Eines gleich vorweg: Hier schreibt eine, die "Sex and the City" damals links liegengelassen hat. Zu starke Upper-East-Side-Vibes! Doch es kam, wie es kommen musste. Vor dem Modestil von Carrie, Miranda, Charlotte und Samantha war in den Jahren danach kein Entkommen. Instagram-Accounts wie "Every Outfit on Sex and the City" filetierten die Auftritte der Protagonistinnen bis zur allerletzten Rüsche.

So unerschrocken wie über Sex wurde jetzt auch über Luxusmarken gefachsimpelt. Das Credo eingefleischter Fans: "Für den Preis einer Fendi-Baguette ließe sich ein Jahr von französischem Weißbrot leben, aber wer will das schon!" Wer sich heute eine Folge "Shopping Queen" ansieht, wird nie mehr die Langzeitfolgen von Carrie Bradshaws Lifestyle infrage stellen: Das Ankleidezimmer gehört heute für viele zu den Grundbedürfnissen des Wohnens.

Dass nun ausgerechnet jene Serie, die heute in vielerlei Hinsicht wie aus der Zeit gefallen wirkt, mit Wokeness-Anspruch in eine neue Runde geht? Nun ja. Alles richtig zu machen kann eben auch nach hinten losgehen. Das lässt sich nicht zuletzt an den Kostümen ablesen. Molly Rogers und Danny Santiago haben das Erbe von Kostümdesignerin Patricia Field angetreten (sie stattete lieber die zeitgleich abgedrehte Netflix-Serie "Emily in Paris" aus).

Cynthia Nixon im karierten Kleid der amerikanischen Marke L'Agence, Kristin Davis im Hängerkleid von Emilia Wickstead (die Tasche ist von Fendi) und Sarah Jessica Parker im Hemdkleid von Carolina Herrera, den Gürtel (von Streets Ahead USA) kennen Fans bereits aus "Sex and the City".
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Sie sind modisch ganz auf Linie geblieben. Wie ihre Vorgängerin setzten Rogers und Santiago auf einen Mix aus Designerware und Vintage, aus viel Teurem und wenig Günstigem. Doch weder das Wiedersehen mit Carries Nietengürtel noch der Blumenbrosche oder den Manolo-Hochzeits-Heels kann die Sache retten. Selbst Frauentypen wie die "queere, nonbinäre, mexikanisch-irische Diva" Che Diaz (zum Beispiel in schwarzen Boots von Rick Owens) und Uniprofessorin Dr. Nya Wallace (in Regenbogen-Sneakern von Stella McCartney) ändern daran nichts. Das meistdiskutierteste Outfit bisher: Ein Kleid wurde als Modell des Fast-Fashion-Retailers Forever 21 identifiziert. Es folgte ein Aufschrei: Wie kann eine Carrie Bradshaw Fast Fashion tragen? Die Meldung entpuppte sich als Fehlalarm.

Jacke Dries Van Noten, Leinenoverall Claude Montana Vintage, Schuhe Saint Laurent und darauf ein Federhütchen: Für Carrie Bradshaws ersten Auftritt in "Just Like That" wurde besonders aufs Gas gedrückt.
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Man muss es leider so sagen: Alle Versuche, dem Zeitgeist gerecht zu werden, wirken so bemüht wie die Dialoge. Da helfen auch nicht die neuen, frischen Designernamen, mit denen man die Looks hat updaten wollen, wie Danny Santiago gegenüber dem Branchenblatt "WWD" erklärte.

Und sicher nicht die Vans, in denen Charlottes Tochter Rose durch die Upper-East-Side-Wohnung skatet. Ihr Aufbegehren gegen das Oscar-de-la-Renta-Kleid, das Mama Charlotte für den Piano-Auftritt von Lily gekauft hat, besteht darin, ein Vintage-Shirt und ein Beanie dazu anzuziehen. Na huch!

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Bei der Premiere von "Just Like That" in New York: Sara Ramirez gibt in der Serie die "queere, nonbinäre, mexikanisch-irische Diva", Sarah Jessica Parker bleibt auch beim PR-Termin im maßgeschneiderten Tüllkleid von Oscar de la Renta ihrem Stil treu.
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Trends setzen wird dieser bemühte Neuaufguss eher nicht. Wahrscheinlich sind es letztlich die silbergrauen Haare von Miranda und die Strähnen von Carrie, die im Gedächtnis bleiben werden. Denn die scheinen noch immer nicht selbstverständlich zu sein: Paparazzi-Fotos von Sarah Jessica Parker, die sie heuer mit grauen Strähnen zeigen, waren böse kommentiert worden. Die Auftritte in "Just Like That" sollten auch den Letzten klarmachen, dass über graue Haare nun wirklich nicht mehr debattiert werden sollte – und zwar geschlechterübergreifend. (Anne Feldkamp, 16.12.2021)