Monster, magische Wesen und altertümliche Prophezeiungen: Mit "The Witcher" will Netflix einen neuen Hit in Sachen Fantasy schaffen. Dafür soll der Konzern mehr als 70 Millionen Dollar für die erste Staffel in die Hand genommen haben, die kürzlich erschienene zweite Staffel soll sogar noch teurer gewesen sein.

Mit gleich sieben Büchern des polnischen Autors Andrzej Sapkowski und drei Videospielen steht dem Streaminganbieter dafür ein großes Repertoire an Material zur Verfügung. Der STANDARD hat mit dem Hauptdarsteller Henry Cavill über die Serie und seine Rolle des schroffen Hexers Geralt gesprochen. Ein Hinweis: Das Gespräch wurde vor dem Start der zweiten Staffel geführt.

Die zweite Staffel der Serie ist seit kurzem auf Netflix verfügbar.
Foto: Netflix

STANDARD: "Der Hexer" geht weiter. Was war für Sie die größte Herausforderung bei den Dreharbeiten der zweiten Staffel?

Cavill: Für mich war sehr wichtig, dass die Figur, in die ich mich in den Büchern verliebt habe, in der Serie bestehen kann. Geralt hat viele Facetten: Er ist nicht nur mürrisch, griesgrämig und temperamentvoll. Er ist auch ein Intellektueller. Er ist weise. Er ist über 70 Jahre alt. Er hat eine philosophische Ader. Und er hat eine tiefe Verbindung zu anderen Charakteren. Ich setze mich dafür ein, dass dieser Charakter in der Serie fortbesteht, aber es muss auch mit der Erzählweise von Lauren (Schmidt Hissrich, Produzentin der Serie, Anm.) übereinstimmen. Das Schwierigste war, die Balance zwischen den Aspekten, die ich aus den Büchern liebe, und Laurens Vision zu finden.

STANDARD: Gab es bestimmte Stellen, in denen Sie Geralt bewusst anders dargestellt haben als im Ausgangsmaterial?

Cavill: Mein Fokus ist immer, Geralt aus den Büchern darzustellen – darum bemühte ich mich.

STANDARD: Sie sagten, es habe Verschiedenheiten gegeben, wenn es darum ging, eine Balance zu finden. Wo sehen Sie diese?

Cavill: Es ist schwierig, da über Details zu sprechen, weil es Aspekte gab, die sich nicht durchgesetzt haben, andere schon. Lauren hat in ihrer Vision hart daran gearbeitet, dass Frauen bei "The Witcher" eine zentrale Rolle spielen. Man geht also von der Buchserie, in der Geralt im Mittelpunkt steht, dazu über, die Hauptrolle auf drei Charaktere zu verteilen. Oder sogar mehr, mit den Nebenrollen. Da kann man begrenzter in die Tiefen, die Nuancen und die Komplexität dieser Charaktere vordringen.

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STANDARD: Wie ist es, einen Charakter zu spielen, bei dem es, vor allem im Vergleich zu anderen Rollen, so viel Ausgangsmaterial gibt?

Cavill: Für mich ist es ein Privileg und Vergnügen, die Figur des Geralt zu spielen. Ich bin so etwas wie der aktuelle Hüter der Figur. Und in ein paar Jahren wird es vielleicht jemanden geben, der ihn ebenfalls spielen wird, und der wird dann der Hüter sein. Es ist nicht etwas, das mir gehört – ich muss dem Charakter gerecht werden.

STANDARD: In welchen Aspekten transportiert die Serie die Geschichte dem Publikum besser als die anderen Medien?

Cavill: Ich kann nicht für das Publikum sprechen, es kommt auf die Zusehenden an. Das ist das Schöne an den unterschiedlichen Mediengattungen: Jeder wird etwas anderes für sich finden. Wer keine Computerspiele spielt, wird etwa "Witcher 3" nicht als die befreiende und eskapistische Erfahrung empfinden, die es ist. Jemand, der das tut, wird die detaillierte Welt schätzen. Es ist eine ganz persönliche Erfahrung, und man sollte die Unterschiede genießen. Die Serie ist potenziell zugänglicher, gerade im Hinblick auf Tonalität kann sie etwas moderner sein: Sapkowskis Bücher sind in den 1990ern verfasst worden.

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STANDARD: Was waren Ihre Lieblingsszenen in der neuen Staffel?

Cavill: Ich mochte die Szenen mit dem Charakter Vesemir. Kim (Bodnia, Anm.) und ich haben hart daran gearbeitet, diesen Figuren eine Emotionalität zu verleihen – echte Gefühlsintensität und Tiefgang. Kim ist ein wunderbarer Schauspieler, der eine großartige Verbindung zur Natur hat. Das hat er in diese Charaktere eingebracht.

STANDARD: In der neuen Staffel werden Aspekte behandelt, die erst im letzten Buch von sieben enthalten sind. Warum wurde die Erzählung so beschleunigt?

Cavill: Das ist alles Teil von Laurens Vision und eine gute Frage für sie – ich weiß es nicht. (Muzayen Al-Youssef, 29.12.2021)