In der zweiten Jahreshälfte 2020 wurden über 150.000 Belästigungsfälle und mehr als 110.000 Beiträge wegen Falschinformation auf der Plattform entfernt.

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17 Millionen Mitglieder zählte das berufliche Netzwerk Linkedin mit Stand Oktober im deutschsprachigen Raum. Innerhalb von sechs Monaten seien zuletzt eine Million neue Accounts hinzugekommen, gibt das Unternehmen an. Doch nicht nur die Anzahl der User ist stark gestiegen, sondern auch die Interaktion zwischen ihnen.

Vor allem Themen rund um Job und Arbeitswelt werden in dem Karrierenetzwerk geteilt und diskutiert – von den neusten Corona-Maßnahmen am Arbeitsplatz über Jobwechsel bis zu Tipps für produktives Arbeiten im Homeoffice. Doch auch Anmachsprüche, Beleidigungen und Falschinformationen gehören – wie auf anderen Social-Media-Plattformen – mittlerweile zum Alltag.

Keine Datingplattform

Ihre Erfahrungen mit Sexismus auf Linkedin teilte zuletzt Sarah Stein, stellvertretende Leiterin des Bereichs Audience Development beim Südwestrundfunk. Sie veröffentlichte eine sexistische Nachricht, die sie erhalten hatte, und stellte klar: "Es kotzt uns Frauen an." Innerhalb weniger Tage reagierten über 3.000 User, fast 500 kommentierten den Beitrag. Vor allem Berufseinsteigerinnen hätten sich bei ihr gemeldet, denn viele von ihnen wüssten nicht, wie sie mit solchen Nachrichten umgehen sollen, sagte Stein dem "Handelsblatt".

In eine ähnliche Richtung geht der Hashtag #ThisIsNotADatingPlatform, mit dem die Recruiterin Celine Melo Cristino in dem Karrierenetzwerk vor kurzem eine Debatte anstieß. Immer wieder erhielt die 27-Jährige in den vergangenen Monaten Nachrichten, in denen ihr Aussehen kommentiert wurde. Aber auch explizitere Inhalte bis hin zu Nacktbildern habe sie erhalten.

Um eine Grenze zu ziehen, setzte sie den Hashtag in ihre Profilbeschreibung. Andere Nutzerinnen solidarisierten sich und verwenden ihn seitdem ebenfalls, um auf sexuelle Belästigung aufmerksam zu machen. "Ich möchte keine Anmachsprüche erhalten", sagt Cristino. Und bisher scheint ihr Plan aufzugehen: Die Anzüglichkeiten seien seither weniger geworden, berichtet die Personalerin im Gespräch mit dem Magazin "t3n".

Deutlicher Anstieg

Dass es sich bei diesen Vorfällen um keine Seltenheit handelt, zeigt auch der firmeneigene Transparenzbericht. Demnach wurden in der ersten Jahreshälfte 2020 weltweit rund 17.000 Beiträge wegen Belästigung und 2.588 Beiträge wegen herabwürdigender Inhalte entfernt. Im zweiten Halbjahr waren es dann mehr als neunmal so viele Belästigungsfälle und Beleidigungen (157.108) und fünfmal so viele Hatespeech-Postings (13.815). Der Anstieg hängt allerdings auch damit zusammen, dass Linkedin die Kategorie "Belästigung" erweitert hat und nun auch beleidigende Inhalte in diesen Bereich fallen.

Auffällig ist, dass die Zahl der Falschinformationen in die Höhe geschossen ist: von knapp 23.000 Beiträgen in den ersten sechs Monaten 2020 auf über 110.000 in der zweiten Jahreshälfte. Im Jahr 2019 bildeten Fake-News-Postings noch keine eigene Kategorie in dem Report, sondern wurden als Spam klassifiziert. Seit Pandemiebeginn werde aber auch auf der Karriereplattform politischer diskutiert. Die Zahlen für das aktuelle Jahr veröffentlicht Linkedin im Jänner. (dang, 21.12.2021)