Die Gratistageszeitung "Heute" wurde vom Presserat für die Vorverurteilung des Mordes verdächtigter Personen gerügt.

Foto: Matthias Cremer

Wien – Der Presserat hat die Gratistageszeitung "Heute" wie auch deren Onlinenachrichtenseite heute.at für die Vorverurteilung des Mordes verdächtigter Personen gerügt. Das Medienhaus wählte für Verdächtige die Bezeichnungen "Killer" und "Täter", obwohl Ermittlungen noch im Laufen waren. Laut einer Aussendung des Selbstkontrollorgans lag somit ein Verstoß gegen Punkt 5 (Persönlichkeitsschutz) des Ehrenkodex für die österreichische Presse vor.

Der erste gerügte Beitrag "Wien-Killer musste mit Schicksalsschlag fertig werden" erschien am 12. Mai auf heute.at. Darin wird über den Fund einer Frauenleiche berichtet. Die Polizei habe den Ehemann der Toten als dringend Tatverdächtigen festgenommen. Unklar sei noch, was sich in der Wohnung in Wien-Simmering zugetragen hat, steht geschrieben. Zweiten Anlass zur Rüge gab die Schlagzeile "Mädchenmord geklärt: Ein Täter ist erst 16" auf der "Heute"-Titelseite vom 29. Juni. Im dazugehörigen Artikel heißt es, dass ein Mädchenmord in Wien-Donaustadt geklärt zu sein scheint. Die Polizei habe zwei Verdächtige festgenommen, die Hintergründe seien aber noch rätselhaft. Am Ende wird auf die Unschuldsvermutung hingewiesen.

Kritik von Lesern

Mehrere Leserinnen und Leser kritisierten gegenüber dem Presserat die Beiträge als Vorverurteilung der Tatverdächtigen. Der Chefredakteur von "Heute", Christian Nusser, hielt im in der Folge eingeleiteten Verfahren fest, dass eine Schlagzeile immer Verkürzung und Zuspitzung erforderlich mache. Im Gesamtbild sei das Geschehen jedoch vollkommen korrekt wiedergegeben und auch der Persönlichkeitsschutz gewahrt worden.

Das sah der Senat 2 des Presserats anders. Die Bezeichnungen "Killer" und "Täter" vermittelten den Eindruck, dass die Schuld der Tatverdächtigen bereits erwiesen sei, obwohl es noch zu keinem Strafverfahren gekommen sei, so das Selbstkontrollorgan. Bei der Schlagzeile auf der Titelseite spiele zudem eine Rolle, dass diesen ein eigenständiger Aufmerksamkeitswert zukomme.

Der Presserat fordert "Heute" und heute.at auf, freiwillig über den Ethikverstoß zu berichten. Die Medieninhaberinnen erkennen die Schiedsgerichtsbarkeit des Presserats an. (APA, 14.12.2021)