"Die Rennleitung hat im Sinne des Sports entschieden", sagt Berger.

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Mit einem Einspruch gegen den Ausgang des finalen Rennens und also der WM insgesamt würde Mercedes der Formel 1 keinen guten Dienst erweisen. Das ist der Tenor der Kundigen nach dem packenden GP von Abu Dhabi, in dem sich der Niederländer Max Verstappen am Sonntag in der letzten Runde seinen ersten Titel gesichert hatte. Lewis Hamilton schaute durch die Finger, der Brite muss auf seinen achten Titel weiterwarten – wenn, ja wenn Mercedes nicht Einspruch erhebt und wenn, ja wenn diesem möglichen Einspruch nicht auch stattgegeben wird.

Ex-F1-Pilot Gerhard Berger sagt dem STANDARD, er habe zwar Verständnis für die Empörung bei Mercedes. "Aber mich würde es wundern, wenn Mercedes auf dieser Linie bleibt. Ich glaube, dass die Erfolgsaussichten relativ gering sind. Selbst wenn dieses Rennergebnis annulliert werden würde, würde das am Endergebnis nichts ändern." Aus Bergers Sicht hat nicht nur Red Bull, sondern auch Mercedes heuer "einen ausgezeichneten Job gemacht. Es war eine unglaubliche Saison, letztendlich hat das Glück die WM entschieden – und das war dieses Mal eben nicht auf der Seite von Mercedes."

Ins gleiche Horn stieß übrigens Ex-F1-Boss Bernie Ecclestone, der "ein Superrennen mit dem richtigen Ergebnis gesehen hatte". Für die Formel 1 sei es "gut, nach der Dominanz von Mercedes und Hamilton einen neuen, jungen Champion zu haben", sagte Ecclestone der Bild.

Lob für die Rennleitung

Was Rennleiter Michael Masi betrifft, so gehen die Meinungen freilich auseinander. Ecclestone sah Masi "in vielen Fällen mit seinem Job die ganze Saison überfordert", er hätte ihn vielleicht gar nicht haben sollen. Just beim Finale in Abu Dhabi allerdings habe Masi "die richtige Entscheidung getroffen, Lewis und Max in der letzten Runde noch einmal gegeneinander fahren zu lassen". Laut Berger hat die Rennleitung "nicht nur in Abu Dhabi einen guten Job gemacht, sondern über die gesamte Saison hinweg meistens gute Lösungen gefunden und im Sinne des Sports und der Fans entschieden". Zum dramatischen Finale sagt Berger: "Unter diesen Umständen wollte man den Fans noch eine Runde Wettkampf ermöglichen. Der Nachteil von Verstappen war ganz klar der Platz an zweiter Stelle, der Nachteil von Hamilton waren seine Reifen. Das war aber die Strategie, die die Teams jeweils gewählt haben und die letztendlich auch entscheidend für den Rennausgang war."

An Masis letzter Entscheidung allerdings macht Mercedes seine Kritik fest, genau darum würde sich der mögliche Einspruch drehen. Der Rennleiter hatte das Rennen nach einer Safety-Car-Phase eine Runde vor Schluss wieder freigegeben, obwohl im Reglement steht, dass das Safety-Car erst nach einer weiteren Runde an die Box zurückkehren soll. Im selben Reglement ist allerdings auch festgehalten, Masi habe so gut wie immer "das letzte Wort". Und die Kundigen meinen, dass dieser Passus auch den Safety-Car-Passus aussticht.

Was unfair gewesen wäre

Berger (62), der als Chef der Rennserie DTM über Safety-Car-Diskussionen ein Lied singen kann, ist glücklich darüber, dass beim Finale nicht das Safety-Car als erstes Auto über die Ziellinie fuhr. "Für die Fans ist es absolut wünschenswert, dass im Rennen über die Ziellinie gefahren wird und nicht mit dem Safety-Car – außer es ist ein Sicherheitsfaktor." Da pflichtet er auch Ecclestone (91) bei, der gemeint hatte: "Es wäre unfair gewesen, eine solche Saison und ein solches Finish mit dem Safety-Car zu beenden."

Apropos Safety-Car. In da und dort laut werdende Rufe nach einer diesbezüglichen Regeländerung will Berger auf keinen Fall einstimmen. Dem STANDARD sagt er, dass die Sicherheit stets an erster Stelle zu stehen habe, auch wenn man dafür manches in Kauf nehmen müssen. "Die Alternative ist eine rote Flagge und der Rennabbruch, das würde den sportlichen Wettbewerb auch beeinflussen. Außerdem bedeutet ein Safety-Car mal Glück und mal Pech – und das gleicht sich in der Regel auch immer aus."

Am Donnerstag sollte Verstappen bei der Gala des Automobilweltverbands Fia in Paris als Weltmeister geehrt werden. Allerdings könnte sich die Party verschieben, da ebenfalls erst am Donnerstag die Einspruchsfrist endet. (Fritz Neumann, 14.12.2021)