Wien – Das Auftauchen der neuen Virusvariante Omikron verändert den Umgang mit Corona – obwohl der mutierte Erreger in Österreich bis Montagmittag erst in 28 Fällen nachgewiesen worden ist. Omikron gilt als besonders ansteckend, in der britischen Hauptstadt London sind zwei Wochen nach dem Ersterkennen einer Omikron-Infektion bereits 40 Prozent aller Corona-Positivfälle auf diese Variante zurückzuführen.
Um ein rasches Umsichgreifen von Omikron in Österreich zu verzögern, wurden die Regeln fürs Contact-Tracing und für die Quarantäne in Verdachtsfällen verschärft. Was genau ist jetzt vorgeschrieben, was bedeutet das im Alltag sowie für die nahen Feier- und Urlaubstage?
Frage: Wie lauten die neuen Regeln im Umgang mit Omikron-Fällen oder mit einem Omikron-Verdacht?
Antwort: Im Vergleich zum Verhalten bei der in Österreich derzeit vorherrschenden Delta-Variante sind sie um einiges strenger. In Delta-Fällen werden auch nach engen Kontakten, etwa in einem Haushalt oder in der Schule, besonders ansteckungsgefährdete Kontaktpersonen der Kategorie 1 (K1) und weniger gefährdete Kontaktpersonen der Kategorie zwei (K2) unterschieden. Ist Omikron im Spiel, so entfällt das. Es gibt dann nur noch K1-Personen. Das ist der Dienstag vor einer Woche aktualisierten Empfehlung des Gesundheitsministeriums zur "Behördlichen Vorgangsweise bei Sars-CoV-2-Kontaktpersonen" zu entnehmen.
Frage: Was bedeutet das für betroffene Menschen konkret?
Antwort: Sie werden von der zuständigen Gesundheitsbehörde nicht wie sonst für zehn, sondern für 14 Tage in Heimquarantäne geschickt. Das heißt, dass sie ihre Wohnung zwei Wochen lang nicht verlassen dürfen, dass ihnen Händehygiene und Hust-Nies-Schnäuz-Etikette aufgetragen wird und dass sie bis zum zehnten Tag nach dem Letztkontakt mit der (möglichen) Infektionsquelle zweimal täglich Fieber messen sollen. Auch in der Wohnung sollen sie FFP2-Masken tragen, sobald sie ihren "privaten Wohnbereich", also etwa das Kinder-, Schlaf- oder WG-Zimmer, verlassen.
Die Quarantäne kann nicht verkürzt werden, auch ein Heraustesten, wie es im Fall der Delta-Variante nach fünf Tagen möglich ist, geht nicht. Für den Ersten sowie für den 13. Tag werden vom Gesundheitsamt PCR-Tests angeordnet.
Frage: Warum braucht es diese strengen Regeln?
Antwort: Omikron gilt laut Weltgesundheitsorganisation WHO als besorgniserregende Virusvariante (Variant of Concern, auch VOC), die darüber hinaus Immune-Escape-Mutationen aufweist. Das heißt, dass die existierenden Impfungen nur mehr zum Teil vor einer Ansteckung mit ihr schützen – die Drittimpfung etwa laut den aktuellsten Studien, die laufend durch neue Erkenntnisse ergänzt werden, zu 70 bis 75 Prozent. Auch eine durchgemachte Infektion mit einer der bisherigen Virusvarianten verleiht keinen umfassenden Schutz mehr. Daher sind auch geimpfte und genesene Menschen nicht von der 14-tägigen Omikron-Quarantäne ausgenommen.
Im Gesundheitsministerium weist ein Sprecher darauf hin, dass die Quarantänebestimmungen schon beim Auftauchen der Delta-Variante ähnlich verschärft wurden. Auch damals sei es um eine Verzögerung des Umsichgreifens gegangen. Als sich Delta dann gegen die früheren Varianten durchgesetzt hatte, habe man die Quarantäneregeln wieder abgemildert.
Frage: Wie fällt ein solcher Omikron-Verdacht bei den PCR-Tests, wie sie derzeit durchgeführt werden, überhaupt auf?
Antwort: Man könne positiv beschiedene PCR-Test-Proben auf bestimmte Mutationsmarker hin prüfen, erläutert ein Sprecher des Wiener Gesundheitsstadtrats Peter Hacker (SPÖ). So erhärte oder zerstreue sich der Omikron-Verdacht. In Wien werde das derzeit in allen Positivfällen getan. Eine Sequenzierung hingegen dauere fünf bis zehn Tage.
Frage: Gelten die strengeren Regeln wirklich in ganz Österreich? Öffentlich kommuniziert wurden sie bis dato nur in Wien im Schulbereich.
Antwort: Die neue Empfehlung für die Kontaktpersonennachverfolgung ist zwar keine Weisung und kein Erlass des Ministeriums, wird aber per mittelbare Bundesverwaltung in allen Bundesländern umgesetzt. Wien hatte mit den entsprechend verschärften Regeln für Schulen und Kindergärten vergangenen Freitag lediglich den Anfang gemacht.
Frage: Manche Eltern, die ihre Kinder im eben zu Ende gegangenen Lockdown in die Schule oder in den Kindergarten geschickt haben, überlegen sich angesichts der Perspektive einer Quarantäne über die Feiertage nun, den Nachwuchs bis Ferienbeginn daheim zu behalten. Ist das sinnvoll?
Antwort: Das Risiko einer Omikron-Quarantäne sei in diesen Tagen noch recht gering, jenes einer Delta-Quarantäne weitaus größer, sagt dazu der Hacker-Sprecher unter Hinweis auf die bis dato niedrigen Variantenfallzahlen. In Wien wurden bis Montag 32 Omikron-Verdachtsfälle registriert, allesamt in einem Reisezusammenhang mit Südafrika.
Die Möglichkeit, Kinder daheim zu behalten, gibt es jedoch, denn die Präsenzpflicht in den Schulen wurde bis Ferienstart aufgehoben. (Irene Brickner, 14.12.2021)