Swetlana Tichanowskaja im vergangenen Juni bei einer Rede im Parlament der Tschechischen Republik in Prag.

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Gomel – Der Ehemann der belarussischen Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja, Sergej Tichanowski, ist in seiner Heimat zu 18 Jahren Haft verurteilt worden. Der 43-jährige Blogger müsse wegen "Vorbereitung und Organisation von Massenaufständen" unter besonders harten Haftbedingungen ins Straflager, meldete die staatliche belarussische Nachrichtenagentur Belta am Dienstag unter Berufung auf das Gericht der Stadt Gomel.

Tichanowskaja hatte das Urteil gegen ihren Mann, das im Gefängnis unter Ausschluss der Öffentlichkeit verlesen wurde, bereits zuvor als "rechtswidrig" bezeichnet. In einem über Telegram verbreiteten Video versicherte sie, dass sie auf ihren Mann warten werde. Das Urteil sei "nichts, womit man sich abfinden kann".

Verfahren hinter verschlossenen Türen

Das nunmehrige Urteil liegt um drei Jahre über der im Vorfeld kolportierten Strafdrohung von 15 Jahren. Das Verfahren gegen den 43-Jährigen und fünf weitere Aktivisten fand seit Juni hinter verschlossenen Türen in einer Haftanstalt im Südosten des Landes statt. Seine fünf Mitangeklagten wurden zu Gefängnisstrafen zwischen 14 und 16 Jahren verurteilt.

Tichanowski wollte bei der Präsidentschaftswahl im August 2020 gegen Amtsinhaber Alexander Lukaschenko antreten. Kurz nach Bekanntgabe seiner Kandidatur wurde er jedoch festgenommen, seine Frau Swetlana trat daraufhin an seine Stelle. Trotz massiver Betrugsvorwürfe wurde Lukaschenko nach der Wahl zum Sieger erklärt. Dies löste beispiellose Massenproteste aus. Sie wurden blutig niedergeschlagen, Tausende Regierungskritiker wurden festgenommen oder ins Exil gezwungen, darunter auch Tichanowskaja.

Weitere Oppositionelle inhaftiert

Ungeachtet internationaler Proteste wurden in Belarus in den vergangenen Monaten bereits mehrere prominente Oppositionelle verurteilt. So erhielt etwa Maria Kolesnikowa, die lange als Kulturmanagerin im süddeutschen Stuttgart arbeitete, elf Jahre Lagerhaft. Der Oppositionspolitiker Viktor Babariko wurde zu 14 Jahren verurteilt.

Tichanowski, Babariko und Waleri Zepkalo galten vor den Präsidentenwahlen im Vorjahr als aussichtsreichste Bewerber der Opposition gegen Machthaber Alexander Lukaschenko. Kolesnikowa war im Wahlkampf zunächst für Babariko tätig, Veronika Zepkalo für einen Mann Waleri. Nachdem beiden jedoch die Teilnahme an den Präsidentschaftswahlen versagt wurde, stellten sich Kolesnikowa und Zepkalo hinter Tichanowskis Ehefrau Swetlana. Mit einem fulminanten Wahlkampf als Trio sorgten sie auch international für Furore.

Wahlbetrug zulasten von Tichanowskaja

Beobachter gingen davon aus, dass Tichanowskaja bei der Wahl am 9. August 2020 deutlich mehr als die offiziellen zehn Prozent der Stimmen erhalten und bei einer korrekten Auszählung eine hypothetische Stichwahl gegen Lukaschenko gewonnen hätte. Dessen "Sieg" wurde international nicht anerkannt. Während Lukaschenko international gemieden wird, geht die ins litauische Exil geflüchtete Tichanowskaja in europäischen Regierungskanzleien ein und aus. So nahm sie Ende November in Wien an einer von der österreichischen Regierung ausgerichteten Belarus-Konferenz teil.

Die neue deutsche Außenministerin Annalena Baerbock kritisierte die Verurteilung Tichanowskis aufs Schärfste. Sie habe die "skandalösen Urteile" gegen Sergej Tichanowski und andere zur Kenntnis genommen, sagte die Grünen-Politikern am Dienstag auf einer Pressekonferenz im Rahmen einer Konferenz zur nuklearen Abrüstung in Stockholm. "Ich möchte unsere Forderung nach der sofortigen und bedingungslosen Freilassung aller politischen Gefangenen wiederholen", sagte Baerbock. Deutschlands Unterstützung für die belarussische Bevölkerung sei unerschütterlich. Schwedens Außenministerin Ann Linde bezeichnete die Verurteilungen an Baerbocks Seite als absolut inakzeptabel. (APA, 14.12.2021)