Erstmals denkt eine Mehrheit der Befragten, dass das politische System in Österreich "weniger" oder "gar nicht" gut funktioniert. Das liegt zuallererst an der Pandemie. Es ist klar, dass nicht alle "mitgenommen" werden können, wenn es um Corona-Maßnahmen geht. Die vom Institut Sora erfassten Werte sind jedoch erschreckend. So denken nur 51 Prozent des ökonomisch oberen Drittels und nur 38 Prozent des Mittelstands, dass bei Pandemiemaßnahmen ihre Lebensumstände berücksichtigt wurden. Vom untersten Drittel ganz zu schweigen: Da fühlen sich 84 Prozent "als Menschen zweiter Klasse behandelt".

Der Sitzungssaal des Nationalrats im Parlamentsausweichquartier in der Wiener Hofburg.
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Die Pandemie hat Ungerechtigkeiten wie eine Lupe vergrößert und sichtbar gemacht. Das reicht von Ungleichheiten im Bildungssystem, der Vereinbarkeit von Familie und Beruf bis hin zu finanziellen Unsicherheiten. Die gute Nachricht ist, dass die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung an sich nicht antidemokratisch ist oder sich gegen Corona-Maßnahmen stellt.

Aber viele erleben nun erstmals, wie sich einschneidende staatliche Maßnahmen anfühlen. Und wenn es so persönlich wird, dass man das Haus nicht mehr verlassen darf, dann sinkt das Verständnis für parteipolitische Ränkespiele oder Hickhack zwischen Bund und Ländern. Die Konfrontation war ein wichtiges Instrument der türkisen ÖVP. Sie ist in Bund und vielen Ländern in Regierungsverantwortung. An ihr liegt es nun, diese verheerenden Werte zu reparieren. (Fabian Schmid, 14.12.2021)