereits 1999 hatte übrigens die FPÖ-Abgeordnete Brigitte Povysil, selbst Radiologin und Primarärztin aus Oberösterreich und bis 2019 im Nationalrat, mit Verweis auf die WHO den Kampf gegen Infektionskrankheiten auf die blaue Agenda gesetzt und Folgendes gefordert: "Verbesserung der Impfkonzepte und Wiedereinführung verpflichtender Impfungen, um Impfungsrate zu verbessern, vor allem bei Kindern und Senioren."

Eine der damaligen Begründungen lautete: "Die Durchimpfungsrate bei Infektionskrankheiten (z. B. TBC) und die damit verbundenen Impfkonzepte sowie Impfverpflichtungen sind nicht vorhanden. 1/3 der Weltbevölkerung ist Träger von TBC- Erregern. Effektive Gesundheitskontrollen und Vorsorgeuntersuchungen bei Zuwanderern aus Schengen-Staaten und Drittländern sind kaum bis gar nicht vorhanden."

Gratis-Impfung für Feuerwehrleute

Eine andere langjährige blaue Impfforderung wurde schließlich im Jahr 2017 realisiert. Am 29. Juni 2017 – damals regierten SPÖ und ÖVP bzw. Kanzler Christian Kern und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner – hat der Nationalrat mit breiter Mehrheit die (freiwillige) kostenlose Hepatitis-Impfung für Mitglieder von freiwilligen Feuerwehren mit besonderem Infektionsrisiko mittels Abänderungsantrag im parlamentarischen Schnellverfahren beschlossen.

Was das Thema Kinderimpfung gegen Hepatitis A anlangt, so steht im nationalen Impfplan vom Jänner 2021: "Die Impfung ist nicht im kostenfreien Impfprogramm enthalten. Wegen eines potentiell erhöhten Risikos der Einschleppung von Hepatitis A aus Urlaubsländern mit höherer Hepatitis A Inzidenz sollen Kinder vor Eintritt in Gemeinschaftseinrichtungen ab dem vollendeten 1. Lebensjahr (bis zum vollendeten 10. Lebensjahr bzw. Volksschulaustritt) gegen Hepatitis A geschützt sein. Die Kinderimpfung bewirkt zusätzlich zu dem Jahrzehnt anhaltenden Individualschutz des Kindes auch die Ausschaltung der wichtigsten Infektionsquelle für Erwachsene." Diesen wiederum wird die Impfung empfohlen, vor allem bestimmten Berufsgruppen mit erhöhtem Risiko, genannt werden beispielsweise Sozialberufe (etwa in Kindergärten und Schulen), Beschäftigte in der Flüchtlingsbetreuung, in Lebensmittelbetrieben oder in der Gastronomie, aber auch Kanalisations- und Klärwerkpersonal. (red, 11.12.2021)